29.03.2024 08:37 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG - Partner
HKP-4-2009 > Meningitis beim Hund

Meningitis beim Hund

Steril eitrige Meningitis-Arteritis (SRMA) und Akute-Phase-Proteine bei Hunden

Neurologische Erkrankungen werden in spezialisierten veterinärmedizinischen Kliniken und Praxen zunehmend diagnostiziert. Um eine optimale Therapie für den Patienten gewährleisten zu können, ist eine Erforschung der Pathogenese und Pathophysiologie unentbehrlich. Beispielsweise muss eine Erkrankung des Nervensystems nicht unbedingt lokal auf dieses begrenzt sein, sondern kann durchaus den gesamten Organismus eines Patienten betreffen.

Was ist steril eitrige Meningitis-Arteritis?

Die steril eitrige oder „Steroid Responsive“ Meningitis-Arteritis (SRMA) ist die häufigste Form der Meningitis beim Hund [1]. Besonders betroffen sind junge Hunde großer Rassen, z. B. Berner Sennenhunde und Boxer, Weimaraner, aber auch kleinere Rassen wie der Beagle und der Jack Russell Terrier.
Nach heutigem Stand der Wissenschaft wird vermutet, dass ein infektiöses Agens Auslöser der Erkrankung ist. Dieses konnte bis dato jedoch nicht identifiziert werden. Es wird vermutet, dass nach der Auseinandersetzung des Körpers mit diesem unbekannten Umweltfaktor, das eigene Immunsystem überreagiert und eine Autoimmunerkrankung entsteht. Diese Entzündung betrifft die Meningen und die Arterien. Die Erkrankung geht in der Regel mit Fieber und eingeschränktem Allgemeinbefinden mit Inappetenz einher. Die Bewegung der Halswirbelsäule ist hochgradig schmerzhaft und die Tiere zeigen einen steifen Gang mit deutlich abgesenktem Kopf.

Wie wird SRMA diagnostiziert und therapiert?

Die Diagnose der SRMA beruht auf den klinischen Symptomen, möglichen Blutbildveränderungen, wie einer Leukozytose, und vor allem dem charakteristischen Befund der Liquoruntersuchung, der bei einer Entzündung der Hirnhäute verändert ist. Bei der SRMA werden hier massenhaft Entzündungszellen, nämlich neutrophile Granulozyten gefunden [2]. In Abhängigkeit von der Besonderheit des jeweils vorliegenden Falles sollten noch weitere Untersuchungen zur Abklärung der Symptomatik durchgeführt werden, wie z. B. Röntgenbilder der Halswirbelsäule oder eine Kernspintomographie des Kopfes.
Die Therapie der SRMA besteht in einer langandauernden Gabe von entzündungshemmenden und immunsupprimierenden Glukokortikosteroiden über mindestens sechs Monate [2]. Ohne Diagnosestellung mithilfe einer Liquoruntersuchung sollte diese Therapie nicht begonnen werden. Eine Therapiekontrolle wird alle vier bis sechs Wochen durchgeführt, d.h. die Patienten werden unter der Therapie zur Kontrolle der klinischen Symptome, des Blutbildes, der Leberwerte und zur Liquoruntersuchung vorgestellt. Diese Untersuchungen sind zwingend notwendig, um über die weitere Dosis der Medikation entscheiden zu können. Diese darf nur sehr langsam reduziert werden, weil bei dieser Erkrankung Rückfälle möglich sind und die davon betroffenen Tiere sprechen dann oft schlechter auf die Therapie an [2].

Akute-Phase-Reaktion – Akute-Phase-Proteine

Die Akute-Phase-Reaktion ist eine stammesgeschichtlich sehr alte Form des körpereigenen unspezifischen Abwehrsystems. Vor allem bei Entzündungen werden im Rahmen dieser Abwehrreaktion bestimmte Eiweiße produziert, die Akute-Phase-Proteine, die der unspezifischen Abwehr dienen [3]. Diese Akute-Phase-Proteine werden seit einigen Jahren zunehmend in der veterinärmedizinischen Diagnostik eingesetzt [3]. So ist zum Beispiel das C-reaktive Protein (CRP) ein Eiweißstoff, der sowohl beim Menschen wie auch beim Hund bei schwerwiegenden bakteriellen Entzündungen, wie z.B. Blutvergiftungen, über das 100-Fache erhöht sein kann. Ebenso steigt beim Menschen das CRP bei bakteriellen Meningitiden im Blut stark an, bei viralen Meningitiden hingegen ist dieser Wert nur ganz leicht erhöht. Dieses Verhalten des CRP lässt sich auch im Liquor von menschlichen Meningitis-Patienten nachvollziehen [4].
Das erste Ziel der vorliegenden Studie war es, zu überprüfen, wie sich das CRP und darüber hinaus zwei weitere Akute-Phase-Proteine, nämlich ?2-Makroglobulin und Albumin, bei neurologischen Erkrankungen des Hundes verhalten. ?2-Makroglobulin ist beim Hund bisher wenig erforscht, beim Albumin handelt es sich um ein sogenanntes Negativ- Akute-Phase-Protein, d.h. es fällt bei systemischen Entzündungen ab. Akute-Phase-Proteine können aber bei Mensch und Tier auch zur Therapiekontrolle bei bestimmten Erkrankungen herangezogen werden [4,5]. Beispielsweise wird die Dauer einer antibiotischen Therapie danach festgelegt, wie lange das CRP bei einer bakteriellen Infektion erhöht ist. In der vorliegenden Studie sollte also zusätzlich überprüft werden, wie sich die Höhe des CRP in Blut und Liquor während der Therapie verändert und ob eventuell Rückschlüsse bezüglich der Therapiedauer möglich sind.

Akute-Phase-Proteine und die Steril eitrige Meningitis-Arteritis

In eine Studie wurden insgesamt 133 Hunde mit neurologischen Erkrankungen, 6 Hunde mit Sepsis und 8 gesunde Hunde aufgenommen. Unter den 133 neurologisch erkrankten Hunden litten 36 an SRMA, die übrigen Tiere hatten verschiedene Meningoenzephalitiden, Diskopathien, Cauda equina-Kompressionssyndrom, Tumoren im zentralen Nervensystem (ZNS) oder idiopathische Epilepsie.
Von den Hunden mit SRMA wurden bei 31 Tieren in regelmäßigen Abständen alle vier Wochen Kontrolluntersuchungen unter Therapie durchgeführt. Der Zeitraum der Therapie- kontrollen belief sich auf im Mittel 5,4 Monate (1 bis 28 Monate). Fünf der 31 Hunde zeigten während der Zeit der Studie (2004 bis 2007) einen Rückfall.
Die Diagnosestellung der SRMA beruhte auf den klinischen Symptomen, einer Erhöhung der Zellzahl im Liquor über 3 Zellen/ ?L (entspricht 8/3 Zellen/?L) mit einem vorherrschenden Zellbild von neutrophilen
Granulozyten und einer erhöhten Konzentration des Immunglobulins IgA in Serum (? 100 ?g/mL) und Liquor (? 0,2 ?g/mL). Die Abklärung der anderen neurologischen Erkrankungen beinhalteten die klinisch neurologische Untersuchung, eine komplette Blutuntersuchung, Kernspintomographie, Liquoruntersuchung und/oder Operationsbefund bzw. histopathologische Untersuchung. Sepsis wurde diagnostiziert mithilfe der klinischen Symptome, Blutuntersuchung, positiver mikrobiologischer Untersuchung und/oder positiver Blutkultur.
Das CRP im Blut der Hunde mit SRMA war signifikant höher als das aller anderen Gruppen mit Ausnahme der Positivkontrolle Hunde mit der bakteriell systemischen Erkrankung Sepsis.
Zur Untersuchung des CRP im Liquor, die in dieser Studie erstmalig durchgeführt wurde, musste zunächst ein Referenzbereich anhand der Proben klinisch unauffälliger Hunde bestimmt werden. Dieser lag bei < 0,1 ?g/mL. Auch bei der Bestimmung dieses „neuen“ Parameters wurden für die Hunde mit SRMA die höchsten Werte gefunden, dieses Mal lagen sie auch deutlich über denen der Hunde mit Sepsis.
Die Bestimmung des ?2-Makroglobulin im Blut zeigte keinen Unterschied in der Konzentration bei den verschiedenen Gruppen. Albumin, das dritte Akute-Phase- Protein wies – wie erwartet – niedrigere Blutkonzentrationen bei den Hunden mit SRMA und Sepsis auf.

Verlaufskontrollen der Hunde mit SRMA

Typischerweise verschwinden die klinischen Symptome der SRMA in den ersten 24 bis 48 Stunden nach Therapiebeginn. So ließ sich dies auch bei den Hunden in der vorliegenden Studie nachvollziehen. Außerdem sank der Gehalt an CRP in Blut und Liquor ebenso wie die Zellzahl im Liquor bei diesen Hunden zwischen dem Zeitpunkt der Diagnosestellung und der ersten Kontrolluntersuchung nach vier Wochen dramatisch bis in den Referenzbereich ab. Bei vier der fünf Fälle, die während des Beobachtungszeitraums einen Rückfall der SRMA hatten, konnte wiederum eine starke Zunahme der CRP-Konzentration im Blut festgestellt werden.

Interpretation und klinische Relevanz der Studienergebnisse

Ein deutlicher Anstieg der Akute-Phase-Proteine zeigt sich grundsätzlich nur bei starken systemischen Entzündungsreaktionen. Die Ergebnisse der hier beschriebenen Studie konnten daher zeigen, dass es sich bei der SRMA um eine systemische Erkrankung handelt. Diese Erkenntnis ist wichtig zum besseren Verständnis der Pathogenese der Krankheit und nachfolgend auch für eine Optimierung der Therapie.
Leider war es im Rahmen der Studie nicht möglich, anhand der CRP-Bestimmung im Blut zwischen SRMA und Sepsis zu unterscheiden. Dagegen trat die Erhöhung der CRP-Konzentration im Blut gemeinsam mit einer Konzentrationserhöhung im Liquor am deutlichsten bei den Hunden mit SRMA auf. Das ?2-Makroglobulin zeigte keinen Unterschied in den Krankheitsgruppen und scheint als diagnostischer Parameter für die hier untersuchten Erkrankungen ungeeignet zu sein.
Albumin verhielt sich wie erwartet, d.h. es war niedrig bei den systemischen Entzündungen SRMA und Sepsis und erlaubte keine Unterscheidung zwischen diesen beiden Erkrankungen.
Die Therapieverlaufskontrollen bei den Hunden mit SRMA zeigten, dass das CRP in Blut und Liquor parallel zur Zellzahl im Liquor abfiel. Die Zellzahl im Liquor ist momentan der wichtigste Parameter bei der Entscheidung, mit welcher Dosierung die Therapie fortgesetzt werden soll [2].
Die CRP-Bestimmung scheint also ein weiterer nützlicher Parameter für die Überprü- fung und Entscheidung zur Fortführung der Therapie zu sein. Allerdings sollte das CRP immer im Paar von Blut und Liquor gemeinsam bestimmt werden, da nur so andere systemische Entzündungen wie z. B. Sepsis ausgeschlossen werden können. Die Bestimmung von CRP im Blut ist ebenfalls nützlich bei der Erkennung eines Rückfalles, weil dieser Wert dann ansteigt.
Die Messung von CRP in Blut und Liquor kann also wertvolle zusätzliche Informationen für die Diagnose und den Therapieverlauf von neurologisch erkrankten Hunden, insbesondere Hunde mit SRMA, liefern und ist somit durchaus für die klinische Arbeit der Tierärzte empfehlenswert.

bathen@vetneuro.de

Literatur
1. Tipold, A. Diagnosis of inflammatory and infectious diseases of the central nervous system in dogs: A retrospective study. J Vet Intern Med. 1995, 9, 304-314.
2. Tipold, A., Jaggy, A. Steroid responsive meningitis-arteritis in dogs. A long-term study of 32 cases. J Small Anim Pract. 1994, 35,311-316.
3. Murata, H., Shimada, N. und Yoshioka, M. Current research on acute phase proteins in veterinary diagnosis: An overview. Vet J. 2004, 168, 28-40.
4. Paradowski, M., et al. Acute phase proteins in serum and cerebrospinal fluid in the course
of bacterial meningitis. Clin Biochem. 1995, 28 (4), 459-466.
5. Martínez-Subiela, S., Bernal, L.J. und Cerón, J.J. Serum concentrations of acute-phase proteins in dogs with leishmaniosis during short-term treatment. Am J Vet Res. 2003, 64 (8),
1021-1026.

HKP 4 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 4 / 2009.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Weitere Artikel online lesen

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.