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HKP-1-2011 > Hypothyreosetherapie

Hypothyreosetherapie

Empfehlungen einer multizentrischen Studie zur Therapieüberwachung der caninen Hypothyreose

In Heft 05/10 wurde über die Ergebnisse der multizentrischen Studie zur Diagnostik der caninen Hypothyreose berichtet, die den T4/TSH-Quotienten als neuen diagnostischen Marker favorisiert [1]. In diesem Beitrag berichtet Dr. W. Müller (Labor ALOMED, Radolfzell) über die Ergebnisse dieser prospektiven Studie zur Therapieüberwachung.

Die prospektive, multizentrische Hypothyreose-Studie wurde unter Mitarbeit von Dr. U. Göggerle (Kleintierpraxis Meckenbeuren), Dr. M. Haller (Kleintierpraxis HallMa CH-Boniswil), T. Rieker (Kleintierpraxis Ravensburg), Dr. K. Rohner (Tierarztpraxis CH-Niederglatt) und Dr. M. Trächsel (Kleintierklinik Rhenus CH-Flurlingen) durchgeführt. Die Schilddrüsenhormone beeinflussen neben Wachstum und Funktionszustand der meisten Organe auch wesentliche Prozesse des Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Lipidstoffwechsels sowie die Erythropoese und das reproduktive endokrine System. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen kann daher eine breit gefächerte Symptomvielfalt hervorrufen, ohne dass pathognomonische Symptome auftreten. Andererseits können aber Erkrankungen vieler Organe und metabolische Störungen auch auf die Schilddrüse zurückwirken und die Serumkonzentrationen der Schilddrüsenhormone verändern.

Diagnose der primären Hypothyreose

Klinisch manifestiert sich die canine primäre Hypothyreose vor allem durch Lethargie und Bewegungsunlust, Gewichts zunahme, Fellprobleme und Bradykardie. Sind solche klinischen Verdachtssymptome vorhanden, ist die Diagnose „primäre Hypothyreose“ nach den Ergebnissen unserer Studie [1] am sichersten durch die gleichzeitige Bestimmung von cT4, cTSH und die Ermittlung des T4/TSH-Quotienten zu stellen (Der T4/TSH-Quotient dient damit als annähernd gleich wertiger Ersatz für den immer noch als Goldstandard geltenden TSH-Stimulationstest.). Liegt ein pathologischer Quotient von kleiner 12 vor, sollte baldmöglichst eine T4-Substitutionstherapie mit synthetischem Thyroxin (Levothyroxin) begonnen werden.

Substitutionstherapie mit Levothyroxin

Die Dosierungsempfehlungen aus der Literatur bewegen sich zwischen 1 – 2 x 10 – 20 ?g T4/kg Körpergewicht/Tag oral, was einer Tagesdosis von 10 – 40 ?g/kg Körpergewicht (KGW) entspricht. Aktuelle Empfehlungen [2] [3] liegen im Bereich von 26 – 40 ?g/kg/Tag. Dies ist das etwa 20-Fache der beim Menschen zur Therapie der manifesten Hypothy reose üblichen Dosierung von 1,5 ?g/ kg/Tag [4]. Die Gründe dafür liegen in dem beim Hund wesentlich schnelleren Metabolismus der Schilddrüsenhormone und einer täglichen Elimination von 50 % des gebildeten T4 über den Kot. Da beim Hund zudem deutliche rasse- und altersabhängige Unterschiede in der physiologischen Konzentration der Schilddrüsenhormone bestehen, sind die individuelle Anpassung der Substitutionsdosis und die labormedizinische Therapieüberwachung besonders wichtig.

Therapieüberwachung

Von 26 Hunden mit primärer Hypothyreose (T4/TSHQuotient kleiner 12) liegen Werte für cT4 und cTSH 4 – 5 Wochen nach Beginn der T4-Substitutionstherapie mit obiger Dosierung vor. Abbildung 1a zeigt den Vergleich der Mittelwerte von cT4 und cTSH zum Zeitpunkt der Diagnosestellung (vor Therapie) und zum Zeitpunkt 4 – 5 Wochen unter Therapie. Das cT4 zeigt den erwünschten Konzentrationsanstieg in den leicht hyperthyreoten Bereich (Referenzbereich gesunder Hunde: 8 – 41 nmol/l) mit einem Mittelwert von 44,2 und einer Streuung (S) von 13,5. Das cTSH zeigt den erwarteten Abfall des Mittelwertes in den supprimierten Bereich (Referenzbereich gesunder Hunde: 0.04 – 0,59 ?g/l) von 0,03 ?g/l mit einer Streuung (S) von 0,02. Unter der gewählten Dosierung besserten sich die klinischen Symptome aller Hunde nach maximal 12 Wochen Therapie weitgehend bis vollständig, es traten keine unerwünschten Therapiewirkungen auf und auch die zum Diagnosezeitpunkt veränderten klinisch-chemischen und hämatologischen Werte normalisierten sich. Damit können aus den vorliegenden Daten unserer Studie zur Therapiekontrolle folgende optimalen therapeutischen Bereiche empfohlen werden:

- cT4: 30 – 58 nmol/l

- cTSH: kleiner 0,05 ?g/l

Therapeutische Konzentrationen in diesen Bereichen sollten nach 2 – 4 Wochen Dauer der T4-Substitutionstherapie erreicht werden. In Abbildung 1b ist beispielhaft der zeitliche Verlauf der cT4- und cTSH-Konzentrationen und des Körpergewichtes einer 10-jährigen Appenzeller/Berner Sennenhund-Mischlingshündin (30,5 kg) unter T4-Substitutionstherapie dargestellt.
Bereits nach 2 Wochen zeigten sich der T4-Anstieg von 3 auf 37 nmol/l und der Abfall der TSH-Konzentration von 5.8 auf 0,02 ?g/l. Bei den 4 nachfolgenden Messungen blieben diese Werte über den Zeitraum von 1,5 Jahren ziemlich konstant. Parallel dazu verlief die Besserung der klinischen Symptomatik:
Nach 5 Wochen war er wesentlich aktiver, die Bradykardie hatte sich nach 10 Wochen deutlich gebessert (Anstieg der Pulsfrequenz von 48 auf 60 – 70) und das Körpergewicht reduzierte sich von anfangs 30,5 kg nach 5 Wochen auf 27,9 kg und schwankte ab der 25. Woche zwischen 26 und 27 kg. Abbildung 2a zeigt die Normalisierung der Serumkonzentrationen von Cholesterin ab 2 Wochen Therapiedauer von 15,4 mmol/l auf Werte zwischen 7 und 9 mmol/l und von Kreatinin von 157 ?mol/l auf Werte zwischen 130 und 140 ?mol/l. Der Einfluss der T4-Substitution nach 4 – 5 Wochen Therapiedauer auf Kreatinin (n=25), Cholesterin (n=24) und den Blut-Hämoglobingehalt (n=17) ist anhand der Mittelwerte der verfügbaren Messresultate in Abbildung 2b dargestellt. Neben dem bekannten starken Abfall der Cholesterinkonzentrationen zeigen sich auch ein deutlicher Abfall der Kreatininkonzentrationen um durchschnittlich 23 ?mol/l und ein durchschnittlicher Anstieg der Hämoglobinwerte um 2,2 g/dl. Somit führt eine optimale Substitutionstherapie auch zu einer Verbesserung von Nierenfunktion und rotem Blutbild.

(Um die Abbildungen zu sehen, bitte den PDF-Download der Ausgabe 1/2011 nutzen)

Literatur

[1] Müller W. (2010): Verdacht Hypothyreose. HundKatzePferd 05/10: 24–29.
[2] Dixon R.M. et al. (2002): Treatment and therapeutic monitoring of canine hypothyroidism. J. Small. Anim. Pract. 43: 334–340.
[3] Ferguson D.C. (2007): Testing for Hypothyroidism in dogs. Vet. Clin. Small. Anim. 37: 647–669.
[4] Gärtner R. (2010): Diagnostik und Therapie der Hypothyreose. MMW Fortschr. Med. 152(44): 67–9, 71.

HKP 1 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 1 / 2011.
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