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Akute-Phase-Proteine

Klinisch unauffällig, aber trotzdem schwer erkrankt?

Die Analyse Akuter-Phase-Proteine (APP), speziell des C-reaktiven Proteins (CRP), ist seit ihrer Entdeckung in den 1930er-Jahren in der Humanmedizin seit Jahrzehnten etabliert und gehört in nahezu jeder Arztpraxis zur Routine. In der Veterinärmedizin stellt dies hingegen immer noch eine Ausnahme dar [1,2].

Tab.1 Spezies-spezifisches Akute-Phase-Proteine modifiziert nach [1] und [2]

Dabei bestätigt eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen die breite Anwendungsmöglichkeit und den diagnostischen Erkenntnisgewinn der Akuten-Phase-Proteine auch für den Veterinärmediziner [1–3]. Sie bieten nicht nur einen wesentlich sensiti­veren Nachweis systemischer Entzündungsreaktionen, als dies durch die klinischen Befunde, Leukozytenzahl und Differenzialblutbild gewährleistet werden kann, sondern ermöglichen darüber hinaus auch eine bessere Einschätzung des Therapieerfolges und der Prognose [1]. Die Anwendung der Akute-Phase-Proteine in der Praxis war lange Zeit aufgrund fehlender kommerzieller Testsysteme limitiert. Doch obwohl bereits seit einigen Jahren auch dem Veterinärmediziner automatisierte in-house-Analysemethoden zur Verfügung stehen [1], wird dieses diagnostische Potenzial nur vereinzelt genutzt [2]. Es stellt sich die Frage: Warum verzichten Tierärzte nach wie vor auf diese wertvollen Parameter?

Akute-Phase-Reaktion

Die Akute-Phase-Reaktion stellt eine sehr frühzeitig einsetzende Reaktion des Organismus dar, die noch vor der Stimulation spezifischerer Immunreaktionen und damit in vielen Fällen vor dem Einsetzen deutlicher klinischer Symptome abläuft. Akute-Phase-Proteine repräsentieren damit sehr sensitive Marker für systemische Entzündungsprozesse [3, 5]. Sie reagieren tierartspezifisch in unterschiedlichem Ausmaß [3] (Tab.1). Die bedeutsamsten APP werden in major und moderate APP eingeteilt. Major APP (z.B. CRP beim Hund, Serum Amyloid A bei der Katze und beim Pferd) steigen schon innerhalb von 24–48 Stunden nach Stimulation um das 10- bis 100-Fache (seltener um das bis zu 1000-Fache) an, während moderate APP zeitlich verzögert und weniger stark ansteigen (5- bis 10-fache Erhöhung innerhalb von zwei bis drei Tagen). Vermittelt durch die von Monozyten freigesetzten Zytokine (IL-1, IL-6 und TNF-a) erfolgt die Synthese der positiven APP vorrangig in der Leber. Ursächliche Auslöser der Zytokin-Freisetzung in den Monozyten können neben bakteriellen Toxinen und ischämischen, infektiösen oder neoplastischen Gewebeschäden grundsätzlich Traumata jeglicher Art sein [3, 4].


Tab.2 Faktoren die zu erhöhter Konzentration speziesspezifischer APP beim Kleintier führen (nach [1])

Akute-Phase-Proteine als Screening-Parameter, insbesondere in subklinischen Prozessen

Da die Synthese der APP durch eine Vielzahl von Noxen ausgelöst wird, sind sie nicht spezifisch für eine bestimmte Erkrankung [3]. Major APP können allerdings aufgrund ihres schnellen und deutlichen Konzentrationsanstieges und ihrer kurzen Halbwertszeit einen wesentlich sensitiveren Parameter für systemische Entzündungsreaktionen darstellen, als dies in der Regel für die Körpertemperatur oder die Leukozytenzahl zutrifft [3]. Die APP geben daher bei unspezifischen oder fehlenden klinischen Symptomen wertvolle zusätzliche Informationen [4]. Mit ihrer Hilfe können systemische Entzündungsreaktionen aufgrund von Infektion, Neoplasien etc. sehr schnell belegt oder ausgeschlossen werden. Die Tabellen 2 und 3 geben einige der Erkrankungen wieder, bei denen ein Anstieg Akuter-Phase-Proteine bereits beschrieben ist [1,4]. Die Möglichkeit, mittels der APP auch subklinische Entzündungsreaktionen nachzuweisen, ist nicht nur für die Kleintier­medizin von besonderem Interesse, sondern bietet auch für Bestandsbetreuung und Herdenmanagement vollkommen neue Optionen [1, 3, 4].


Tab.3 Faktoren die zu erhöhter Konzentration des Serum Amyloid A (SAA) beim Grosstier führen nach [4]

*Akute-Phase-Proteine als wertvoller Parameter für die Therapiekontrolle und
Prognosestellung*

Eine Erhöhung der APP kann grundsätzlich sowohl bei akuten als auch chronischen Entzündungsprozessen festgestellt werden [3]. Ausmaß und Dauer des Konzentratio­ns­anstieges stehen dabei in direktem Zusammenhang mit dem Schweregrad des Entzündungsgeschehens. Daher eignen sich Verlaufsuntersuchungen der APP sowohl als prognostischer Parameter als auch zur Beurteilung des Therapieerfolges, was einen der interessantesten Aspekte darstellt [1, 3–5]. Ein Anschlagen der Therapie sys­temischer Entzündungen wird durch einen Abfall der major APP innerhalb von ein bis zwei Tagen bestätigt [1].

Perspektiven

Wie ein Pionier in der Forschung der Akute-Phase-Proteine bereits 2004 postulierte, ist die Zeit reif für den routinemäßigen Einsatz der Akute-Phase-Proteine. „Die grösste Bedeutung allerdings wird der Analyse der Akute-Phase-Proteine auch in Zukunft als Screening-Parameter für die Gesundheit unserer Haustiere zukommen, (…) wobei jegliches Positiv-Resultat weitere Untersuchungen zur Ermittlung der Ursache erforderlich macht. Ein Untersuchungsregime welches die Akute-Phase-Reaktion ausser Acht lässt, kann zukünftig nur als suboptimal bezeichnet werden.» [6]

take home

Die Akute-Phase-Reaktion stellt die allererste immunologische Abwehr des Körpers auf verschiedenste Schädigungen wie Trauma, Infektion, Entzündung oder Neoplasien dar. Die Akute-Phase-Proteine (APP) sind sehr sensitive, unspezifische Marker systemischer Entzündungsreaktionen. Ausmaß und Dauer des Konzentrationsanstieges stehen in direktem Zusammenhang mit dem Schweregrad des Entzündungsgeschehens. Daher eignen sich die APP sowohl als prognostischer Parameter als auch insbesondere zur Beurteilung des Therapieerfolges.

Literatur

[1] Cray, C. et al. (2009): Acute phase response in animals: a review. Comparative Medicine 59, 517–526
[2] Eckersall, P.D. & Bell, R. (2010): Acute phase proteins: ­Biomarkers of infection and inflammation in veterinary medicine. The Veterinary Journal 185, 23–27
[3] Cerón, J. J. et al. (2005): Acute phase proteins in dogs and cats: current knowledge and future perspectives. Veterinary Clinical Pathology 34, 85–99
[4] Petersen, H.H. et al. (2004): Application of acute phase protein measurements in veterinary clinical chemistry. Veterinary Research 35, 163–187
[5] Murata, H. et al. (2004): Current research on acute phase proteins in veterinary diagnosis: an overview. The Veterinary Journal 168, 28–40
[6] Eckersall, P.D. (2004): The time is right for acute phase protein assays. Vet. J. 168, 3–5

HKP 3 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 3 / 2014.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
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Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.