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HKP-5-2014 > Adipositas beim Hund – Strategien zur Gewichtsreduktion

Adipositas beim Hund – Strategien zur Gewichtsreduktion

Auf Diät gesetzt

Im ersten Teil des Artikels (erschienen in der hundkatzepferd Vet Ausgabe 04.14) wurden die Ursachen genannt, die dafür verantwortlich sind, dass ein Hund dick wird, und eine Strategie, mit der eine Gewichtsreduktion von Hundepatienten erreicht werden kann, beschrieben. Im zweiten Teil geht es nun ganz praxisnah um Reduktionsdiäten.

Diätpläne

Die Energiezufuhr sollte ca. 60% der Energie betragen, die der Hund mit Ideal­gewicht erhalten würde. Prinzipiell sollten Rationen für Reduktionsdiäten eine geringe Energiedichte aufweisen. Vorteilhaft sind ein relativ hoher Proteinanteil, damit die Muskulatur erhalten bleibt und ein hoher Rohfaseranteil, da dadurch die Verdaulichkeit gesenkt und das Volumen der Futter­ration erhöht werden kann. Hunde sollen nach wissenschaftlichen Studien kein Sät­tigungsgefühl empfinden – sie scheinen aber relativ genau zu wissen, welche Mengen sich normalerweise im Futternapf ­befinden. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass auch vonseiten der Besitzer der Hund bemitleidet wird, dass er nur so geringe Mengen bekommt und der Hund dann umso penetranter (und erfolgreicher) bettelt. Durch die Methode „Volumetrics“, d.h. hohe Futtervolumina bei geringer ­Energiedichte, werden solche Probleme deutlich reduziert.

Einfach nur die Hälfte des gewohnten Futters zu geben („FDH“), ist keine gute Lösung, da der Hund dann auch nur 50% der Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente erhält, die Ration also nicht bedarfsdeckend ist und auf Dauer Mangelerscheinungen auftreten können.

Bei den Reduktionsdiäten sollten auch die gewohnten Belohnungen und Futtermittel, die der Besitzer zum Eingeben von Medikamenten (wie z.B. Leberwurst) gibt, unbedingt berücksichtigt werden. Falls der Besitzer bisher sehr viele und sehr energie­reiche Belohnungen wie z.B. getrocknetes Fleisch oder Innereien verfüttert, sollten diese reduziert und ggf. durch energiearme Snacks wie Möhrenstückchen oder entsprechende energiearme kommerzielle Produkte ersetzt werden. Es sollten unbedingt die Lebensumstände und die Einstellung des Besitzers berücksichtigt werden:

Diät 1: kommerzielle kalorienarme Futtermittel

(„Light-Futter“, entsprechende Diäten zur Gewichtsreduktion)

Die Besitzer wiegen am Morgen die errechnete Futtermenge (+ ggf. die Belohnungen) ab und geben sie dem Hund über den Tag verteilt. Diese Methode erfordert sehr konsequente Besitzer, wird aber andererseits von berufstätigen und viel beschäftigten Hundebesitzern meistens favorisiert. Der Hund erhält durch solche Alleinfuttermittel bei reduzierter Energiezufuhr alle erforderlichen Nährstoffe in bedarfsgerechter Menge. Kleinere Mengen Obst und Gemüse können dazu gegeben werden, ohne die Ration bezüglich der Nährstoffzusammensetzung wesentlich zu verändern. Was zu beachten ist: „Light“-Produkte sind in der Regel die energieärmste Sorte einer Marke – beim Vergleich von Produkten verschiedener Hersteller können die Energiegehalte anderer Marken auch bei „normalen“ Produkten unter denen von „Light“-Produkten anderer Hersteller liegen. Daher empfiehlt sich im Einzelfall die rechnerische Überprüfung der Kalorienzufuhr. Von der Konfektion her sind die meisten Light-Trockenfutter als Ringe konzipiert, da das Futter dadurch mehr Volumen einnimmt als kompakte Kibbles.

Diät 2: selbst gekochte Ration

Unter Verwendung von fettarmem Fleisch wie z.B. Huhn oder Fisch und reichlich ­Gemüse können Rationen mit einem ­hohen Rohfasergehalt und einem geringen Fett­gehalt errechnet werden. Außerdem kann der Ration noch Futterzellulose mit bis zu 1g pro kg Körpergewicht hinzugefügt werden, was das Volumen der Ration nochmals signifikant erhöht. Diese Methode ist für Hundebesitzer mit viel Zeit, die ihren Hund gerne verwöhnen, gut geeignet. Der Napf ist wesentlich voller als bei Verabreichung eines herkömmlichen energiereduzierten Trockenfutters, sodass die Intention, dem Hund immer noch etwas zustecken zu müssen, sowie die Intensität des Bettelns bei Hunden deutlich reduziert werden können. Bei selbst gekochten Rationen ist stets eine Rationsberechnung – sowie auf jeden Fall der Zusatz eines passenden Vitamin-Mineralstoff-Gemischs – erforderlich, damit der Nährstoffbedarf des Hundes gedeckt ist.

Diät 3: Beibehaltung des bisherigen Futters

Manche Besitzer wollen auf keinen Fall auf das bisher verabreichte Futter verzichten. Hier können Rationen mit reduzierten Mengen errechnet werden. Die dann fehlenden Nährstoffe – meistens handelt es sich um Proteine und Spurenelemente, manchmal auch Vitamine – werden dann durch entsprechende Futtermittel wie Magerquark und zur Ration passende Vitamin-Mineralstoff-Gemische ergänzt. Zusätzlich sollte auch Zellulose gegeben werden.

Diät 4: Barf-Rationen

Prinzipiell ist auch die Verfütterung von rohem Fleisch bei einer Reduktionsdiät möglich. Es sollten jedoch vermehrt hochwertige Proteinquellen – d.h. keine oder nur kaum Innereien, sondern vorwiegend mageres Muskelfleisch – verfüttert werden. Außerdem sind Vitamin- und Mineralstoff-Zusätze wie bei selbst gekochten Rationen erforderlich, um Nährstoffdefizite zu vermeiden. Der Besitzer sollte auf die Zoonosegefahren (Salmonellen, Campylobacter spp, Listerien, u.a. Bakterien, Übertragung von Toxoplasmen u.a. Parasiten) sowie die Gefahr für die Hunde selbst, z.B. durch ­Botulismus, hingewiesen werden.

Diät 5: Mischrationen

Natürlich ist es auch möglich, kommer­zielles Futter mit selbst gemachtem Futter zu mischen, d.h., dem Hund beispielsweise morgens etwas Trockenfutter und abends eine selbst gekochte Ration zu geben. Auch dies erfordert eine Rationsberechnung unter Berücksichtigung der oben genannten Punkte.

take home

Adipositas sollte in der Sprechstunde vermehrt thematisiert werden. Dem Besitzer sollte vermittelt werden, dass eine Gewichtsreduktion bei einem ­adipösen Hund die Krankheitsanfälligkeit senkt und die Lebensqualität und Lebensdauer des Tieres signi­fikant steigert. Reduktionsdiäten erfordern in der Praxis ein langfristiges und individuell abgestimmtes Behandlungs- und Betreuungskonzept.

Foto: © panthermedia | BFegert

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HKP 5 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2014.
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Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.