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Ultraschall als Werkzeug in der Bestandsbetreuung beim Rind

Ich sehe was, was Du nicht siehst

Im Management moderner Milchviehbetriebe steht der bestands betreuende Tierarzt dem Landwirt in vielen Bereichen als Ansprechpartner zur Seite. Seine Aufgaben gehen dabei über die klassische kurative Tätigkeit weit hinaus. Bei vielen der regelmäßigen und im Voraus geplanten Untersuchungen ist die Untersuchung mittels Ultraschall ein will kommener Helfer im Fruchtbarkeitsmanagement. Prof. Dr. Marc Drillich und Dr. Harald Pothmann-Reichl stellen den Einsatz und Nutzen der Ultrasonografie mit besonderer Schwerpunktsetzung auf die Aspekte der Bestandsbetreuung in der Rinderpraxis dar.

Fruchtbarkeitsmanagement in der Bestandsbetreuung Geeignete Ultraschallgeräte

In den vergangenen Jahren haben viele Verbesserungen und Anpassungen in der Technologie dazu geführt, dass auch in der Rindermedizin der Einsatz eines Ultraschallgeräts eine Selbstverständlichkeit ist. Moderne Geräte sind leicht und robust, die Bildschirme werden am Unterarm fixiert, in einer Tasche umgehängt oder sind in einem Brillenmonitor untergebracht, während der Akku in vielen Geräten in einer separaten Tasche getragen werden kann. Die Leis tung des Akkus ermöglicht einen Einsatz von mindestens zwei bis drei Stunden und im Idealfall kann der Akku im Praxisfahrzeug aufgeladen werden. Verschiedene Frequenzen und Eindringtiefen ermöglichen einen optimalen Einsatz zu verschiedenen Fragestellungen. Weitere technische Anforderungen wie die Eingabe von Patienteninformationen, Möglichkeiten zur Ausmessung von Objekten im Bild oder die Speicherung von Bildern hängen von den individuellen Bedürfnissen der Nutzer ab. Vor dem Kauf eines Ultraschallgerätes sollte man sich nicht nur vom Gerät, der Qualität des Bildes und der Erfüllung der eigenen Ansprüche an die Handhabung überzeugen, sondern sich auch wichtige Serviceleistungen zusagen lassen. Die schnelle Bereitstellung eines Ersatzgerätes im Schadensfall hat hier hohe Priorität. Es empfiehlt sich auch, vorab verschiedene Geräte zu vergleichen, wenn möglich über ein paar Tage zu testen und die Erfahrungen von Kollegen und Kolleginnen einzuholen.

Einsatz im Fruchtbarkeitsmanagement

Im strategischen Fruchtbarkeitsmanagement bieten sich bestimmte Kontrollpunkte zur Überwachung der Herdengesundheit entlang des Reproduktionszyklus an. Diese praktischen Arbeiten umfassen planbare Untersuchungen, die ein strategisches Ziel verfolgen und nach dem Konsequenzprinzip durchgeführt werden. Im Folgenden sollen der Einsatz der Ultrasonografie an diesen Kontrollpunkten und die daraus folgenden Konsequenzen vorgestellt werden.

Puerperalkontrolle

Ab der 4. Woche nach der Kalbung wird mit der Puerperalkontrolle die Rückbildung und Regeneration der Gebärmutter kontrolliert. Die rechtzeitige Behandlung von Gebärmutter entzündungen (Endometritis) soll dazu führen, dass die Gebärmutter bis zum Beginn der Besamungsperiode optimal regeneriert ist. Ziel der Untersuchung: Mittels Ultraschall ist es möglich, auch geringe Mengen an Flüssigkeiten in der Gebärmutter dar zustellen, die mittels Palpation nicht feststellbar sind, aber auf eine Endometritis hinweisen. Ansammlungen von Eiter in der Gebärmutter stellen sich im ultrasono grafischen Bild als weiße „Flocken“ oder in geringen Mengen auch nur als „weiße Linie“ im Lumen des Uterus dar (Abb. 1, 2). Klinische Studien haben gezeigt, dass Tiere mit ultrasonografisch feststellbaren Veränderungen in der Gebärmutter bei der Puerperalkontrolle nach Beginn der Besamungs periode schlechtere Konzeptionsraten auf weisen als gesunde Tiere [1], [2]. Konsequenzen aus den Befunden: Als Konsequenz eines pathologischen Befundes, d.h. einer Endometritis, kann die Behandlung mit Prostaglandin F2_ (PGF2_) oder eine intrauterine Antibiose erfolgen. Das Anti biotikum muss gegen die wichtigsten uteropathogenen Keime, Arcanobacterium pyogenes und Escherichia coli, wirksam sein. Die immer noch häufig praktizierte Insti llation von desinfizierenden und adstringierenden Flüssigkeiten, so genannten „Spülungen“, ist hinsichtlich der weiteren Fruchtbarkeit der Tiere sehr umstritten [3].

Achtung: Ovarien und Uterus werden mit dem Ultraschall auf physiologische und pathologische Befunde untersucht.

Sterilitätskontrollen

Abhängig von der Strategie des landwirtschaftlichen Betriebes kann die Einleitung einer Brunst bereits zu Beginn der Besamungsperiode oder erst später – im Rahmen der so genannten Sterilitätskontrollen bei „Problemkühen“ – erfolgen. Als Zeitpunkt für diese Kontrollen kann z.B. der 80. Tag nach der letzten Kalbung gewählt werden. Alle Kühe, die diese zeitliche Linie überschritten haben, ohne zuvor (erfolgreich) besamt worden zu sein, werden dem Tierarzt zur ultrasonografischen Untersuchung vorgestellt. Ziel der Untersuchung: Durch die Sterilitätskontrolle soll vermieden werden, dass Kühe unnötig lange nicht besamt bzw. nicht tragend sind. Mittels Ultraschall werden die Ovarien und der Uterus auf das Vorhandensein von physiologischen (Gelbkörper, Follikel) und pathologischen (Zysten, Endometritis) Befunden untersucht. Anschließend werden entsprechende Behandlungen eingeleitet. Ziel ist es, so bald wie möglich eine Besamung zu ermöglichen und somit die Rast- oder Zwischenbesamungszeit sowie letztendlich die Güstzeit zu verkürzen. Konsequenzen aus den Befunden: Das Vorhandensein eines Gelbkörpers (Abb. 3) ist einer der häufigsten Befunde im Rahmen der Sterilitätskontrolle. Bei diesen Tieren ist entweder die vorherige Brunst nicht bemerkt worden oder die Kuh ist stillbrünstig, aber zyklisch. Schwächen in der Brunstbeobachtung müssen mit dem Landwirt analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert werden. Durch die Gabe von PGF2_ kann bei Tieren mit einem Gelbkörper eine Brunst induziert werden. Eine andere Möglichkeit im Rahmen der Sterilitätskontrolle ist der Start eines Ovsynch-Programms.

Trächtigkeitsuntersuchung

Die Trächtigkeitsuntersuchung war eine der ersten, häufig genutzten Anwendungen der Ultrasonografie in der Rinderpraxis und ist mittlerweile in vielen Betrieben zur Routine geworden. Ziel der Untersuchung: Die Trächtigkeitsuntersuchung sollte so früh wie möglich nach der Besamung durchgeführt werden, um nicht tragende Tiere zu identifizieren und diese möglichst bald einer erneuten Besamung zuzuführen. Somit kann die Zwischenbesamungszeit und Güstzeit auf Herdenbasis verkürzt werden. Die ultrasonografische Untersuchung weist gegenüber der manuellen Palpation den zusätzlichen Vorteil auf, dass durch die Darstellung des Herzschlages auch ein Beweis für das Leben der Frucht erbracht werden kann (Abb. 4). Mittels Ultraschall kann von geübten Untersuchern eine sichere Diagnose ab dem 28. Tag nach der Besamung gestellt werden [4]. Konsequenzen aus den Befunden: Im Falle eines negativen Befundes bei der Trächtigkeitsuntersuchung ist das Tier, wie im Abschnitt „Sterilitätskontrollen“ beschrieben, zu behandeln. Bei einem positiven Befund („trächtig“) kann betriebsspezifisch überlegt werden, ob es sinnvoll ist, routinemäßig eine Nachuntersuchung zu einem späteren Zeitpunkt der Trächtigkeit durchzuführen. Dies empfiehlt sich nur für Betriebe, in denen die Resorptionsrate so hoch ist, dass bei der Nachuntersuchung regelmäßig Tiere auf fallen, die zuvor sicher als tragend diagnostiziert worden waren, nun aber offen sind.

Messung der Rückenfettdicke

Durch die Messung der subkutanen Fettschicht der Kühe hat der Tierarzt eine objektive und einfach durchführbare Möglichkeit, die Körperkondition der Tiere einzuschätzen. Ziel der Untersuchung: Die Messung der Rückenfettdicke dient zur Beurteilung der energetischen Versorgung einer Herde. Sie erfolgt am Einzeltier zwischen dem oberen Bereich des Hüfthöckers und dem Rand des Sitzbeinhöckers [5]. Auf dieser Strecke wird der Punkt der höchsten Fettauflagerung zwischen Haut und der tiefen Rumpffaszie erfasst (Abb. 5). Zur Untersuchung ist ein Linearschallkopf mit einer Frequenz von 5,0 bis 7,5 MHz gut geeignet.

Achtung: Die Messung der Rückenfett dicke dient der Beurteilung der ener getischen Versorgung einer Herde.

Sinnvoll ist es, die Rückenfettdicke zu festgelegten Zeitpunkten des Reproduktionszyklus zu bestimmen. Hierzu bieten sich der Termin des Trockenstellens, die Tage vor der erwarteten Kalbung, der Beginn der Besamungsperiode, die Trächtigkeitsuntersuchung und ein Zeitpunkt in der späteren Laktation an. Konsequenzen aus den Befunden: Zusammen mit den Daten aus den Milch leistungsprüfungen kann der betreuende Tierarzt dem Landwirt Empfehlungen zur Anpassung der Futterration geben. Ziel ist es, die Tiere entsprechend ihres Laktations abschnittes energetisch ausgewogen zu versorgen und durch eine optimale Körperkondition zur Gesunderhaltung der Kühe beizutragen.

Literatur:

[1] Kasimanickam R. et al. (2004): Endometrial cytology and ultrasonography for the detection of subclinical endometritis in postpartum dairy cows. Theriogenology 62, 9 – 23.
[2] Lenz M. et al. (2007): Evaluation of the diagnosis of subclinical endometritis in dairy cattle using ultrasound. BerlMünchTierärztlWschr. 120, 237 – 244.
[3] Heuwieser W. et al. (2000): Effect of three programmes for the treatment of endometritis on the reproductive performance of a dairy herd. VetRec. 146, 338 – 341.
[4] Müller, K. et al. (1999): Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Trächtigkeitsuntersuchung mittels Ultraschall zwischen dem 20. und 34. Tag nach der künstlichen Besamung beim Rind. PraktTierarzt 80, 1097 – 1104.
[5] Schröder U. J., Staufenbiel R. (2006): Methods to determine body fat reserves in the dairy cow with special regard to ultrasonographic measurement of backfat thickness. JDairySci. 89,1 – 14.

Foto: © Prof. Dr. Marc Drillich

HKP 1 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 1 / 2012.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
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Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.