19.03.2024 10:07 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG - Partner
Ran an den Floh

Ran an den Floh

Integrierte Maßnahmen zur Flohbekämpfung

Beheizte Räume bieten für die Entwicklung von Flöhen ideale Bedingungen. Wie das leidige Problem mit integrierten Behandlungsmaßnahmen, die eine Bekämpfung der Entwicklungsstadien in der Umgebung mit einschließen, verhindert werden kann, schildert Prof. Dr. Anja Joachim.

Vor allem in der kalten Jahreszeit kommt es bei Hunden und Katzen häufig zu einem Befall mit Flöhen, die sich innerhalb der eigenen Wohnung aus Eiern, Larven und Puppen entwickelt haben. Trotz Behandlung von Hund und Katze kommt es dann zu Rezidiven, das Problem bleibt ungelöst, die Tierbesitzer sind unzufrieden mit dem Therapieergebnis. Sollen Prophylaxe und Therapie eines Flohbefalls erfolgreich sein, das Tier sachgerecht geschützt und der Kunde zufrieden? Dann kommt man als Tierarzt nicht darum herum, dem Tierhalter neben der Bekämpfung der adulten Flöhe auf dem Wirt auch die Bekämpfung von Entwicklungsstadien in der Umgebung zu erläutern. In welcher Form und in welchem Umfang solche Umgebungsmaßnahmen sinnvoll sind, muss nach individuellen Voraussetzungen des Patienten (und seines Umfeldes) entschieden werden.

Umgebung und ihr Einfluss

Ctenocephalides felis ist ein Wirtstier, auf dem sich befinden nur die adulten Stadien.
Eier, Larven und Puppen, die den weitaus größten Anteil der Flohpopulation ausmachen, befinden sich dagegen in der Umwelt.Das Überleben und die Entwicklung dieser Flohstadien in der Umgebung hängen in hohem Maße von den Umgebungsbedingungen ab. Unter optimalen Bedingungen läuft die Entwicklung vom Ei zum adulten Floh in 3 – 4 Wochen ab, bei ungünstigen Bedingungen kann sie bis zu 140 Tage dauern. Im letzteren Fall kommt es zu einer Entwicklungsunterbrechung in Form einer Puppenruhe, sodass nicht alle Flöhe gleichzeitig schlüpfen und einen neuen Wirt aufsuchen. Dies erklärt, wieso es trotz Behandlung des Tieres über Wochen und Monate immer wieder zu Rezidiven eines Flohbefalls kommen kann.
Bei höheren Lufttemperaturen findet die Entwicklung vom Ei zum Floh schneller statt. Förderlich wirkt sich außerdem eine feuchte, aber nicht nasse Umgebung aus, die keiner starken direkten Sonneneinstrahlung unterliegt. Im Freien haben Jahreszeit und Klima daher Einfluss auf das Vorkommen von Flöhen. Für die Entwicklung in Innenräumen spielen diese Faktoren dagegen keine Rolle. Beheizte Räume und eine relative Luftfeuchtigkeit von mehr als 50 % bieten das ganze Jahr über geeignete Bedingungen für Flöhe. Die Tabelle fasst die möglichen Einflüsse verschiedener Umgebungsbedingungen zusammen.

Möglichkeiten der Umgebungsbehandlung

Zu einer Reduktion der unreifen Flohstadien kommt es mit der Zeit auch bei lückenloser Anwendung von Präparaten, die adulte Flöhe auf dem Tier rasch abtöten und damit die fortlaufende Produktion neuer Eier und die Kontamination der Umwelt minimieren. Zusätzlich können Maßnahmen wie das tägliche Absaugen von
Liegeplätzen und Teppichböden und das regelmäßige Waschen von Liegedecken zu einer Reduktion der Flohstadien in der Wohnung beitragen. Im Fokus sollten dabei vor allem Stellen stehen, an denen sich Hund und Katze bevorzugt (schlafend) aufhalten, da diese in der Regel am stärksten kontaminiert sind. Gewaschen wird am besten in der Maschine mit gängigem Waschmittel bei 60 Grad Celsius, Staubsaugerbeutel sollten in zugebundenen Plastikbeuteln über den Hausmüll entsorgt werden.

Da beim Staubsaugen nicht alle Flohstadien vollständig erfasst werden, reicht dies als alleinige Maßnahme zur Umgebungsbehandlung, vor allem bei stärkerem Befall, nicht aus. In solchen Fällen empfiehlt es sich, ergänzend geeignete Präparate mit direkter Wirkung gegen weitere Entwicklungsstadien anzuwenden. Dazu stehen spezielle Produkte zur Verfügung, die entweder direkt in der Umgebung einzusetzen sind (Pestizide, z.B. als Spray oder Fogger) oder als Arzneimittel eine Zulassung für die Anwendung am Tier besitzen. Solche Arzneimittel enthalten Komponenten mit adultizider Wirkung und zusätzlich einen Wachstumsregulator für Insekten (Insect Growth Regulator, IGR). IGR hemmen die Weiterentwicklung der Eier und Larven und reduzieren damit die Anzahl der von den adulten Flöhen produzierten Nachkommen sehr viel schneller als die mechanische Entfernung bereits vorhandener Stadien durch Reinigung. In Kombination mit einem Adultizid, das die erwachsenen Flöhe abtötet, kann vor allem bei starker Verseuchung die Flohpopulation damit sehr effizient unter Kontrolle gebracht werden. Eine Umgebungsbehandlung im Freien, z.B. dem Garten, wo sich ebenfalls Stadien der Flöhe aufhalten können, gestaltet sich außerdem meist sehr schwierig. Die einzige Möglichkeit, die Kontamination der Umgebung im Freien zu verringern, ist die Behandlung der Tiere mit einem IGR-haltigen Tierarzneimittel. Wichtig ist, sämtliche Maßnahmen weiterzuführen, bis alle in der Umgebung befindlichen Entwicklungsstadien entfernt sind, sodass keine neue Flohpopulation entstehen kann.

Welche (Umgebungs-) Behandlung bei welchem Tier?

- Bestehende Infestation: Therapeutisches Ziel ist die Elimination vorhandener adulter Flöhe mit einem geeigneten Ektoparasitizid. Je nach Schwere des Befalls und angewendeten Präparaten muss die Behandlung unter Umständen wiederholt werden. „Neuralgische Stellen“ in der Umgebung sollten zusätzlich täglich gesaugt, regelmäßig gereinigt bzw. gewaschen oder mit einem Umgebungsmittel (Pestizid) behandelt werden.

- Minimales Infestationsrisiko (z.B. Tiere mit begrenztem oder keinem Zugang ins Freie und ohne Kontakt zu anderen Tieren): Tiere mit minimalem Infestationsrisiko sollten im Rahmen der Fellpflege regelmäßig auf einen Flohbefall inspiziert werden, vorzugsweise unter Verwendung eines Flohkamms. Wird ein Flohbefall frühzeitig festgestellt, kann eine einmalige therapeutische Behandlung ausreichen, um diesen zu eliminieren. Umgebungsbehandlungen sind nicht zwingend erforderlich, wobei regelmäßiges Saugen und Waschen der Liegedecken allein aus hygienischen Gründen empfohlen sind.

- Moderates Infestationsrisiko (z.B. Tiere mit regelmäßigem Zugang ins Freie und Kontakt zu anderen Tieren): Zur Verhinderung eines Flohbefalls wird bei diesen Tieren die ganzjährige Anwendung eines geeigneten Ektoparasitizids empfohlen. „Neuralgische Stellen“ in der Umgebung sollten, sofern keine IGR-haltigen Arzneimittel am Tier angewendet werden, zusätzlich regelmäßig gereinigt bzw. gewaschen oder mit einem Umgebungsmittel (Pestizid) behandelt werden.

- Hohes, anhaltendes Risiko einer Reinfestation (z.B. Tierheime, Zuchten, Haushalte mit mehreren Tieren, Jagdhunde): In größeren Tierbeständen, Tierheimen, bei Zwingerhaltung oder anderen „intensiven“ Haltungsbedingungen wird eine ganzjährige integrierte Flohbekämpfung empfohlen. Kombiniert wird die Anwendung geeigneter Insektizide am Tier in dafür vorgesehenen Intervallen mit täglichem Saugen oder mechanischer Reinigung von Boxen und Ruheplätzen. Zur Bekämpfung der Eier, Larven und Puppen sollten zusätzlich geeignete Produkte in der Umgebung oder am Tier angewendet werden.

- Tiere mit nachgewiesener FAD (Flohspeichelallergiedermatitis): Bei Tieren mit FAD muss die Exposition gegenüber Antigenen des Flohspeichels idealerweise ausgeschlossen oder zumindest minimiert werden, um klinische Erscheinungen zu verhindern. Demzufolge empfiehlt sich eine kontinuierliche Flohbekämpfung. Hierzu gehören die ganzjährige Anwendung von Insektiziden am Tier sowie geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung von Entwicklungsstadien in der Umgebung. Lebt ein Tier mit FAD in einem Haushalt mit mehreren Tieren, müssen auch diese in die Maßnahmen einbezogen werden.

- Flohbefall bei Tierhalter/innen: Menschen werden von Flöhen befallen, wenn aufgrund einer starken Verseuchung der Umgebung eine Vielzahl adulter Flöhe schlüpft und kein anderer geeigneter Wirt zur Verfügung steht. In diesem Fall wird eine Flohbekämpfung bei allen Tieren des Haushaltes sowie in der Umgebung dringend empfohlen.

anja.joachim@vetmeduni.ac.at

HKP 5 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2009.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Der Autor:

Weitere Artikel online lesen

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.