Hochleistungssportler im Kuhstall
Hochleistungssportler im KuhstallEnergiedefizit moderner Milchkühe
Eine erhöhte Milchleistung geht mit einer verbesserten Energieeffizienz bei reduzierter Emissionsbelastung pro kg produzierter Milch einher. Dieser Beitrag zur Nachhaltigkeit erfordert jedoch eine enorme Stoffwechselleistung der Kühe. Da bei der Zucht auf eine Milchleistungssteigerung, nicht aber auf die gleichzeitige Hohe Milchleistungen brauchen hohe Stoffwechselleistungen Moderne Milchkühe sind infolge jahrzehntelanger Zuchtauswahl und verbesserten Ernährungs- und Managementstrategien heute in der Lage, bei verbesserter Energieeffizienz enorme Mengen an Milch zu produzieren [1]. Fünfzig kg Milch pro Tag sind heute, insbesondere zu Anfang der Laktation (ca. 4.–6. Laktationswoche) – also im Anschluss an die Geburt des Kalbes – keine Seltenheit mehr. Einzelkuhleistungen von über 15.000 kg/Jahr und Herdenleistungen von über 10.000 kg/Jahr sind in guten Betrieben heute fast schon die Regel. Dahinter steht eine enorme Stoffwechselleistung: So müssen pro kg produzierte Milch ca. 500 l Blut durch das Euter fließen und bei einer Tagesleistung von 50 kg Milch müssen etwa 4 kg Glucose, 1,8 kg Protein und 2 kg Fett bereitgestellt werden. Daher besitzen die Nährstoffversorgung und die Syntheseprozesse in der Milchdrüse oberste Priorität im Stoffwechsel der Milchkuh. Die Futteraufnahme steigt aber nach der Geburt des Kalbes nur langsam an und kann den stark erhöhten Nährstoff- und Energiebedarf nicht ausgleichen. Dadurch entsteht ein Energiedefizit. In der Folge setzt die Milchkuh zum Ausgleich in hohem Maße Körperreserven ein. Dabei werden Aminosäuren aus der Skelettmuskulatur und insbesondere Körperfett abgebaut. Stoffwechselrelevante Hormone unterstützen diese Umbauprozesse. Sie sorgen für eine im gesamten Organismus veränderte Stoffwechsellage, sodass ausreichend Substrate für die Milchbildung zur Verfügung stehen. Stoffwechselveränderungen im Zusammenhang mit dem Energiedefizit in der Frühlaktation
Das metabolische Profil während der frühen Laktation umfasst niedrige Konzentrationen von Insulin und Glucose im Plasma sowie geringe Leberglykogen-Konzentrationen, während Glucagon, Adrenalin, Wachstumshormon sowie Parameter des Lipidstoffwechsels hoch sind. Ein wesentlicher Indikator für die Intensität des Fettabbaus ist die Konzentration an nicht veresterten Fettsäuren im Blut, so genannten NEFA (Non-Esterified Fatty Acids). Sie können in der Leber vollständig oxidiert werden und dienen so der Energiegewinnung. Werden jedoch zu viele NEFA aus Körperfett freigesetzt, kommt es zu einer unvollständigen Oxidation und es bilden sich erhöhte Konzentrationen an Ketonkörpern (siehe Kasten) wie ß-Hydroxybuttersäure (BHB). Im Zeitraum um die Geburt und in der Frühlaktation zeigen die NEFA und BHB einen charakteristischen Verlauf. Syntheseapparat Kuh Infolge der mikrobiellen Umsetzungen in den Vormägen der Kuh werden im Darm pro Tag höchstens 1 bis 1,5 kg Stärke verdaut und dementsprechend Glucose absorbiert. Der überwiegende Teil des gesamten Glucosebedarfs von bis zu 4 kg muss daher in der Leber durch Neusynthese bereitgestellt werden, vor allem aus Produkten der Fermentation der Kohlenhydrate in den Vormägen und dem Abbau von Körperproteinen und Körperfett (Propionsäure, glucoplastische Aminosäuren, Glycerol). Die Glucoseneubildung ist ein energieaufwändiger Vorgang. Sie verläuft über die Zwischenstufe Oxalacetat, das auch im Citratzyklus benötigt wird. Glucose wird dann in das Blut ausgeschleust und gelangt ins Euter, wo sie zu Lactose umgesetzt wird. Für die Milchfettbildung ist eine Nettosynthese von bis zu 2 kg Fett in der Milchdrüse erforderlich. Da die Futterrationen von Kühen normalerweise nur wenig Fett enthalten, stammen die dafür benötigten Fettsäuren nur zu einem Drittel aus der Absorption. Neben mobilisierten Körperfettsäuren decken neu synthetisierte Fettsäuren zu etwa der Hälfte den Bedarf. Für diese Neusynthese der Fettsäuren aus Acetat des Pansenstoffwechsels wird ebenfalls Glucose benötigt. Die Glucosebereitstellung im Stoffwechsel ist daher letztlich ausschlaggebend für hohe Milchleistungen der gesunden und fruchtbaren Kuh. Sind überkonditionierte Kühe anfälliger für Beeinträchtigungen durch Energiedefizit?
Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf untersuchten gemeinsam mit Partnern ausUniversität und Praxis in einer Studie Leistung sowie Stoffwechsel- und endokrine Parameter von Hochleistungskühen. Sie wählten dazu zwei Gruppen von Tieren aus – und zwar Kühe mit einem hohen Leberfettgehalt (21 g/100 g Lebergewebe) am zehnten Tag nach der Abkalbung und zum Vergleich Kühe mit einem niedrigen Leberfettgehalt (8 g/100 g) [4]. Kühe mit einem hohen Leberfettgehalt waren schon vor der Abkalbung fetter als ihre mageren Artgenossen. Bei etwa gleicher Milchproduktion nahmen die fetteren Kühe jedoch vor dem Abkalben und in den ersten sechs Wochen der Laktation beträchtlich weniger Futter zu sich. Diese Tiere wiesen daher im Vergleich auch eine stärker ausgeprägte negative Energiebilanz sowie eine höhere Konzentration unveresterter Fettsäuren und Ketonkörper im Blutplasma auf. Es deutete sich auch an, dass das Fortpflanzungsgeschehen bei den Tieren mit dem höheren Leberfettgehalt verzögert war.
metges@fbn-dummerstorf.de
[1] Flachowsky, G. (2008): Wie kommen wir zu CO2-Footprints für Lebensmittel tierischer Herkunft? Archiv für Tierzucht 51, 67–82. Foto: © FBN Dummerstorf |
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