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PED und PRRS erfolgreich unter Kontrolle bringen

PED und PRRS erfolgreich unter Kontrolle bringen

Fokus Schwein

Mitte Mai informierten sich Tierärzte in Melle im Rahmen der Fortbildungsreihe Schwein von Boehringer Ingelheim Vetmedica über neueste Erkenntnisse zu PRRS und PED. Dabei wies Dr. Laura Batista von der Université Laval in Quebec, Kanada auf neue Risiken bei PRRS (Porcine Reproductive and Respiratory Syndrome) hin.

„Die Globalisierung und der damit verbundene steigende Transport von Personen, Schweinen und Betriebsmitteln sowie Futter bringt gänzlich neue Gefahren für die Schweineindustrie. Viren wie PRRS werden auf diese Weise schneller verbreitet und führen bei Ausbruch zu enormen wirtschaftlichen Verlusten, auch aufgrund des Trends zu immer größeren Anlagen mit mehr als 10.000 Sauen an einem Platz. Hier sind die wirtschaftlichen Folgen eines Ausbruchs immens.“ Dr. Laura Batista


Dr. Laura Batista

PRRS-Kontrolle hält Virus in Schach

PRRS sei mit der Influenza die kostspieligste ­Erkrankung weltweit. Das Virus zu eliminieren sei extrem schwierig, daher steige die Bedeutung der Impfung. Es müsse Ziel sein, die Erkrankung durch verschiedene Maßnahmen zu kontrollieren. In den USA sei die Zahl der PRRS-Ausbrüche seit 2013/14 aufgrund einer besseren PRRS-Kontrolle zurückgegangen. „Die Basis der PRRS-Kontrolle besteht darin, einer Infektion vorzubeugen, die Exposition zu minimieren­ (Bio­sicherheitsmaßnahmen) sowie die Immu­nität durch Impfung zu maximieren“, so Dr. B­atista. „Boehringer Ingelheim hat hierfür einen praktischen 5-Punkte-Stufenplan für die nachhaltige PRRS-Kontrolle entwickelt: Zieldefinition (was will ich für meinen Bestand erreichen?) – Statusbestimmung (PRRS-positiv -instabil/-stabil oder negativ?) – Risikoanalyse (wo kann PRRSV eindringen?) – Lösungsansätze (Impfung Sau/Ferkel, mehr Biosicherheit?) – Erfolgskontrolle (Monitoring). Geht man diese Stufen für jeden Betrieb durch, ist man bei der PRRS-Kontrolle auf einem guten Weg.“


PRRS-Übertragungswege
Quelle: © Boehringer Ingelheim


5-Punkte-Plan
Quelle: © Boehringer Ingelheim

Immunität gleichschalten durch Impfung

Eine recht übliche PRRS-Kontrollstrategie sei die des „Bestand aufstocken und schließen und Gleichschaltung der Immunität durch Bestands­impfung“ (engl. load-close-homogenize). Das bedeute, den Jungsauenzukauf für bis zu acht bis zehn Monate vorziehen, anschließend kein Lebendtierverkehr in den Betrieb für diesen Zeitraum und Gleichschaltung der Immunitätslage durch Gesamtbestandsimpfung inklusive der Ferkel. Batista schlägt verschiedene Maßnahmen vor, um die PRRS-Kontrolle so gut wie möglich durchzuführen. „Abgesehen von der PRRS-Impfung, mit deren Hilfe wir die Immunität der Tiere erhöhen und die Virusausscheidung minimieren, sind hohe Biosicherheitsauflagen im Betrieb sehr wichtig. Eine gute Bio­sicherheit kann trotz weiterer Risiken enorm helfen, den Bestand vor Erkrankungen zu schützen. Doch Biosicherheit muss nicht nur geplant, sondern auch ausgeführt und überwacht werden. Daran hapert es oft.“

Biosicherheit verschärfen

Zuerst sei es wichtig, anhand einer Biosicherheitscheckliste alle möglichen Übertragungswege auf dem Betrieb zu definieren. „Wir müssen verstehen, wie PRRSV funktioniert. PRRSV ist sehr persistent und mutationsfreudig, gerade Anfang 2015 haben wir in den USA einen hochvirulenten Stamm (1-7-4) entdeckt, der sehr aggressiv ist. Das Virus kann durch infiziertes Sperma, Transport, Materialien, Tierkontakt, Personenkontakt, Stallkleidung, Futter, Schadnager, Gülle und sogar über die Luft übertragen werden. Letzteres gelingt umso besser, je feuchter die Luft und je geringer die Ozonstrahlung ist, denn Feuchtigkeit begünstigt den Transport der PRRS-Viren mit der Luft. Beim Transport sind die Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen extrem wichtig. Nach jedem Tiertransport muss dies durchgeführt werden und zwar mit geeigneten Desinfektionsmitteln und der richtigen Technik. Oft wird die Trocknungszeit zwischen Reinigung und Desinfektion nicht eingehalten, und schon kann das Desinfektionsmittel nicht richtig wirken.“ In den USA hätten viele Betriebe auch aufgrund der PED-Krise externe Verladestationen gebaut, in denen die Tiere warten, bis der Viehtransporter sie abholt. Das vermeidet, dass der Transporter auf den Betrieb fahren muss – ein Risiko weniger, den Betrieb mit einem Erreger zu kontaminieren. Batista betont, dass diese Maßnahmen von allen Betriebsmitarbeitern ausgeführt werden müssen. Das gehe nur mit entsprechender Weiterbildung ­aller Personen, die auf dem Betrieb arbeiten bzw. mit dem Betrieb in Kontakt kommen.

Gemeinsam regionales Kontrollprogramm etablieren

Batista appelliert an die Tierärzte und Schweine­halter, verstärkt miteinander in ihrer Region als Team zu arbeiten und gemeinsam betriebliche und regionale Kontrollprogramme einzuführen, denn schließlich seien durch die vielfältigen PRRS-Übertragungswege alle voneinander abhängig. So entstünde eine regionale Verbes­serung der Tiergesundheit, die alleine nicht erreicht werden könne. Weiterhin empfiehlt die Expertin ein kontinuierliches Monitoring aller getroffenen Maßnahmen und regelmäßige Diag­nostik, um den Gesundheitszustand sowie das Management von Schweinepopulationen zu überwachen. „Da das PRRS-Virus sehr persistent ist, ist das Risiko eines Wiederausbruchs in posi­tiven Beständen aufgrund der Viruszirkulation hoch. Eine kleine Unachtsamkeit kann alles vorher Erreichte wieder zerstören.“ Um Fehler zu vermeiden und um die vielfältigen Strategien zur Kontrolle von Viruserkrankungen zu kennen, seien regelmäßige Fortbildungen von allen Beteiligten extrem wichtig. Fachspezifische Netzwerke bilden, miteinander reden, sich austauschen – das sollten Tierärzte noch viel häufiger tun.

PED in Deutschland bisher weniger aggressiv

Warum die Bekämpfung der PED (porcine epidemic diarrhea) in den USA anfangs so schwierig war, erklärte Prof. Dr. Mathias Ritzmann von der LMU München in seinem Vortrag. „Das PED-­Virus gehört wie transmissible Gastroenteritis (TGE) zur Gruppe der Coronaviren, und zwar ist es das Alphacoronavirus II. Zuerst wurde PED deshalb auch mit TGE verwechselt, es hat einige Wochen gedauert, bis damals in den USA die richtige Diagnose vorlag und man sich Bekämpfungsstrategien überlegen konnte.“ Seit April 2013 grassiere PED in den USA, inzwischen seien alle relevanten Bundesstaaten einschließlich Kanada und Südamerika betroffen. Allein vom Herbst 2013 bis zum Frühjahr 2014 starben Schätzungen zufolge rund 7 Mio. Ferkel. PED kommt in verschiedenen genetischen Variationen vor mit unterschiedlicher Virulenz. Da die USA-Isolate fast identisch mit denen aus China seien, nimmt man China als Ursprungort an. „Höchstwahrscheinlich ist das PED-Virus mit dem Transport von Tieren oder Betriebsmitteln in die USA gekommen. Die Experten sind sich recht sicher, dass die Übertragung nicht über Blutplasma stattgefunden hat wie zuerst angenommen. Auch in Deutschland ist PED mittlerweile bei über 100 Betrieben nachgewiesen worden. Hier nehmen wir an, dass es wohl über Personenverkehr ins Land gebracht wurde.“ Klinisch zeigte sich bei Ferkeln in den USA wässriger Durchfall, Erbrechen, Apathie und Anorexie bei 30 bis 50% Letalität. In Deutschland zeigen die Tiere zwar ähnliche, aber mildere Symptome, und es verenden deutlich weniger Ferkel. Der ­Virusstamm scheint nicht so aggressiv zu sein.


Die Checkliste für einen stabilen/nicht-stabilen Bestand
Quelle: Batista

Tiere erkranken erneut an PED

Die Bekämpfung des Virus gestalte sich schwierig. „Besorgniserregend ist, dass Betriebe in den USA, die bereits einmal PED im Bestand hatten, nun nach einigen Monaten ein zweites Mal an diesem Virus erkranken“, so Prof. Ritzmann. „Die Immunität scheint also nicht so lange anzuhalten.“ Es gebe zwei Impfstoffe, die jedoch nur mäßig wirksam seien. „Sie können nicht zur Prophylaxe eingesetzt werden, sondern bewirken nur eine lokale Immunität in bereits erkrankten Beständen und können so die Klinik abmildern“, so Prof. Ritzmann. „Deshalb muss man alles daran setzen, das Virus aus dem Bestand zu drängen. Das schaffen die Amerikaner, indem sie strikte Biosicherheitsmaßnahmen auf ihren Betrieben und beim Transport umsetzen. Für die Behandlung erkrankter Bestände wird eine Kontaktsuppe aus dem Darm oder auch Kot eines erkrankten Ferkels angesetzt und diese an etwa 100 Sauen verfüttert. Manche Betriebe versprühen es auch. Erreicht wird damit, dass sich alle Sauen mit dem Erreger in geringer Konzentration auseinandersetzen, so eine eigene Immunität ausbilden und ihre Ferkel über die Milch schützen. Dann muss gründlich gereinigt und desinfiziert werden und die Ferkel werden bereits ab dem 10. Lebenstag abgesetzt, damit sie sich nicht an der Sau infizieren.“ In Deutschland seien Frühabsetzen und Gabe von Kontaktsuppe auf Grund der gesetzlichen Grundlagen nicht möglich. Hierzulande seien die Stallräumung mit Reinigung und Desinfek­tion sowie bis zu sechs Wochen Leerstand derzeit das Mittel der Wahl. Prof. Ritzmann warnte schließlich davor, dass auch die hochvirulente PED-Variante nach Deutschland kommen könne. „In der Ukraine ist diese Variante, die identisch mit der aus den USA ist, seit Jahresanfang nachgewiesen. Wir sollten unsere Biosicherheitsmaßnahmen deshalb sehr ernst nehmen.“


Prof. Dr. Mathias Ritzmann
Fotos: © Engels

take home

Strategien zur Vermeidung der PRRS-Viruszirkulation:

• PRRS-negatives Sperma
• Gute Jungsaueneingliederung
• Gutes Biestmilchversorgung
• McRebel-Maßnahmen umsetzen in Abferkelung
• Negative Ferkel absetzen
• Reduzierung/Beseitigung der Virenübertragung zu den Ferkeln bzw. Saugferkeln (z.B. Ferkelimpfung)
• Stalleigene Werkzeuge nutzen
• Striktes Rein-Raus in allen Bereichen
• Monitoring, z.B. mittels der oral-fluid-Methode
• Konstante Risikoanalyse

Foto: © istockphoto.com, t-lorien

HKP 5 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2015.
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„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.