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Wenn es die Katze juckt

Wenn es die Katze juckt

Flea Allergy Dermatitis (FAD)

Hautprobleme von Hunden oder Katzen gehören zu den ­häufigsten Gründen für die Vorstellung in der Tierarztpraxis. Dabei stellen dermatologische Probleme bei Katzen aufgrund der katzenspezifischen Reaktionsmuster wie eosinophiler Granulomkomplex, miliare Dermatitis (Abb.1) oder feline selbst induzierte Alopezie eine besondere Herausforderung dar, denn diese Reaktions­muster lassen nicht direkt auf eine eindeutige Ätiologie schließen.

Ein häufiger Auslöser für dermatologische Erkrankungen der Katze ist die Flea Allergy Dermatitis (FAD). Die FAD ist eine immunologische Erkrankung. Sie tritt bei Haustieren auf, die eine Hypersensitivität gegen das blutgerinnungshemmende Protein im Flohspeichel entwickelt haben und kommt bei Katzen häufiger vor als bei Hunden. Die klinische Symptomatik äußert sich neben den katzenspezifischen Reaktionsmustern vor allem in Juckreiz, der sich durch Kratzen, Nagen, aber vor allem durch Lecken und Putzen bei der Katze bemerkbar macht. Intensives Putzen beseitigt adulte Flöhe effektiv und wird von der Katze oft für den Besitzer unbemerkt durchgeführt, sodass dieser den Juckreiz gar nicht wahrnimmt. Ein wertvolles Diagnostikum für die Juckreizdiagnose bei der Katze stellt das Trichogramm dar: An Haarbruch und traumatisierten Haarspitzen wird erkennbar, dass die Alopezie mittels rauer Katzenzunge selbst induziert ist. Das Verteilungsmuster ist überwiegend dorsal, insbesondere Rücken, Schwanz und Flanke sind betroffen. Die Diagnose wird durch die passende klinische Symptomatik und das Ansprechen auf eine intensive Flohkontrolle gestellt. Das Vorhandensein von Flöhen ist für die Diagnose nicht erforderlich [1].


Abb.1: Miliare Dermatitis Foto mit freundlicher Genehmigung von Dr. Wayne Rosenkrantz


Abb.2: Addition von Juckreizursachen

Flohproblematik

Juckreiz ist ein Schwellenphänomen (Abb.2), d.h., mehrere Faktoren können gleichzeitig zum Juckreiz beitragen und sich addieren wie z.B. FAD und Sekundärinfektionen mit Malassezien oder Futtermittelunverträglichkeit und Flohbefall. Da sich verschiedene Faktoren zum Juckreiz aufsummieren, sollte jede Ursache, die bei einem Tier Juckreiz verursachen kann, kontrolliert werden. Eine kontinuierliche Flohkontrolle ist daher als Bestandteil jedes Managements eines Tieres mit Hautproblemen anzusehen. Die Anwendung eines Flohbekämpfungsmittels, das durch eine rasche Abtötung der adulten Flöhe das Blutsaugen und damit die Exposition des Wirts gegenüber den Allergenen vermindert, ist für eine erfolgreiche Behandlung entscheidend. Die Vorstellung, dass ein einziger Flohbiss genügt, um eine FAD hervorzurufen, ist inzwischen überholt. Zu bedenken ist, dass Flöhe sofort, nachdem sie auf den Wirt gelangt sind, mit der Blutmahlzeit beginnen und daher ein komplettes Verhindern von Flohbissen unrealistisch ist [2]. Topische Insektizide können Flohbisse schon allein deshalb nicht verhindern, weil sie im Allgemeinen nicht schnell genug wirken. Grundsätzlich sollten alle Haustiere im Haushalt eines flohallergischen Tieres ganzjährig unter Flohprophylaxe stehen. Der Wirkstoff Spinosad ist ein Fermentationsprodukt des Bodenbakteriums Saccharopolyspora spinosa, der in der ökologischen Landwirtschaft ohne Wartezeit für Legehennen zugelassen ist und sich durch seinen extrem schnellen Wirkeintritt auszeichnet. Der Wirkstoff Spinosad in Comfortis® beginnt bei Katzen bereits 30?min. nach oraler Eingabe zu wirken; die Effektivität liegt ab 4h nach Eingabe bei >97% (Abb.3). Schnell wirkende Produkte reduzieren die Gesamtdauer, in der Flöhe beißen können, und minimieren so den allergenen Stimulus bei FAD. Untersuchungen, die in stark flohinfestierter, simulierter häuslicher Umgebung an 24 Katzen durchgeführt wurden, hatten zum Ergebnis, dass die Effektivität von Comfortis® zu jedem der 15 gemessenen Zeitpunkte bei 100% lag und Spinosad in der Lage war, Infestationen über die 95-tägige Studienperiode in einer flohkontaminierten Umgebung zu verhindern. Die Katzen der Kontrollgruppe wiesen zunehmende Hautveränderungen auf, wohingegen in der Behandlungsgruppe mit Spinosad keine Nebenwirkungen auftraten [3].


Abb.3: Spinosad: Speed of Kill

Studienlage

Feldstudien bilden die Wirkung eines Produktes unter natürlichen, häuslichen Bedingungen oft genauer ab, als Laborstudien dies vermögen. Paarlberg et al. [4] führten an 211 Katzen eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte und verblindete Feldstudie durch. 92,6% der mit Spinosad behandelten Katzen und 64,7% der mit Selamectin behandelten Katzen waren an Tag 90 flohfrei (Abb.4.). Darüber hinaus wurde der FAD- Score ermittelt und in fehlend, mild, moderat oder hochgradig für jedes der sechs FAD- Anzeichen (Juckreiz, Papeln, Erythem, Alopezie, Schuppenbildung, Dermatitis oder Pyodermatitis) eingeteilt. Die Gesamtverbesserung der FAD Scores betrug in der Spinosad-Gruppe 94,2%, in der Selamectin-Gruppe 80,0%. Die Verbesserung bei Juckreiz lag in der Spinosad- Gruppe bei 98,2% (Selamectin 82,1%), und die Alopezie verringerte sich in der Spinosad- Gruppe um 95,5% (Selamectin 66,7%) (Abb.5). Die Comfortis®- Tablette konnte in 98,1% der Fälle erfolgreich eingegeben werden. Diese Feldstudie, die unter Bedingungen durchgeführt wurde, die dem realen Praxisalltag sehr nahe kommen, belegt nicht nur die überlegene Wirkung von Spinosad im Vergleich zu Selamectin gegen Flöhe, sondern auch den dermatologischen Nutzen von Spinosad. Die alleinige Behandlung mit Comfortis® verbesserte die klinische Symptomatik durch die schnelle Abtötung der Flöhe bei Katzen um 94,2%.


Abb.4: Flohfreie Katzen an Tag 90


Abb.5: Verbesserung der FAD Anzeichen

Cadiergues und Pressanti [5] beschrieben FAD und die Therapie mit Spinosad bei 15 natürlich infestierten, reinen Stubenkatzen aus einer Versuchstierhaltung. Die Katzen hatten keinen Zugang ins Freie und die Population der Katzen war seit ca. einem Jahr stabil. Vier Katzen entwickelten Hautsymptome, weswegen eine Dermatologin hinzugezogen wurde. Nach Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen wurde eine FAD diagnostiziert. An diese Diagnose konnten die Tierpfleger zunächst nicht glauben. Katzen mit FAD zeigten im Vergleich zu Katzen ohne FAD ein sehr geringes Infestationsniveau (0,75 vs. 5,2 Flöhe), denn exzessives Putzen bei FAD führt zu geringeren Flohzahlen. Dies ist auch in der Praxis ein häufiges Problem: Das Putzverhalten und die nicht sichtbaren Flöhe stellen eine Herausforderung für die Diagnostik und die Compliance der Tierbesitzer dar. Ab dem ersten gemessenen Zeitpunkt nach Eingabe von Spinosad konnten keine Flöhe mehr gesammelt werden. Schnell wirkende Produkte reduzieren die Dauer der Blutmahlzeiten und verringern so die Menge an eingebrachtem Allergen. Putzen reduziert möglicherweise die Menge an topischen Insektiziden auf der Haut und Hautentzündung und Verhornungsstörungen könnten die Diffusion topischer Produkte beeinflussen. Die Regeneration der Haut benötigt mehr Zeit als die Entfaltung der kompletten antiparasitären Wirkung. FAD sollte auch bei reinen Stubenkatzen nicht ausgeschlossen werden, wenn nicht mindestens zwei Monate intensive Flohbehandlungen vorausgegangen sind. Die Comfortis®-Tabletten wurden an den Tagen 0,30 und 60 von 8,11 und 12 Katzen freiwillig aufgenommen und der SCORFAD (SCORing feline allergic dermatitis lesion severity scale) reduzierte sich bis Tag 90 um 98%. Der dermatologische Nutzen von Comfortis® liegt in der schnellen Wirkung und der systemischen Applikationsart begründet: Es ist keine Verteilung über die Haut erforderlich, und eine gleichzeitige, beliebig häufige topi­sche Anwendung dermatologischer Therapeutika ist ohne Wirkverlust möglich.

take home

// Flohbefall und FAD sind bei Katzen häufiger als bei Hunden.

// Exzessives Putzen reduziert die Flohzahlen deutlich.

// Auch bei reinen Stubenkatzen sollte FAD nicht ausgeschlossen werden, wenn nicht mindestens zwei Monate intensive Floh­behandlung vorausgegangen sind.

// Schnell wirkende Produkte reduzieren die Gesamtdauer, in der Flöhe beißen können, und minimieren den allergenen Stimulus.

// Systemisch wirkende Produkte erfordern keine Verteilung über die (geschädigte) Haut und erlauben eine gleichzeitige topische Therapie.

// Alle Haustiere im Haushalt eines floh­allergischen Tieres sollten ganzjährig unter Flohprophylaxe stehen.

Literatur bei der Autorin

HKP 6 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2015.
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Der Autor:

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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.