Diagnostik und Therapie des Equinen Cushing-Syndroms
Diagnostik und Therapie des Equinen Cushing-SyndromsUpdate CushingDas Equine Cushing-Syndrom (ECS) – oder korrekt als PPID (Pituitary Pars Intermedia Dysfunction) bezeichnet – betrifft fast jedes fünfte Pferd im Alter von über 15 Lebensjahren, aber auch jüngere Pferde können daran erkranken. Besteht aufgrund der klinischen Symptomatik der Verdacht auf ECS, so ist die diagnostische Untersuchung darauf ausgerichtet, EMS (Equines Metabolisches Syndrom) als wichtigste Differenzialdiagnose auszuschließen und die Therapie zu beginnen.
Pathophysiologie des Equinen Cushing-Syndroms [1,2 und dort zitierte Lit.] Klinik Auffällig ist das lange, meist gelockte Fell, das klassische und typische Anzeichen für ECS (Hirsutismus, Abb.1). Der Fellwechsel kann verzögert, langsam und unvollständig sein; teilweise bleiben dem Pferd einzelne lange harte Haare aus dem Winterfell im Sommerhaarkleid stehen. Das Erscheinungsbild des Cushing-Pferdes weist auch eine Umverteilung des Körperfettes an unphysiologischen Körperstellen auf. Auffällig ist vor allem eine supraorbitale subkutane Fetteinlagerung (Abb.2). Oftmals magern die Pferde ab, eine Atrophie der Rücken- und Kruppenmuskulatur kann beobachtet werden. Dadurch tritt häufig eine schnellere Ermüdung bei physischer Belastung auf. Als Folge des Muskelabbaus entstehen Hängebauch und Senkrücken. Häufigste Komplikation ist das Auftreten rezidivierender Hufreheschübe, vor allem beim älteren Pferd (Abb.3).
Abb.1 Lockiges Haarkleid, Vorderhand
Abb.2 Supraorbitale Fetteinlagerungen bei einem Isländer.
Abb.3 Chronische Hufrehe, Vorderhand rechts.
Diagnostik des PPID Aus der anamnestischen und klinischen Befunderhebung ergeben sich bereits erste Hinweise für die Diagnose PPID, hierzu gehören vor allem die Haarwuchsstörungen. Durch ACTH-Basalwertmessungen im Plasma in Verbindung mit weiterführenden endokrinologischen Funktionstests (z.B. TRH-Stimulationstest mit Bestimmung von ACTH) kann die Diagnose ECS abgesichert werden. Die alleinige Cortisol-Basalwertmessung ist nicht aussagekräftig, weil der Cortisolblutspiegel beim ECS auch niedrig sein kann. Hingegen sind die ACTH-Konzentrationen der erkrankten Tiere bis zu 600-fach gegenüber denen gesunder Tiere erhöht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass für ACTH präanalytische Vorgaben beachtet werden müssen und starke saisonale Schwankungen auftreten können [3]. Zur Vorgehensweise der Blutentnahme sollten die Empfehlungen des untersuchenden Labors eingehalten werden. ACTH-Referenzwerte sind nachfolgend aufgelistet [3]:
November bis Juli <= 29pg/ml
August bis Oktober <= 47pg/ml Weitere labordiagnostische Nebenbefunde sind meist eine Hyperglykämie und mäßige Hyperinsulinämie. Die alkalische Phosphatase, Leberenzyme und Triglyceride sind bei länger bestehender Erkrankung häufig ebenfalls erhöht. Besonders bei jüngeren Pferden kann ein ECS im Anfangsstadium dem Equinen metabolischen Syndrom (EMS) ähnlich sein. Soll zusätzlich gegen ein EMS abgegrenzt werden, ist die Bestimmung des Seruminsulinspiegels mittels des Glucose-Toleranz- oder des kombinierten Glucose-Insulin-Toleranz-Tests empfehlenswert. Pharmakologische Therapie Nichts Neues in der Therapie: Die Erkrankung ist nicht heilbar, aber im Hinblick auf Verbesserung der Symptomatik und damit der Lebensqualität therapierbar. Allerdings erfordert diese eine lebenslange tägliche Behandlung. Pergolid, ein Dopamin-Rezeptor-Agonist, ist ein synthetisch hergestelltes Mutterkornderivat und stimuliert Dopaminrezeptoren. Vor und während der Therapie sind endokrinologische Laboruntersuchungen (s.o.) durchzuführen. Spricht das Pferd „labordiagnostisch“ und klinisch gut auf die Behandlung an, so wird eine zweimalige halbjährliche Kontrolle des ACTH-Spiegels vorgeschlagen, wobei eine Untersuchung im Zeitraum August-Oktober erfolgen sollte. Zudem sollte der Insulinstatus erhoben werden, weil zusätzlich zu Cushing sich oftmals noch eine Insulinresistenz entwickelt. Pergolid (Prascend®) wird initial in einer Tagesdosis von 1,0mg/400–600kg KGW einmal täglich oral verabreicht. Nach 30 Tagen sollte eine initiale Verbesserung der klinischen Symptomatik – zunehmende Leistungsfähigkeit, Verbesserung von PU/PD und der Hyperglykämie – festzustellen sein. Labordiagnostisch sollte dazu der ACTH-Plasmaspiegel herangezogen werden. Langfristig, d.h. innerhalb eines Jahres, sollte das Haarkleid verbessert, der Abbau der Muskelmasse reduziert sowie Hufreheschübe und Sohlenabszesse seltener auftreten. Bei Stabilisierung des Gesundheitszustandes kann die Dosis nach einigen Wochen auf die niedrigste noch wirksame Dosis reduziert werden, bei ausbleibender Besserung nach 30 Tagen wird die Dosis um 0,5 bis 1,0mg/Tag (für 400–600kg KGW) erhöht [4]. Bei empfohlener Dosierung treten nur selten geringe und vorübergehende Nebenwirkungen auf wie z.B. Inappetenz, Lethargie, leichte ZNS-Störungen. Begleitende Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die Hufrehe, sind orthopädische Hufkorrekturen sowie Haltungs- und diätetisches Management. Bei Hirsutismus wird bis zum Ansprechen der Therapie vor allem in der warmen Jahreszeit das Scheren des Haarkleides empfohlen. Neben der pharmakologischen Therapie wird alternativ eine Behandlung mit Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus L.) beschrieben [5]. take home Die rechtzeitige Behandlung ermöglicht den erkrankten Pferden, ein nahezu normales Leben zu führen. Bei früher Erkennung der Leitsymptomatik, konsequenter Behandlung und gutem Haltungs- und Fütterungsmanagement wird die Lebensqualität deutlich verbessert. Wichtig dabei ist, den Patienten durch ein regelmäßiges ACTH-Monitoring zu überwachen und im Bedarfsfall die Dosis anzupassen.
Literatur
Fotos: © Dr. Junker-Buchheit |
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