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Zeugungsfähig

Neue Methoden der andrologischen Untersuchung beim Hengst

Ein Einsatz von geschlechtsgesunden Zuchttieren ist essenziell für ein funktionierendes Zuchtprogramm, um Nachkommen zu erzeugen. Das Augenmerk liegt vor allem auf der Potentia coeundi (Begattungsfähigkeit) und der Potentia generandi (Befruchtungsfähigkeit) des Vatertiers, da die hier getroffenen Selektionskriterien bedeutender sind als bei weiblichen Tieren und durch die künstliche Besamung ein Vielfaches an väterlichen Nachkommen erzeugt werden kann. Ein züchterischer Ausfall durch In- bzw. Subfertilität, beispielsweise bei einem Deckhengst, führt zu einem enormen finanziellen Verlust. Dr. Peter Richterich und Prof. Dr. Axel Wehrend beleuchten die Möglichkeiten der veterinärmedizinischen Andrologie.

Klinische Andrologie

Fruchtbarkeitsprobleme in einer Pferdezuchtsaison sind zu etwa 40 % durch den Hengst alleine verursacht, weitere 10 % sind durch die Wahl der Zuchtpartner in Kombination durch Hengst und Stute entstanden. Die Fertilitätsdiagnostik beim Hengst beginnt mit einer eingehenden Anamnese – Art der Samengewinnung und Samenaufarbeitung sowie die bisherige Trächtigkeitsquote sind genauso wichtig wie die weitere Nutzung neben dem Deckeinsatz, der Haltung und Fütterung. Die klinische Untersuchung erfasst neben den Geschlechtsorganen den Bewegungsapparat, da ohne Lastaufnahme der Hintergliedmaßen und physiologischer Rückentätigkeit, insbesondere der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins, eine Ejakulation schmerzbedingt nicht möglich ist. Der Hauptfokus der klinischandrologischen Untersuchung wird auf den männlichen Genitalapparat gelegt. Die Hoden und beide Nebenhoden werden auf das Vorhandensein im Skrotum, ihrer Größe und Konsistenz beurteilt. Hierbei ist auf rasse- und altersbedingte Größenunterschiede zu achten. Ein gesunder Hoden ist von prall-elastischer Konsistenz, da die Tunica albuginaea den Innenraum begrenzt und das funktionelle Hodenparenchym durch die Spermatogenese diesen benötigt.
Weiche Hoden deuten auf funktionsloses oder in der Funktion beeinträchtigtes Gewebe hin, im Gegensatz dazu ist ein derber oder fester Palpationsbefund ein Hinweis auf eine chronische oder akute Entzündung. Fokale Veränderungen im Hodengewebe werden bei dieser Befunderhebung in den meisten Fällen – insbesondere in der Tiefe des Gewebes – palpatorisch nicht eindeutig erfasst und abgegrenzt. Der Penis und die akzessorischen Geschlechtsdrüsen werden ebenfalls bei der genital-anatomischen Diagnostik auf ihre Funktionsfähigkeit untersucht. Bei Junghengsten, die zur Körung anstehen, ist eine eingehende Anamnese nicht möglich, da diese nicht an das Phantom oder eine deckbereite Stute vor der Zuchtzulassung gewöhnt werden sollen und somit keine Deckdaten vorliegen können. Hier ist nur eine klinisch-andrologische Untersuchung möglich, die sinnvollerweise durch eine endokrinologische und sonografische Diagnostik ergänzt werden sollte.

Weiterführende Untersuchungen

Die sonografische Untersuchung des Hodens ist in der Lage, deutliche, klinisch-relevante Veränderungen im Hodengewebe sicher darzustellen, vor allem dann, wenn klare Trenngrenzen der Veränderung zum gesunden Gewebe vorhanden sind. Die Grenzen der Sonografie fallen dann auf, wenn es sich um eine homogene, den ganzen Hoden betreffende Veränderung handelt. Zudem lassen sich bei einigen Hengsten mit Ejakulatmängeln sonografisch keine Veränderungen im Hodengewebe nachweisen. Eine Verbesserung des konventionellen B-Mode-Verfahrens könnte die sonografische quantitative Graustufenanalyse darstellen. Bei dieser Methode werden Veränderungen der Sonoarchitektur erfasst, die mit dem Auge nicht bemerkt werden können. Leider fehlen momentan noch Referenzwerte, um pathologische Veränderungen sicher erkennen zu können. Zudem gestattet die Sonografie keine direkte Aussage zum Zustand des Spermien bildenden Gewebes. Eine fundierte Prognose bei Vorliegen von Ejakulatmängeln kann in der Regel nicht gestellt werden.

Hodenbiopsie

Eine Möglichkeit der kausalen Diagnostik ist eine direkte histologische Untersuchung des Hodengewebes. In der Humanmedizin ist die Hodenbiospie seit Jahrzehnten eine gängige Methodik zur Ursachenabklärung bei sub- bzw. infertilen Männern. Obwohl seit längerer Zeit auch Erfahrungsberichte zur Hodenbiopsie beim Hengst vorliegen, hat diese Methode in der andrologischen Untersuchung noch keinen Eingang gefunden, da die Angst vor Komplikationen groß ist. Durch die Verwendung moderner Biopsienadeln und -systeme kann die Gefahr unerwünschter Nebenwirkungen jedoch deutlich minimiert werden. Die infrage kommenden Hengste werden für die Entnahme einer Feinnadelbiopsie lediglich sediert. Die Vorteile der Feinnadelbiopsie liegen in der relativ einfachen Handhabung und einer sehr guten Gewebemorphologie, die eine entsprechende Diagnosemöglichkeit bietet. Die bisher untersuchten Hengste, von denen Hodengewebe mittels der Feinnadelbiopsie gewonnen wurde, zeigten in den Tagen nach dem Eingriff keine Schmerzen oder Anzeichen einer Allgemeinstörung. Die Hodensäcke waren in den ersten vier Tagen nur leicht geschwollen, aber nicht druckempfindlich. Alle untersuchten Deckhengste zeigten nach der Biopsie eine ungestörte Libido sexualis und in den gewonnenen Ejakulaten waren keine Anzeichen eine Hämatospermie (Blut im Ejakulat) zu finden. Im ersten Schritt der nachfolgenden histologischen Untersuchung wird das Bioptat in einer kleinen Vergrößerung begutachtet. Nach der Übersichtsstudie werden die einzelnen Tubuli genauer betrachtet. Hier ist es möglich, zwischen einer Normospermatogenese und unphysiologischen Vorgängen zu unterscheiden und eine auf Befunden basierende Prognose abzugeben (Abb. 2, 3).

axel.wehrend@vetmed.uni-giessen.de
peter.richterich@vetmed.uni-giessen.de

Foto: istockphoto.com | Maria Itina

HKP 5 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2010.
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