Neue Instrumente zur Förderung der Zucht gesunder Hunde – Gesundheitsheft und zentrale Gesundheitsdatenbank
Neue Instrumente zur Förderung der Zucht gesunder Hunde – Gesundheitsheft und zentrale GesundheitsdatenbankVon der Wurfkiste bis in den HundehimmelDas Bestreben, Gutes zu tun, ist im Berufsbild des Tierarztes solide verankert. Neben der kurativen bildet die präventive Ebene eine ideale Plattform, diese Berufsphilosophie zu verwirklichen. Über die verflossenen Jahrzehnte hinweg sind ständig neue Vorsorgeuntersuchungen und -tests entwickelt und eingeführt worden. Neue Instrumente sollen nun helfen, echte Probleme aufzuzeigen und die Kräfte zu bündeln. Rückblick Vor rund 50 Jahren wurde mit der Einführung der systematischen Abklärung der Hüftgelenkdysplasiebelastung bei Zuchtrüden und -hündinnen der Grundstein für gesundheitsbezogene Vorsorgeuntersuchungen in der Hundezucht gelegt. Seither gelangten laufend neue Erkrankungen in den Fokus des Interesses der Hundezucht wie zum Beispiel Erkrankungen des Bewegungsapparates (Ellbogengelenkdysplasie, Gelenkosteochondrosen, Spondylose, aseptische Femurkopfnekrose, Patellaluxation), der Augen (progressive Retina- atrophie etc.), des Nervensystems (idiopatische Epilepsie, lumbosakrale Übergangswirbel, Spina bifida, Discusherniation, primäre sekretorische Otitis media, Arnold Chiari-Malformation, Syringomyelie, Taubheit) und des Herzens (Subaortenstenose, Pulmonalstenose). Außerdem werden Hunde zunehmend mit Gentests auf die Belastung mit erblichen Erkrankungen abgeklärt. Ausgangspunkt einer vertieften Auseinandersetzung mit einerrassespezifischen Erkrankung war entweder eine erhöhte Prävalenz in tierärztlichen Praxen oder Kliniken oder in einzelnen Zuchtstätten. Die Mehrheit der oben erwähnten Leiden fanden Eingang in die Zuchtreglemente der betroffenen Rasseclubs, einige verschwanden wieder aus dem Fokus des Interesses, entweder weil die Erblichkeit nicht nachgewiesen, eine systematische Vorsorgeuntersuchung nicht umsetzbar oder die klinische Relevanz zu wenig Bedeutung hatte. Mit der Zunahme der durchgeführten Untersuchungen steigenzwangsläufig die Komplexität und die Unübersichtlichkeit. Dies hat dazu geführt, dass sich interessierte Kreise Gedankenzur Verbesserung der Situation gemacht und entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben. Zentrale Hunde- Gesundheitsdatenbank Jahrelang haben die einzelnen Gutachterstellen und auch viele Rasseclubs unabhängig voneinander eigene Gesundheitsdatenbanken betrieben. In der Schweiz unterhalten die beiden Dysplasiekommissionen beispielsweise je eine separate Datenbank und die Auswertungsresultate werden regelmäßig an die Rasseclubs weitergegeben. Die Ophthalmologen verwalten seit Jahren eine eigene zentrale Datenbank. Die Auswertungsresultate der Augenuntersuchungen werden jedoch nicht automatisch an die Rasseclubs übermittelt. Auf veterinärmedizinischer Seite existiert bis heute keine elektronische Erfassung der in der Schweiz durchgeführten Patella-Luxations-Untersuchungen. Gerade dieser Umstand war der auslösende Faktor, eine zentrale Datenbank in Angriff zu nehmen. Die Schweizerische Kynologische Gesellschaft (SKG) und die Schweizerische Vereinigung für Kleintiermedizin (SVK-ASMPA) beauftragten eine Arbeitsgruppe mit der Planung und Umsetzung eines entsprechenden Projektes. Die Arbeitsgruppe besteht aus ständigen und temporären Mitgliedern der beiden genannten Verbände, Gutachterstellen und potenziellen Datenauswertungsstellen. Die Arbeitsgruppe hat sich in einem fundierten Evaluationsverfahren für ein webbasiertes Produkt entschieden. Die Eingabe der Resultate der Vorsorgeuntersuchungen wird ausschließlich durch die einzelnen Gutachter erfolgen. Die Zugriffsrechte werden rollengemäß erteilt. Beschlossen ist, in einer ersten Phase klinische Augenuntersuchungen, Dysplasiegutachten und Patellaresultate in die zentrale Datenbank einzugeben. Gesundheitsheft
Anekdotische und populärwissenschaftliche Erhebungen zum Gesundheitsstatus einzelner Rassen führen oft zu deren Verunglimpfung – so wie der von Zuchtstätten und Hundehaltern. Dieser Umstand ist einerfundierten und zielgerichteten Zuchtselektion alles andere als förderlich. Die Gesundheitskommission des Schweizerischen Klubs für Berner Sennenhunde (KBS-CH) hat aus dieser Erkenntnis in Zusammenarbeit mit Klinikern und Genetikern der Vetsuisse Fakultät Bern ein Gesundheitsheft entworfen. Ziel dieses Gesundheitsheftes ist die Ermittlung von Gesundheitsdaten über ein ganzes Hundeleben.
- die Art der Konsultation (Routine/Neuerkrankung) Es versteht sich von selbst, dass bei einer Erkrankung nicht bei jeder kurz aufeinanderfolgenden Kontrolle ein neues Formular ausgefüllt werden muss. Werden beispielsweise bei einem Hund mit Hinterhandlahmheit eine Kreuzbandläsion diagnostiziert, einige Tage später eine chirurgische Intervention durchgeführt, wieder einige Tage später die Fäden entfernt und einige Wochen später eine abschließende klinische Kontrolle gemacht, reicht das Ausfüllen dieses Formulars anlässlich der abschließenden klinischen Kontrolle. Als Prinzip gilt jedoch „lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig“. Hingegen ist das Ausfüllen des Formulars anlässlich einer Routinekontrolle beispielsweise für eine Impfung wichtig, da dieser Lebensnachweis in eine Zuchtwertschätzung für die Langlebigkeit einfließen kann. Sinnvolle Datenerhebung
Datenerhebungen sind für den Zuchtfortschritt unerlässlich. Der Aufwand lohnt sich allerdings nur, wenn sie überlegt durchgeführt werden. Die Zuverlässigkeit einer Zuchtwertschätzung eines Zuchthundes beispielsweise steigt insbesondere dann, wenn möglichst viele Nachkommen auf ein Zuchtmerkmal überprüft worden sind. Diskussion
Die gesundheitsrelevanten Selektionskriterien von Rassehunden beschränken sich aktuell auf ausgewählte Merkmale (Gelenkdysplasien, Augenerkrankungen, angeborene Herzmissbildungen etc.). Durch die Einführung der Zuchtwertschätzung für polygenetische und umweltbeeinflusste Merkmale ist die Auslese bei einigen Rassen auf diese Merkmale zusätzlich verstärkt worden. Nicht selten basieren diese Zuchtwertschätzungen auf einer schmalen und nicht zufällig erhobenen Datengrundlage. Die Erhebung von tierarztbasierten Morbiditäts- und Mortalitätsdaten, wie das Indrebø [1] vorschlägt, ermöglicht die Erweiterung des Blickwinkels auf zusätzliche Merkmale. Es versteht sich von selbst, dass bei vielen Merkmalen zuerst eingehende Abklärungen zur Erblichkeit durchgeführt werden müssen, bevor sie Eingang in die Zuchtreglemente finden. Schon die zuverlässige Erfassung der Impf- und Todesdaten könnte für eine zuverlässige Zuchtwertschätzung der Langlebigkeit genutzt werden. Um die Tabelle zu sehen, laden Sie bitte das PDF (rechts oben) herunter. Literatur
[1] Indrebø A. (2007): Animal welfare in modern dog breeding. Acta vet scand 50, 1-6. |
HKP 7 / 2012![]() Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Der Autor:Weitere Artikel online lesen |
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