Tierärzte & Kliniken
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Dr. Helene Rohrbach
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Anästhesie und Schmerztherapie beim neugeborenen Fohlen
Anästhesie und Schmerztherapie beim neugeborenen FohlenKaum auf der Welt – schon im OPDie Durchführung einer Allgemeinanästhesie stellt beim neonatalen oder pädiatrischen Fohlen eine große Herausforderung dar. Eine Blasenruptur, ein patenter Urachus, eine Nabelresektion, gastrointestinale Probleme, muskuloskeletales Trauma oder auch eine Gelenksinfektion können jedoch eine Anästhesie während der ersten Lebenstage unabdingbar machen. Fohlen haben im Vergleich zu gesunden, adulten Pferden während der ersten Lebenswoche ein 7,3-fach erhöhtes Risiko, im Verlauf einer Anästhesie zu versterben. Im Alter von 1 bis 4 Wochen ist das Risiko noch doppelt so hoch. Sind die Tiere erst einmal älter als 1 Monat, ist die Mortalitätsrate vergleichbar mit der von adulten Pferden, also etwa 0.9 %. Dies konnte in einer Evaluation von Todesfällen während einer Anästhesie gezeigt werden [1]. Diese Daten belegen, dass spezifische Kenntnisse zur umsichtigen Durchführung einer Anästhesie bei einem Fohlen notwendig sind. Die spezielle Physiologie beim neugeborenen Fohlen
Neonatale Fohlen unterscheiden sich in ihrer Physiologie grundsätzlich von adulten Pferden. So kann auch bei einem gesunden Fohlen ein Herzgeräusch hörbar sein, da sich der Ductus arteriosus manchmal erst mehrere Tage nach der Geburt verschließt. Das Herzminutenvolumen ist beim Neonaten stark von der Herzfrequenz abhängig. Medikamente, welche die Herzfrequenz senken, oder auch eine Hypothermie führen zu einer dramatischen Reduktion des Herzminutenvolumens, was wiederum zu einer Gewebshypoxie führen kann. Die durchschnittliche Herzfrequenz liegt während der ersten Lebensmonate bei 100 Schlägen/min. Im Alter von drei Monaten sinkt sie schon auf 60 Schläge/min gesunken. Diese Veränderung reflektiert wahrscheinlich den Übergang von einer Dominanz des Sympathikus zu einer Erhöhung des Vagotonus, welcher mit der Reifung des kardiovaskulären Systems einhergeht. Anästhetika führen zu einer Reduktion des Herzminutenvolumens und des Gefässtonus, zusätzlich kommt es zu pulmonalen Atelektasen und einer reflektorischen Konstriktion der Lungengefäße: Mögliche Konsequenzen sind vaskuläre Shunts. Im Vergleich zum adulten Pferd haben Fohlen im Wachzustand einen höheren Grundumsatz, der von einem hohen Herzminutenvolumen abhängig ist. Fohlen haben im Allgemeinen aufgrund des niedrigeren systemischen vaskulären Widerstands einen tieferen Blutdruck als erwachsene Pferde. Der mittlere Blutdruck (MAP) liegt im Alter von 1 – 10 Tagen zwischen 70 und 90 mmHg, nach einem Monat sollte er auf 100 mmHg angestiegen sein. Wird die Anästhesie während der ersten Lebenstage durchgeführt, ist deshalb eine besonders gründliche Überwachung des kardiovaskulären Systems angebracht. Der Ablauf der Anästhesie
Eine Prämedikation führt zu einer ruhigeren Einleitung und einer stabileren Anästhesie. Benzodiazepine wie Diazepam oder Midazolam bewirken bei neonatalen Fohlen eine gute und sichere Sedation. Alpha-2 Agonisten wie Xylazin oder Romifidin führen hingegen zu einer starken Bradykardie und sollten bei Fohlen, die jünger als 1 Monat sind, möglichst vermieden werden. Ist ein Fohlen so unkooperativ, dass nicht darauf verzichtet werden kann, sollte mit sehr tiefen Dosierungen begonnen werden. Werden Benzodiazepine aufgrund von fehlenden analgetischen Effekten mit einem Opioid (Methadon, Morphin, Buprenorphin oder Butorphanol) kombiniert, führt dies durch synergistische Effekte neben einer guten Analgesie auch zu einer Verbesserung der Sedation. Sobald die Tiere tief sediert sind, sollte ihnen Sauerstoff mittels Maske oder Nasensonde verabreicht werden (Abb. 1). Foto: © Dr. Helene Rohrbach |
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