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Wertvolles Instrument

Rechtliche Aspekte der Impfung

Die Anwendung von Tierimpfstoffen ist stringent geregelt. Da Tierimpfstoffe entweder Tierseuchenerreger enthalten oder während ihrer Herstellung mit Tierseuchenerregern umgegangen werden musste, muss ihr Umgang auf sachkundige Personen beschränkt bleiben. Prof. Dr. Uwe Truyen beleuchtet die für die Impfpraxis relevanten Bestimmungen.

Die Reglementierung des Umgangs mit Tierimpfstoffen stellt eine wichtige allgemeine Schutzmaßnahme der Tierseuchenbekämpfung dar. Es muss gewährleistetet werden, dass alle Impfstoffe wirksam und unschädlich sind, ferner muss eine gefahrlose Herstellung und Anwendung grundsätzlich gesichert sein. Dazu bedarf es einer rechtlichen Grundlage, die das Tierseuchengesetz (Bekanntmachung der Neufassung des Tierseuchengesetzes vom 22. Juni 2004) darstellt. Die auf dieser Rechtsgrundlage erlassene Tierimpfstoff-Verordnung (Verordnung über Sera, Impfstoffe und Antigene nach dem Viehseuchengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Oktober 2006) behandelt nicht nur Impfstoffe im engeren Sinne, sondern auch Sera und Antigene, die unter Verwendung von Krankheitserregern oder auf biotechnischem Wege hergestellt werden und für die Verhütung, Erkennung und Heilung von Tierseuchen bestimmt sind.

Zulassung von Impfstoffen

Eine ganz wesentliche Regelung in dieser Verordnung besagt, dass Impfstoffe eine Zulassung besitzen müssen und nur zugelassene Impfstoffe abgegeben und angewendet werden dürfen.
Die Zulassung erteilt in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut (Bundesamt für Sera und Impfstoffe) sowie für Tierimpfstoffe gegen Erreger exotischer Tierseuchen das Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit). Im Rahmen der europäischen Harmonisierung der Tierseuchenbekämpfung ist auch eine europäische Zulassung von Impfstoffen möglich. Die zuständige Behörde ist dann die European Medicines Agency (EMEA) in London. Die durch die EMEA ausgesprochene EU-weite Zulassung bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Impfstoff in Deutschland ohne Weiteres eingesetzt werden kann. In Deutschland dürfen nämlich ausschließlich Impfstoffchargen angewendet werden, die durch das PEI (FLI) frei gegeben worden sind. Das heißt, dass auch EU-weit zugelassene Impfstoffe in Deutschland der Notwendigkeit einer Chargenprüfung unterworfen sind. Ist ein solcher Impfstoff nicht verfügbar, kann er mit einer Ausnahmegenehmigung (und mit konkreter Chargennennung) aus einem anderen EU-Mitgliedstaat nach Deutschland eingeführt und angewendet werden. Der Antrag auf Ausnahmegenehmigung ist bei der zuständigen Landesbehörde zu stellen. Die Abgabe oder Anwendung nicht zugelassener Impfstoffe ist eine Straftat nach dem Tierseuchengesetz.
Von der generellen Zulassungspflicht ausgenommen sind bestandsspezifische Impfstoffe, die ausschließlich in dem Bestand angewendet werden dürfen, für den sie hergestellt worden sind. Diese Ausnahmegenehmigungen können nach Antrag des pharmazeutischen Unternehmens von der obersten Landesbehörde erteilt werden.

Kennzeichnung von Impfstoffen

Mittel dürfen nur abgeben werden, wenn sie auf dem Behältnis selbst gekennzeichnet sind und sie von einer Packungsbeilage begleitet werden. Auf dem Behältnis müssen folgende Angaben ausgewiesen sein: Hersteller, Bezeichnung des Mittels, bei Impfstoffen auch die Menge des Inhaltes, die Zulassungsnummer, die Chargenbezeichnung, das Herstellungsdatum, Art der Aufbewahrung und Anwendung, Verfallsdatum sowie der Hinweis auf die Verschreibungspflicht des Mittels. In der Packungsbeilage müssen zudem die wirksamen Bestandteile, die Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Dosierung benannt werden. Daher müssen Anwendungs- und Warnhinweise in Packungsbeilagen grundsätzlich beachtet werden.
Bezüglich der Anwendungsempfehlung gibt es jedoch unterschiedliche Interpretationen, inwieweit sie tatsächlich verpflichtend sind und überhaupt sein können. Sie geben die Empfehlungen der Hersteller zurzeit der Zulassung des Produktes an. Aktuelle Erkenntnisse bezüglich der Erreger und ihrer Immunität finden in ihr daher keine Berücksichtigung, wenn sie nach der Zulassung gewonnen wurden – z.B. eine Änderung des Zeitpunktes der Erst- oder Wiederholungsimpfung. Hier ist der Anwender derjenige, der aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen die Notwendigkeit einer Abweichung der Anwen- dungsempfehlung formuliert und gege- benenfalls umsetzt. Wer sonst als der praktizierende Tierarzt soll die Notwendigkeit der Anpassung von Impfintervallen oder -zeitpunkten definieren können?

Abgabe von Imofstoffen

Immunologische Tierarzneimittel dürfen ausschließlich von Tierärzten an von ihnen behandelten Tieren angewendet werden. Nur Tierärzte besitzen die Sachkenntnis, um Impfstoffe korrekt einzusetzen. Der Tierarzt muss über die Herkunft, die Art und die Menge der erworbenen immunologischen Tierarzneimittel sowie über deren Verbleib Buch führen. Die Aufzeichnungen müssen mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden.
Dennoch ist die Abgabe von Impfstoffen an den Tierhalter unter besonderen Bedingungen erlaubt. Die erstmalige Abgabe muss dann nur bei der zuständigen Behörde (in der Regel auf Bezirksebene) angezeigt werden, es bedarf keiner Genehmigung mehr. Die Abgabe ist jedoch an zahlreiche Voraussetzungen gebunden. So ist sie nur an gewerbsmäßige Tierhalter gestattet, deren Bestände vom Tierarzt betreut werden müssen, das heißt, dass diese explizit in höchstens dreimonatigen Abständen besucht werden. Der Tierarzt hat außerdem einen ausführlichen Anwendungsplan zu erstellen und muss seine Umsetzung überprüfen. Sowohl der Tier-
arzt als auch der Tierhalter müssen eine umfangreiche Dokumentation sicherstellen.
Ausgeschlossen hiervon ist die Abgabe für Impfstoffe gegen Erreger anzeigepflichtiger Tierseuchen, wobei hier Geflügel und Fische ausgenommen sind sowie die Abgabe bei angeordneten oder tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen Impfungen. Nicht zugelassene Impfstoffe, die mit einer Ausnahmeregelung eingesetzt werden, dürfen ebenfalls nicht abgegeben werden.

Anwengung von Impfstoffen

Die Art der Anwendung des Impfstoffs ist in der Packungsbeilage beschrieben. Der Impfstoff darf weder mit anderen Impfstoffen oder Substanzen gemischt werden noch darf er verdünnt werden. Dies würde eine wesentliche Änderung des Impfstoffs bedeuten, was wiederum die Notwendigkeit einer Neuzulassung nach sich zöge. Die Wirksamkeit einer so behandelten Vakzine ist nicht mehr gewährleistet.
Nebenwirkungen sind vom Tierarzt den Zulassungsbehörden, in Deutschland dem Paul-Ehrlich-Institut, zu melden, damit gegebenenfalls Maßnahmen ergriffen werden können. Die sachgerechte Lagerung von Impfstoffen (tierärztliche Hausapotheke) und der sachgerechte Transport sind selbstverständlich. Dies ist insbesondere bei
Lebendvakzinen notwendig, da ein Titerverlust in der Impfdosis die Wirksamkeit der Vakzine erheblich beeinträchtigt.

truyen@vmf.uni-leipzig.de

HKP 6 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2009.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
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Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.