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Diätmanagement übergewichtiger Katzen

Diätmanagement übergewichtiger Katzen

Die fetten Jahre sind vorbei

Auch wenn Übergewicht häufig lediglich als „Schönheitsmakel“ empfunden wird, sind die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit unumstritten. Neben Folgeerscheinungen wie Diabetes mellitus/Insulinresistenz, Gelenk-, Haut- und Harnwegserkrankungen, einem erhöhten Auftreten von Krebs und einer verkürzten Lebenserwartung wird Adipositas auch zunehmend als Zustand chronischer Entzündung anerkannt. Dr. Julia Fritz zeigt Hintergründe auf und gibt Tipps zur Rationsgestaltung.

Wichtig für ein erfolgreiches Diätprogramm sind ein langfristiges und individuelles Behandlungs- und Betreuungskonzept. Der Tierarzt sollte bei der Beratung Feingefühl zeigen und den Besitzer in seinem Vorhaben bestärken. Es empfiehlt sich außerdem, sich so nah wie möglich an den bisherigen Fütterungsgewohnheiten und den Wünschen des Besitzers zu orientieren, da ein Diätprogramm meist ein langwieriges Unterfangen ist. Die Katze gilt als übergewichtig, wenn das aktuelle Gewicht 10 – 20 % über dem Idealgewicht liegt und als adipös, wenn es mehr als 20 % sind. Einer aktuellen Studie zufolge beträgt das Idealgewicht der Europäisch Kurzhaar Katze 3,4 kg für weibliche Tiere und 4,3 kg für männliche Tiere (Tab. 1). Erfahrungsgemäß wird dies häufig überschätzt. Um dem Entstehen von Übergewicht vorzubeugen, sollte bereits zum Zeitpunkt der Kastration eine Reduzierung der Futtermenge um 20 – 30 % empfohlen werden und das Gewicht im ersten Jahr nach der Kastration regelmäßig kontrolliert werden. Für eine ausreichende Gewichts reduktion muss die Kalorienzufuhr um etwa 30 – 40 % reduziert werden. Eine Ausnahme sind extrem dicke Katzen, bei denen anfangs eine geringere Energierestriktion (ca. 20 – 30 %) sinnvoll ist, um einen zu schnellen Körperfettabbau und eine übermäßige Anflutung von Fettsäuren und damit verbunden die Gefahr der hepatischen Lipidose zu vermeiden. Wenn die erste Energiereduktion jedoch nicht zu einem Gewichtsverlust führt, muss natürlich mehr reduziert werden. Wenn das Gewicht im Laufe der Diät stagniert, was häufig nach einiger Zeit der Fall ist und auf einer Gegenregulation des Körpers beruht, sollte die Futtermenge ein klein wenig mehr reduziert werden, 5 – 10 % reichen i.d.R. aus.

Die richtige Diät

Katzen zeigen eine mechanische Sättigung durch Dehnung des Magens, was man bei der Rationsgestaltung nutzen kann. Die Diät sollte daher aus voluminösem Futter geringer Energiedichte bestehen, am besten also Nassfutter. Alternativ gehen auch frische Komponenten wie mageres Fleisch/Fisch oder Quark, die allerdings bei alleiniger oder überwiegender Fütterung mit Mineralstoffen und Vitaminen ergänzt werden müssen. Solche Futtermittel sind außerdem vergleichsweise eiweißreich, was bei einer Reduktionsdiät ebenfalls wichtig ist, damit es nicht zu einem verstärkten Abbau von Muskelmasse kommt. Außerdem tragen proteinreiche Futter dazu bei, die Insulinsensitivität zu verbessern und den Fettabbau zu erleichtern. Spezielle Diätfuttermittel haben ebenfalls einen hohen Eiweißgehalt bei niedriger Energiedichte. In Tabelle 2 sind die Kalorien- und Proteingehalte verschiedener Futtermittel zum Vergleich dargestellt. Um das Volumen der Futterportion noch mehr zu erhöhen, kann außerdem Futterzellulose beigemengt werden, die eine hohe Wasserbindungsfähigkeit hat und in erster Linie als Ballaststoff dient. Durch eine Ergänzung mit Zellulose wird die Peristaltik angeregt und die Verdaulichkeit des Futters reduziert, sodass weniger Kalorien aufgenommen werden. Die tägliche Dosierung beträgt 0,5 – 1 g pro Kilogramm Körpergewicht. Ein gehäufter Teelöffel entspricht in etwa 1 – 2 g, sodass der Einfachheit halber die Zugabe eines gehäuften Teelöffels pro Mahlzeit empfohlen werden kann. Die Verträglichkeit von Zellulose ist individuell verschieden, daher sollte die Mengen zu Beginn langsam gesteigert werden. Zellulose kann mit etwas Wasser gemischt direkt ins Futter gegeben werden. Eine weitere sinnvolle Ergänzung ist L-Carnitin, das die Fettverbrennung fördert und den Abbau von Muskulatur verringert (50 – 100 mg L-Carnitin pro Tier und Tag bzw. mind. 500 mg/kg Trockensubstanz). Außerdem bietet es einen gewissen Schutz bei hepatischer Lipidose. Kaloriengehalte und Packungsgröße sind je nach Nassfutter unterschiedlich (50 g, 70 g, 85 , 100 g; s. hierzu auch Fuß note bei Tabelle 2). Um es dem Besitzer zu erleichtern, sollte man die Ration so gestalten, dass er mehrmals am Tag eine halbe Dose oder einen halben Frischebeutel füttern kann. Eine Aufteilung auf mehrere kleine Portionen entspricht außerdem dem natürlichen Fressverhalten der Katze. Da Fett doppelt so viel Kalorien enthält wie Eiweiß und Kohlenhydrate, sollten Nassfutter mit geringen Fettgehalten gewählt werden (?1 %). Trockenfutter, das wesentlich kaloriendichter ist als jedes Nassfutter, sollte nur in kleinen Mengen gefüttert werden (max. 10 – 15 g). Am besten sind hierbei spezielle Diätfuttermittel, die eine geringere Energiedichte haben als herkömmliche Futtermittel. Wenn die Katze kein Diätfutter frisst, sollte zumindest die Light-Variante des aktuellen Futters gefüttert werden. Wenn die Tiere auf Nassfutter umgestellt werden, kann es passieren, dass sie ihre Wasseraufnahme reduzieren oder sogar ganz einstellen. Am besten warnt man die Besitzer vor. Außerdem sollte man darauf hinweisen, dass ein Wechsel auf ein ballaststoffreiches Futter (entweder in Form eines Diätfuttermittels oder durch eine Ergänzung mit Zellulose) mit einer Erhöhung der Kotmenge einhergeht. Eine langsame Gewichtsabnahme von 1 – 2 % pro Woche ist ideal. Bei einer 8 kg schweren Katze wäre dies beispielsweise zwischen 80 und 160 g. Es ist hilfreich, den Besitzern eine Gewichtsabnahmekurve mitzugeben (Abb. 1) und ihnen die Anschaffung einer geeigneten Waage nahezulegen. Anhand der Kurve können die Besitzer auch den zeitlichen Rahmen der Diät einschätzen. Sobald die Katze ihr Ideal gewicht erreicht hat, sollte sie natürlich auf keinen Fall wieder die frühere Ration erhalten. In der Regel reicht es aus, den Energiegehalt um etwa 20 % zu erhöhen.

Fallbeispiel Kater Oskar

Der 13-jährige kastrierte Kater Oskar hat ein aktuelles Gewicht von 7,4 kg und ein Idealgewicht von ca. 5 kg, er hat also fast 50 % Übergewicht. Er geht nur in den Garten und es ist noch eine zweiteKatze im Haus. Die Besitzerin hat früher schon mal über längere Zeit ein Diättrockenfutter gefüttert (auch eines vom Tierarzt), allerdings ohne großen Erfolg. Derzeit bekommt Oskar 40 g eines herkömmlichen Trockenfutters sowie eine halbe Schale Nassfutter (50 g) und 2 g getrocknete Putenbrust als Leckerli. Er mag sowohl Trocken- als auch Nassfutter gerne, am liebsten aber das Trockenfutter. Das Nassfutter bekommt er morgens, die eine Hälfte Trockenfutter nachmittags und die andere Hälfte am Abend. Von der anderen Katze frisst Oskar nichts, denn diese wird auf einem erhöhten Platz gefüttert, wo Oskar nicht hin kommt. Die tägliche Kalorienaufnahme beträgt damit knapp 200 kcal, was bereits 80 % des durchschnittlichen Erhaltungsbedarfs einer Katze vergleichbarer Körpermasse entspricht. Da Oskar mit dieser Menge zumindest sein Gewicht gehalten hat, entspricht dies seinem individuellen Energiebedarf. Für die Reduktionsdiät wird der Kaloriengehalt auf 130 kcal reduziert (35 % weniger). Das Trockenfutter wird gegen ein Diät futter ausgetauscht und die Menge auf 15 g täglich reduziert. Das Nassfutter wird im Gegenzug auf insgesamt 130 g erhöht (1/2 Schale plus 1 Frischebeutel à 70 g). Die Besitzerin achtet außerdem auf Sorten mit einem geringen Fettgehalt. Den Fleischstreifen gibt sie nur noch zweimal die Woche. Obwohl die Kalorienmenge drastisch reduziert wurde, ist die Portionsgröße jetzt größer als vorher (145 g anstelle 90 g). Auch der Eiweißbedarf ist ausreichend gedeckt. Zusätzlich ergänzt die Besitzerin das Nassfutter mit Zellulose.
Oskar und die Besitzerin kommen mit der Futterumstellung gut zurecht. Das Nassfutter wird auf drei Mahlzeiten aufgeteilt, nach der Oskar jedes Mal ein zufriedenes Verdauungsschläfchen macht. Das Trockenfutter bekommt er über die Nacht. Gebettelt hat er anfangs sehr, aber nach einiger Zeit hat er sich an die neue Fütterung gewöhnt und bettelt jetzt in einem zu ertragenden Maß. Nach vier Monaten hat er bereits 1,5 kg abgenommen. Außerdem geht er jetzt wieder mehr in den Garten und spielt auch wieder mit der anderen Katze. Das Gewicht war zwischenzeitlich mal stagniert, die Besitzerin hatte dann das Trockenfutter auf die Hälfte reduziert.

Um die Tabellen zu sehen, laden Sie sich bitte das PDF (rechts oben) runter.

Foto: © Dr. Julia Fritz

HKP 1 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 1 / 2012.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.