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HKP-8-2014 > Spezifische Augenerkrankungen des Pferdes

Spezifische Augenerkrankungen des Pferdes

Das geht ins Auge

Im ersten Teil des Artikels (erschienen in der hundkatzepferd Vet 07.14) hat die Autorin über die periodische Augenentzündung (ERU) und ­Keratomykose berichtet. Teil II handelt von ­Herpeskeratitis sowie Plattenepithelkarzinom.

Rückblick

Die Keratomykose und die periodische ­Augenent- zündung (ERU) gehören zu den gefährlichsten Augenerkrankungen des Pferdes, da diese durch rasche Progression (Keratomykose) bzw. durch rezidivierende Entzündungs- schübe (ERU) das Auge irreversibel zerstören können. Daher ist v.a. bei diesen beiden Erkrankungen eine frühzeitige Diagnose und Therapieeinleitung unumgänglich.

Herpeskeratitis

Die Familie Herpesviridae umfasst derzeit ca. 170 Virusspezies, die in der Regel streng wirtsspezifisch sind. Allen gemeinsam ist ihre Fähigkeit zur Persistenz im Wirt nach einer Erstinfektion. Klinische Bedeutung für das Auge des Pferdes haben das Equine Herpesvirus Typ 2 (EHV-2) und Typ 5 (EHV-5). Bei diesen beiden EHV handelt es sich um sogenannte y-Herpesviren, die in Lymphozyten persistieren ; im Gegensatz zu a-Herpesviren wie z.B. das FHV-1 der Katze, das in neuralen Ganglienzellen persistiert). EHV-2 und -5 sind weit verbreitet und wurden sowohl bei klinisch gesunden als auch bei Pferden mit unterschiedlichen klinischen Symptomen isoliert (Kershaw et al., 2001). Die häufigsten Symptome sind Konjunktivitis und Keratitis, bei Fohlen auch Erkrankungen der Atemwege, Fieber, vergrößerte Lymphknoten, Pharyngitis und Inappetenz. Die virale Keratitis kann verschiedene Formen zeigen: a) multiple punktförmige, epitheliale und subepitheliale Trübungen (Abb.1), die sich zum Teil mit Fluoreszein anfärben, b) feine linienförmige fluoreszeinpositive Risse im Epithel, die sich ausdehnen und geografische Eros­ ionen bilden können und c) chronische Vaskularisation und Zellinfiltration (entzündliche Immunreaktion auf persistierende virale Antigene in der Hornhaut; Abb.2+3).


Abb.1 Herpeskeratitis: multiple epitheliale und subepitheliale punktförmige Trübungen.


Abb.2 Herpeskeratitis: diffuse subepitheliale Trübung (bedingt durch Zellinfiltrate, Fibrose und Ödem) mit einzelnen Blutgefäßen.


Abb.3 Herpeskeratitis: Hornhaut ventral mit dichten weißlichen Trübungen epithelial und subepithelial.

Der Nachweis von EHV am Auge erfolgt am besten mittels PCR von einem Konjunktivalabstrich. Die Interpretation des PCR-Resultates ist jedoch durch die Tat­sache erschwert, dass EHV-2 und -5 bei einer großen Zahl klinisch gesunder Pferde nachgewiesen wurde, wohingegen Proben von klinisch kranken Pferden zum Teil ­negativ ausfielen (Borchers et al., 2006). Eine virale Ätiologie wird vermutet, wenn die Symptome rezidivierend am selben ­Auge auftreten und kurze Zeit nach Beginn lokal applizierter Virustatika abklingen. Da Virustatika zwar hemmend auf die virale Replikation wirken, aber keinen Einfluss auf eine entzündliche Immunreaktion gegen persistierende Viruspartikel haben, ist eine Applikation von lokalen Immunsuppressiva wie Ciclosporin A (CsA) vor allem bei chronischer Vaskularisation und Zell­infiltration sinnvoll. Die lokale Anwendung von Kortikosteroiden kann ebenfalls eine rasche Verbesserung bewirken, sollte jedoch nur für kurze Zeit erfolgen, da dies eine Pilzinfektion am Auge begünstigen kann.


Abb.4 Plattenepithelkarzinom: Hornhaut temporal vom Limbus ausgehende Infiltration von rosa Gewebe mit unregelmäßiger Ober­fläche und angrenzendem Begleitödem und Vaskularisation.

Plattenepithelkarzinom

Das Plattenepithelkarzinom (PEK) ist der häufigste Tumor am Auge und Augenlid des Pferdes. Als auslösender Faktor gilt der UV-Anteil des Sonnenlichts, der das Tumorsuppressor-Gen p53 schädigen kann (Teifke and Lohr, 1996). Schäden in der DNA werden nicht mehr ausreichend repariert und betroffene Zellen können sich unkontrolliert teilen, es kommt zur Tumorbildung. Ebenso dürfte eine gesteigerte Expression von Cyclooxygenase (COX)-2 für Tumorwachstum und Angiogenese beim PEK des Pferdes verantwortlich sein (Moore et al., 2003). PEK treten häufiger bei älteren Pferden und bei bestimmten Pferderassen wie Haflinger (Lichtfüchse), Appaloosa und Belgier (Schecken) auf. Prädisponierte Lokalisationen sind die unpigmentierte Bindehaut und Limbus am temporalen Bulbus (Abb.4), die Nickhaut, und unpigmentierte Lidränder. Klinisch zeigt sich das PEK als rosa (seltener pigmentierte) Masse mit blumenkohlartiger Oberfläche, die im Bereich der Hornhaut eher diffus infiltrativ wächst und mit einer Keratitis verwechselt werden kann (Abb.5). Zur Diagnosestellung ist die Entnahme einer Biopsie erforderlich, um PEK von anderen Neoplasien, parasitären Infektionen (Habronema, Onchocerca, Thelazien) oder entzündlichen Gewebs­-reak­tionen (Granulationsgewebe, Abszesse, Fremdkörperreaktionen) zu unterscheiden. Die Therapie richtet sich nach Lokalisation, Ausmaß und Invasion des Tumors. Unbehandelt kann sich das PEK in angrenzendes Gewebe, knöcherne Orbita und Sinus bis ins Gehirn ausdehnen und in regionale Lymphknoten, Speicheldrüsen und Thorax metastasieren (King et al., 1991).


Abb.5 Plattenepithelkarzinom fortgeschritten: vom nasalen Limbus ausgehende Infiltration von rosa Gewebe und über die gesamte ­Hornhaut greifende Vaskularisation und ­Begleitödem.

take home

Die Herpeskeratitis ist eine rezidivierende Erkrankung, welche je nach Häufigkeit der Rezidive, sowohl für den Patienten als auch für den Tier­besitzer frustrierend sein kann, jedoch selten zur Erblindung führt. Das Plattenepithelkarzinom zeigt sich als eine progressiv verlaufende Hornhauttrübung, welche einer Keratitis ähnelt, jedoch nicht auf entzündungshemmende Augenmedikamente anspricht. Eine Verdachtsdiagnose sollte mittels histologischer Untersuchung bestätigt werden.

Foto: © istockphoto.com, t-lorien

HKP 8 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 8 / 2014.
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