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Wölfe - Interview mit Günther Bloch

Kreativ und emotional

Günther Bloch gründete 1977 das Kaniden-Verhaltenszentrum Hunde-Farm „Eifel“ und 1991 mit Hilfe des Zoologen Dr. Erik Zimen und Elli Radinger die „Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V.“. Seit 1992 studiert er zusammen mit seiner Frau Karin das Sozialverhalten von Timberwölfen in den kanadischen Rocky Mountains unter der Leitung des Verhaltensökologen Dr. Paul Paquet (Universität Calgary/Canada). Masiar Sabok Sir sprach mit dem Wolfexperten über seine Arbeit und seine Erfahrungen mit den faszinierenden Tieren.

Herr Bloch, wieviel typische Wolfseigenschaften sind heute noch im Haushund reflektiert?

Vorneweg: Wolf und Hund sind hoch sozial, revierbezogen und Beutegreifer. Wie unsere neusten Verhaltensstudien eindeutig belegen, sozialisieren sich Wolf und Rabe von Jung an. Beide Arten leben permanent in einer sozialen Mischgruppe zusammen. Das ausgeprägte „Faible“ des Hundes, sich als Welpe mit anderen Arten wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Papageien zu sozialisieren, ist demnach keine Folge der Haustierwerdung, sondern wölfisches Erbe. Ist das nicht sensationell?

Die Hunde-Farm „Eifel“ ist die einzige Hundeschule Deutschlands, die seit 18 Jahren kontinuierliche Verhaltensstudien an frei lebenden Wölfen durchführt. Berichten Sie uns bitte ein wenig von Ihrer Arbeit und ihren Forschungsergebnissen!

Die Studien zeigen ganz klar, dass Wölfe nicht streng hierarchisch in Familienverbänden leben. DEN Alphawolf gibt es nicht. Bedürfnisse werden rang-, alters- und geschlechtsunabhängig gegenseitig signalisiert und angeglichen. Wolfseltern fungieren als Idolfiguren mit sozialer Kompetenz. Sie haben mindestens so viele Pflichten wie Rechte. Sie geben dem Nachwuchs Halt, Schutz, Geborgenheit und erteilen wohl überlegten Lebensunterricht. Übrigens: Oftmals sind es Leitweibchen, die den Lebenstakt vorgeben und als primäre Entscheidungsträger auftreten. Wolfseltern arbeiten allerdings stets sehr eng zusammen.

Sie halten sich seit 1992 jedes Jahr mindestens sechs Monate pro Jahr bei den im Bowtal des kanadischen Banff Nationalparks lebenden Wölfen auf. Was fasziniert Sie an diesen Tieren so sehr?

Mich fasziniert in erster Linie ihr hoch komplexes Sozialverhalten, vom dem in erster Linie wir Menschen viel lernen können. Alte, schwache, kranke oder verletzte Familienmitglieder fallen nicht durchs soziale Raster. Im Gegenteil: Sie werden nicht abgeschoben. Stattdessen erhalten sie hier regelmäßig soziale Unterstützung und werden mit Nahrung versorgt, bis sie wieder gesund sind. Und Wölfe zeigen ein unglaubliches Spektrum an Emotionen und Gefühlen. Sie lieben, sie trauern, sie drücken momentane Freude oder Wut aus. Jede Wolfsfamilie verhält sich anders, hat eine eigene Tradition. Wölfe verfügen über eine unglaubliche Kreativität und Experimentierfreude, über eine soziale Intelligenz und über eine spezifische Lebensraumintelligenz – ganz wie wir. Und: Wie wir im Bereich unserer Kognitionsforschung sehen, zeigen alle Familienmitglieder auch eine Art kollektive Intelligenz. Sie können sich in die Gestimmtheit und Stimmung ihres Gegenübers hineinversetzen. Hier sind wir zum Schluss wieder beim Hund. Auch der ist ein gruppenorientierter Individualist mit einer reichen Gefühlswelt. Sie sehen, wir vergleichen Wolf und Hund eben nicht bzgl. Irgendwelcher dummer Rangordnungs- oder Dominanzgründe.

HKP 6 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2009.
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