08.10.2024 14:18 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG - Partner
Hyperthyreose der Katze

Hyperthyreose der Katze

Hormone im Überfluss

Die feline Hyperthyreose ist die häufigste endokrinologische Erkrankung der älteren Katze. Ursächlich finden sich vor allem Adenome oder Hyperplasien der Schilddrüse, die durch übermäßige Produktion der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) zu den klinischen Symptomen führen. Karzinome treten nur selten auf.

Vorkommen und Symptome

Die Hyperthyreose ist eine multisystemische Erkrankung, die durch eine gesteigerte Produktion von Schilddrüsenhormonen gekennzeichnet ist. Das Alter der betroffenen Tiere liegt zwischen vier und 22 Jahren; erkrankte Katzen sind jedoch selten unter acht Jahre alt. Die Symptome sind sehr vielseitig, am häufigsten tritt Gewichtsverlust trotz eines gleich bleibenden, oft sogar gesteigerten Appetits auf. Zusätzlich werden vor allem Verhaltensänderungen wie erhöhte Stressanfälligkeit, Hyperaktivität und Aggressivität gesehen. Ursächlich wird vermutet, dass hohe Konzentrationen der Schilddrüsenhormone direkten Einfluss auf das adrenerge System haben. Zur Linderung der Symptomatik kann daher der adrenerge Antagonist Atenolol herangezogen werden. Weiterhin berichten Besitzer häufig von gastrointestinalen Symptomen wie Diarrhoe oder Vomitus. In einigen Fällen treten zudem vermehrter Haarausfall und ein stumpfes Haarkleid auf. Hecheln oder Dyspnoe kann in den meisten Fällen auf eine zu Grunde liegende Herzerkrankung sowie eine Schwäche der Atemmuskulatur zurückgeführt werden. In der klinischen Untersuchung ist eine palpable Schilddrüse bei ca. 96 % der Katzen feststellbar. Diese ist jedoch nicht pathognomisch, da auch bei über 50 % der älteren euthyreoten Katzen eine zumeist kleinere, aber palpable Schilddrüse detektiert werden kann, sodass der Palpationsbef- und als alleiniges Diagnostikum nicht aussagekräftig ist. Herzgeräusche und Galopprhythmus sind weitere häufige Befunde bei hyperthyreoten Katzen.

Labordiagnostik

Labordiagnostisch ist bei 39 % der Katzen eine Erythrozytose nachweisbar, das Differenzialblutbild zeigt entweder ein typisches Stressleukogramm oder eine Eosinophilie mit oder ohne Lymphozytose. Eine Erhöhung der Serumkonzentrationen der Alaninaminotransferase (85 %), alkalische Phosphatase (62 %) oder zumindest eines dieser Enzyme (>90 %) ist der häufigste Befund im Chemieprofil.
Als labordiagnostische Methoden stehen zwar die Bestimmung der Serumkonzentrationen von Gesamtthyroxin, freiem Thyroxin und endogenem TSH, der T3- Suppressionstest sowie TSH- und TRH-Stimulationstests zur Verfügung. Aufgrund ihrer einfachen Anwendbarkeit sowie der hohen Sensitivität (90,0 %) und Spezifität von beinahe 100 % gilt die Bestimmung des Gesamtthyroxins als Methode der Wahl.
Genauere Informationen im Hinblick auf das Vorhandensein ektopen Schilddrüsengewebes kann nur mittels Schilddrüsenszintigrafie, der Goldstandardmethode aller Diagnostika, gewonnen werden. Andere bildgebende Verfahren wie Ultraschall, CT oder MRT spielen keine Rolle.

Medikamentelle Therapie

Die für Katzen zugelassenen Medikamente Thiamazol (Synonym: Methimazol) oder Carbimazol (Prodrug von Thiamazol) stehen als lebenslange orale Dauertherapie zur Verfügung. Diese Medikamente blockieren die Schilddrüsenhormonsynthese, nicht jedoch die Freisetzung der Schilddrüsenhormone oder das Wachstum der Schilddrüse. Die Erfolgsrate unter medikamenteller Therapie liegt bei 85 – 90 % innerhalb von vier Wochen. Die mittlere Überlebenszeit wird mit zwei Jahren (1 – 3,9) angegeben. Nebenwirkungen sind vor allem Anorexie, Durchfall oder Erbrechen (10 %). In 3 – 9 % treten zudem Neutropenien oder Thrombopenien auf. Neben der oralen Applikationsform stehen nach Umwidmung zudem transdermal sowie subkutan zu applizierende Formulierungen zur Verfügung. Diese Formulierungen sind in Deutschland nicht zugelassen und dürfen nur nach Umwidmung bei fehlender Wirksamkeit der oralen Medikation eingesetzt werden.

Chirurgische Behandlung

Bei der chirurgischen Behandlung unterscheidet man die Hemithyreoidektomie von der vollständigen Resektion beider Schilddrüsenanteile. In 70 – 91 % der Fälle sind beide Schilddrüsenlappen verändert, was bei einer bilateralen Resektion mit klinischen Symptomen einer Hypothyreose eine lebenslange Substitution von Schilddrüsenhormonen zur Folge hat. Als postoperative Komplikationen treten außerdem das Horner-Syndrom, Larynxparalysen, Stimmveränderungen und Hypokalzämie durch Schädigung der Nebenschilddrüse auf. Die erhöhte Stoffwechsellage und das gehäufte Auftreten sekundärer kardialer Erkrankungen muss bei der Wahl der geeigneten Narkose bedacht werden.

Radiojodtherapie

Die Therapie der Wahl ist die Radiojodtherapie mit radioaktivem Jod-131. Dieses wird von überaktiven Schilddrüsenzellen aufgenommen und zerstört durch ?-Strahlung die Zelle von innen, ohne nichtaktive Zellen zu beeinflussen. Die Erfolgsrate liegt bei über 95 %. Die mittlere Überlebenszeit nach Radiojodtherapie beträgt vier Jahre. Als Nebenwirkung ist wie bei jeder Therapieform die Demaskierung einer chronischen Nierenerkrankung zu nennen. Auch das Auftreten von Diarrhoe und Vomitus ist möglich. Bei allen genannten Therapieformen kann es selten (<5 %) zum Auftreten einer substitutionsbedürftigen Hypothyreose oder bei 20 – 30 % zur Demaskierung einer Nierenerkrankung kommen. Somit ist eine Kontrolle der Blutparameter (Hämatologie/
klinische Chemie) inklusive der Schilddrüsenwerte initial monatlich, dann alle 3 – 4 Monate anzuraten.

Diätfuttermittel

Eine Innovation auf dem Gebiet der Therapie der felinen Hyperthyreose ist ein neues Diätfuttermittel (y/d der Firma Hill´s) mit stark reduziertem Jodgehalt (<0,18 mg/kg, zum Vergleich: herkömmliche Katzennahrung enthält bis zu 0,75 mg/kg). In zwei Abstracts konnte gezeigt werden, dass hyperthyreote Katzen in einen euthyreoten Zustand überführt werden können und klinische Symptome der Hyperthyreose verschwinden. Aufgrund des moderaten Protein- und Phosphatgehalts ist das Futter auch für ältere und nierenkranke Katzen geeignet und ist somit eine Alternative zur täglichen, für viele Katzen unangenehmen Tabletteneingabe. Die Futterkosten sind laut Hersteller etwa mit den Kosten einer medikamentellen Therapie vergleichbar. Ein entscheidender Nachteil besteht für Freigängerkatzen sowie Mehrkatzenhaushalte, da ein Therapieerfolg nur durch ausschließliche Fütterung der jodreduzierten Diät gewährleistet wird. Eine getrennte Fütterung von Partnertieren sollte somit unbedingt sichergestellt werden. Studien über eventuell auftretende Langzeitwirkungen auf die Schilddrüse (z.B. Ausbildung eines Jodmangelstrumas) und der übergeordneten Zentren liegen bisher nicht vor.

Literatur bei den Autoren.

Foto: © panthermedia |Gerhard Kühn

HKP 5 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2012.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Die Autoren:

Weitere Artikel online lesen

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.