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Szintigraphie bei Hunden und Katzen

Strahlende Erkenntnisse

Komplizierte und versteckte Lahmheitsursachen sind seit jeher eine große Herausforderung für Tierärzte. Oftmals kann an der betroffenen Gliedmaße keine Schwellung oder vermehrte Wärme festgestellt werden. Auch durch Beugen und Strecken wird häufig keine Schmerzreaktion ausgelöst.

Es werden dann in der Regel Röntgenaufnahmen angefertigt, welche wertvolle Informationen über die Morphologie des Knochens liefern. Im Vergleich zur Szintigraphie, muss man sich die Röntgenaufnahme wie eine Fotografie vom Knochen vorstellen. Der Knochen wird zwar sehr gut abgebildet und in vielen Fällen können auch von der Norm abweichende Veränderungen festgestellt werden, aber das Röntgenbild sagt gerade bei geringgradigen Befunden wenig darüber aus, ob es sich um eine lahmheitsrelevante oder nicht lahmheitsrelevante Veränderung handelt. Bei der Szintigraphie wird genau umgekehrt nicht der Körper passiv vom Röntgenstrahl durchstrahlt, sondern der Körper selbst strahlt und liefert so ein aktuelles Bild über die Osteoblastenaktivität im Skelett. Die Szintigraphie ist dementsprechend eine Knochenstoffwechseluntersuchung und kann sehr sensitiv aufzeigen, an welcher Stelle im Skelett sich eine aktive Veränderung befindet.

Wo liegen die Vorteile der Szintigraphie im Vergleich zu anderen bildgebenden Verfahren?

Während Röntgen, CT und Ultraschall der Erkennung morphologischer Veränderungen dienen, liegt der diagnostische Vorteil der Szintigraphie in dem sensitiven, spezifischen und nicht invasiven Nachweis funktioneller, metabolischer Störungen, die sich in Schmerzen und Behinderungen des Bewegungsapparates manifestieren. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass kleine anatomisch-pathologische Hart- und Weichteilstrukturen im planaren Röntgenbild schwierig bis überhaupt nicht zu erfassen sind, sodass auch hier die Wahl der empfindlichen Tracerdiagnostik zu einem Mehrwert
an Informationen führen kann.

Ist die Szintigraphie wirklich neu?

Die Szintigraphie wird schon seit Jahrzehnten in der Humanmedizin durchgeführt. Zum größten Teil im Rahmen der Schilddrüsendiagnostik, um ein autonomes Adenom von einer immunogenen Hyperthyreose zu differenzieren sowie im Skelett Schmerzpunkte zu lokalisieren und um bei Tumorpatienten Aufschluss zu bekommen, ob ein Tumor in den Knochen streut. In der Pferdemedizin spielen Lahmheiten eine große Rolle. Dort wird ebenfalls schon seit über 20 Jahren die Szintigraphie durchgeführt. Einen Schub hat die Szintigraphie beim Pferd dadurch erfahren, dass es seit einigen Jahren Geräte auf dem Markt gibt, die mobil sind und durch Bewegungskorrekturprogramme die Untersuchung am stehenden Patienten ermöglichen. Wir führen seit Jahren in unserer Pferdeklinik Szintigraphien beim Pferd durch und bieten diese Untersuchung auch Kleintierpraxen an. Unsere Kleintierpatienten sind zum großen Teil von der Freien Universität Berlin überwiesen, wo man sich diese Methode oft zu Nutze macht.

Wie funktioniert die Szintigraphie?

Der Knochen unterliegt einem ständigen Umbauprozess. Für diesen sind die Osteoblasten und Osteoklasten verantwortlich. Die Osteoblastenaktivität wird folgendermaßen sichtbar gemacht: Das Radionuklid Technecium 99 m mit einer physikalischen Halbwertszeit von 6 Stunden wird mit einem Polyphosphat markiert. Dieser radioaktive Tracer wird dem Patienten injiziert. Die Osteoblasten metabolisieren den Tracer innerhalb von drei Stunden fast vollständig.
Da Technecium ein Gammastrahler ist, wird mithilfe einer Gammakamera die aus dem Skelett kommende Strahlung aufgezeichnet. Bei der Gammakamera handelt es sich im Grunde um einen großen Natriumchloridkristall, dem ein Raster (Kollimator) vorgeschaltet ist. Jedes geradlinige Gammaquant erzeugt in dem Kristall einen Lichtblitz und diese Lichtblitze werden von Photomultiplyern durch Elektronenbeschleunigung in einen messbaren Strom umgewandelt. An Lokalisationen, an denen sich viel Knochen befindet, kommt viel Strahlung am Messkopf an und umgekehrt. Bei der Auswertung der Bilder sucht man nach Punkten im Skelett, an denen es unverhältnismäßig stark strahlt. Solche Orte erhöhter Aktivität bezeichnet man als Hot Spots. Da jedes Tier einen unterschiedlichen Knochenstoffwechsel hat, wird das gesunde Bein ebenfalls untersucht, sodass man ein Referenzbein hat, um auch kleinste Abweichungen festzustellen.

Wie ist der Ablauf der Untersuchung?

Für die Untersuchung wird das Tier auf einer Liege bzw. auf dem Messkopf positioniert. Für jedes einzelne Bild muss mit einer Messzeit von ein bis zwei Minuten gerechnet werden, wobei es sich zur Vermeidung störender Bewegungen empfiehlt, eine leichte Narkose zu verabreichen. Die Aufnahmen sind in der Regel nach einer halben Stunde abgeschlossen.

Welchen Nutzen bietet die Szintigraphie von Kleintieren?

Bei Tieren mit einer Hyperthyreose können durch die Sonographie morphologische Veränderungen festgestellt werden, mithilfe der Szintigraphie kann eine immunogene Hyperthyreose von einem autonomen Adenom sicher abgegrenzt werden. Um anhand des Uptakes das Maß der Überoder Unterfunktion zu bestimmen, sollte der Hund vor der Verabreichung von Thyreostatika untersucht werden. Intrathorakal versprengte Schilddrüsenanteile bei der Katze können präoperativ identifiziert werden. So vielfältig die Ursachen von Lahmheitserscheinungen sind, so vielfältig sind die Behandlungsmethoden. Entsprechend hoch sind die Anforderungen, die an die Differentialdiagnostik gestellt werden. Vor dem Beginn einer Therapie muss eine sichere Diagnose gestellt werden, denn fehlende Informationen können die Leiden des Tieres unnötig verlängern oder gar verstärken. Die angemessene Anwendung systemischer oder lokaler Therapieverfahren setzt ein umfassendes Bild über die Makro- und Mikropathologie von Krankheitserscheinungen voraus. Dazu gehört auch der Gebrauch der Möglichkeit, die die Szintigraphie bietet. Insbesondere bei Krankheitsbildern, die entzündliche Prozesse beinhalten (z.B. Arthritis, Arthrosen, OCD, Dysplasien, Bandscheibenvorfälle, Tumore), liefert die Methode wertvolle Anhaltspunkte, die eine frühzeitige und zielgerichtete Diagnose und Therapieauswahl erleichtern.

info@pferdeklinik-dallgow.de

HKP 6 / 2008

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2008.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.