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HKP-8-2013 > Kernspinuntersuchung des Knies beim Pferd

Kernspinuntersuchung des Knies beim Pferd

Licht ins Dunkel

Kniegelenkerkrankungen bei Pferden stehen bei Hinterhandlahmheiten ganz oben auf der Liste – nur die genaue Diagnosestellung war bisher schwierig. Durch den Einsatz der Kernspintomografie (MRT) werden nun ganz neue Möglichkeiten eröffnet, den Ursachen für diese Lahmheiten auf den Grund zu gehen.

Sequenz SE PD dorsal: Riss im medialen Meniskus (s. Markierung).

Symptome

Bei Erkrankungen des Kniegelenkes variieren die klinischen Anzeichen oft sehr stark.

Bei akutem Traumageschehen – wie z.B. nach einem Sturz durch Wegrutschen während des Longierens oder die Pferde von der Koppel in den Stall laufen – ist oftmals eine akute hochgradige Lahmheit der betroffenen Gliedmaßen auffällig. Meistens bessert diese sich kurzfristig nach Gabe von Schmerzmitten und Boxenruhe und das Pferd kann nach einigen Tagen wieder belastet werden. Es kann jedoch eine geringgradige Taktunreinheit bestehen bleiben, die dann langfristig Fragen aufwirft. Bei chronischen Entzündungsvorgängen können entweder stärkere Phasen einer Lahmheit auftreten, die sicher auf die betroffenen Gliedmaßen hinweisen oder die Pferde zeigen die Schmerzen nur anhand von Taktunreinheiten unter dem Reiter. Hier wird oft von Schwierigkeiten berichtet, wenn das Pferd viel Last auf die betroffenen Hintergliedmaßen aufnehmen muss und zusätzlich noch Scherkräfte zum Tragen kommen, bspw. durch Unwilligkeit beim Angaloppieren auf einer Hand oder Schwierigkeiten beim Galoppwechsel und allen höheren Dressurlektionen.

Erkrankungen

Die Ursachen für Kniegelenklahmheiten kann man grob in Knochenprobleme und Weichteildefekte unterteilen. Zu den knöchernen Ursachen für Lahmheiten zählen Frakturen von Patella, Femur und Tibia, OCD-Läsionen v.a. am lateralen und subchondralen Zysten am medialen Femurrollkamm. Bei den Weichteilstrukturen sind v.a. die Kreuzbänder, Menisken, Seitenbänder und Knorpel verursachend für Lahmheiten. Natürlich können auch alle anderen degenerativen Gelenkserkrankungen wie z.B. Osteoarthrose und Chondromalazien im Kniegelenk auftreten. Eine Besonderheit ist die so genannte Patellafixation, das Festhängen der Patella auf dem Femur, die von erfahrenen Untersuchern bereits ­klinisch sicher diagnostiziert werden kann.

Klinische und bildgebende Diagnostik

Je nach Schweregrad der Symptome ist eine klinische Verdachtsdiagnose bereits nach einer ausführlichen Lahmheitsuntersuchung möglich. Sorgfältige Palpation, wiederholte Beugeproben, das Longieren auf hartem und auf weichem Boden oder das Vorreiten weisen zusammen mit dem Vorbericht auf das Knie. Die sichere Bestätigung, dass es sich um eine Erkrankung des Knies handelt, erhält man durch eine positive Gelenksanästhesie. Ist die Lahmheitsursache nun im Knie lokalisiert, beginnt man zunächst mit den nicht invasiven bildgebenden Verfahren wie Röntgen und Ultraschall oder Szinti­grafie. Aufgrund des komplexen Aufbaus des Knies bzw. technischer Artefakte bleiben diese leider oft ohne Befund.

Im Röntgen können nur knöcherne Strukturen dargestellt werden, diese sind aufgrund der Überlagerungen oft schwierig zu interpretieren. Im Ultraschall sind wiederum nur die Weichteilstrukturen zu untersuchen, die aber bei Knie über wenig Aussagekraft verfügen. Die Darstellung der Menisken ist oft von Artefakten behaftet, die der Kreuzbänder ist nicht möglich. Szintigrafische Untersuchungen helfen zwar bei der Lokalisation der Lahmheitsursache auf die Knieregion, ermöglichen ­jedoch keine detailgetreue Darstellung der anatomischen Strukturen und führen somit zu keiner klaren Diagnose. CT-Aufnahmen sind aufgrund der schwierigen anatomischen Verhältnisse mit Standardgeräten nicht möglich.

MRT

Zur Untersuchung des Kniegelenkes beim Pferd wird der Patient in Narkose in Rücken­lage auf einen antimagnetischen Tisch verbracht. Zur Lagerung des Knies in den ­Magneten wird mit dem Tisch unter das ­Gerät gefahren, das zu untersuchende Bein gerade nach oben gestreckt und das Pferd leicht auf die Seite gekippt. Die Empfangsspule wird um den Untersuchungsbereich befestigt und der genaue Sitz überprüft. Während des Untersuchungsgang (ca. 70 min) bleibt ein Anästhesist im MRT-Raum und überwacht die Narkose, die Untersuchung und Bedienung des Magneten kann vom Nebenraum aus gesteuert werden.

Befundung

Bei der Kernspinuntersuchung können alle Strukturen bis ins Detail in drei Ebenen (3D) dargestellt werden. In verschiedenen Sequenzen (Gewichtungen) wird Augenmerk auf unterschiedliche anatomische Strukturen gelegt. In den ersten Gewichtungen wird v.a. nach Weichteilläsionen gesucht, da diese oft lahmheitsverursachend sind. Hierzu zählen Kreuzbänder, Menisken, Seitenbänder und Knorpel. Bei den Kreuzbändern werden oft Risse, Anrisse, Auffaserungen oder Veränderungen an den Ursprungs- und Ansatzbereichen gefunden. Die Menisken zeigen oft bei akuten Traumata Befunde wie Quetschungen, Deformationen und Risse (Abb.), bei längerer Vorgeschichte chronische Auffaserungen und Substanzverlust. Die Seitenbänder sind oft bei Stürzen mitbetroffen, können akute Defekte und Zerrungen aufweisen oder ­sogar abreißen. Oft werden auch knöcherne Veränderungen in den Ansatz- und Ursprungsbereichen gefunden. Bei diesen Aufnahmen kann zwischen akuten und chronischen Befunden genau unterschieden werden, was v.a. bei lang dauerndem Krankheitsgeschehen Auskunft über ­Verlauf und Prognose gibt. Die nächsten Untersuchungssequenzen sind speziell auf den Knochen zugeschnitten. Hier können subchondrale Zysten mit oder ohne ­Gelenkbeteiligung diagnostiziert und bei akuten und chronischen Lahmheiten so ­genannte Knochenmarksödeme dargestellt werden. Diese Flüssigkeitsansammlungen in der Knochensubstanz sind hochgradig schmerzhaft und heilen oft über Monate nicht aus, wenn die erforderliche Ruhezeit nicht eingehalten wird.

Des Weiteren können sie zu Frakturen führen und nur im MRT diagnostiziert werden. In der letzten Sequenz, bei der dank 3D-Aufnahmetechnik am Computer noch Nachbearbeitungen möglich sind, wird besonders auf eine ­genaue Detailauflösung geachtet. Rekonstruktionen sind mit 0,6mm Schichtdicke möglich. Hier werden die Knorpeldicke sowie der darunter ­liegende und versorgende subchondrale Knochen befundet, wodurch Sklerosen aufgespürt werden. Bei einer Standard­untersuchung werden immer alle drei ­Gewichtungen angefertigt, um eine größt­mögliche Sicherheit bei den Befunden zu gewährleisten. Da sich ­hieraus ca. 600 Bilder ergeben, kann die nach­folgende Auswertung bis zu einer Stunde dauern, die aber zur genauen Diagnose aller Knieprobleme führt.

Therapie und Prognose

Durch die MRT-Untersuchung können die Lahmheitsursache aufgeklärt und damit die Therapie perfekt darauf zugeschnitten werden. Alle Möglichkeiten von konservativen Gelenksinjektionen mittels ACP, IRAP, PRP oder Stammzellen bis hin zu chirurgischer Intervention mittels Arthroskopie können gegeneinander abgewogen werden, dem Besitzer kann somit ­eine Empfehlung gegeben werden. Durch die genaue Befundung ist eine Prognosestellung hinsichtlich Lahmheitfreiheit und Turnierkarriere möglich.

take home

Bei Knielahmheiten ist nun dank MRT-Untersuchung eine klare Diagnosestellung möglich. V.a. bei chronischen Problem und intermittierenden Lahmheiten, die sich mittels Gelenks­anästhesie auf das Knie eingrenzen lassen, kann die Ursache gefunden werden. Dem Besitzer kann eine ­Prognose und Therapieempfehlung ausgesprochen werden.

Bild: Author

Stichwörter:
Erkrankungen, Weichteildefekte, Verdachtsdiagnose, MRT, Untersuchung, Knielahmheiten,

HKP 8 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 8 / 2013.
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