Aus purem Vergnügen
Das höchste Ziel der klassisch-barocken Reitweise beruht auf der einhändigen Reitereim auf blanker Kandare. Annette Brenken über diese faszinierende Reitkunst mit Schulsprüngen, wie Courbette, Kapriole und Terre à Terre.
Ursprünglich begründete sich diese Reitkunst auf der Waffen- und Kampfreiterei. Der Reiter musste eine Hand frei haben – für die Waffe, die Lanze, den Degen, aber auch in der Arbeitsreitweise für das Lasso, die Garrocha. Die Pferde sollten mit möglichst leichten Hilfen in höchster Versammlung geritten werden und bedurften hierfür einer sehr hohen Ausbildung, denn von der Qualität der Ausbildung hing der Sieg im Kampf und das Leben von Pferd und Reiter ab. Auch die Fürsten kämpften zunächst in der Renaissance noch selbst in den vorderen Reihen auf dem Schlachtfeld mit und verfeinerten die Waffenübungen. Es wurde deshalb an den europäischen Fürstenhäusern auf eine Zucht hierfür besonders geeigneter Pferde geachtet. Nach und nach entwickelte sich hieraus an den Höfen eine reine Freizeitreiterei, während auf den Schlachtfeldern aufgrund der neu entwickelten Schusswaffen, die Kampfreiterei ausstarb. Aus diesen Zeiten stammen Schriften zur Reitausbildung von Antoine de Pluvinel (1555 1624), Rittmeister und Berater des Königs Ludwig des XIII, der bereits die Psyche des Pferdes beachtete und die Pferde bei der Ausbildung lobte und belohnte. Auch Francois Robichon de la Guérinière (1666– 1751) schrieb die „L Ècole de Cavalerie“, eine bis heute geltende Reitlehre, die auf Gymnastizierung und Durchlässigkeit der Pferde beruhte, den Sitz des Reiters veränderte und für das Pferd qualvolle Ausrüstungsgegenstände abschaffte. In der heutigen Zeit organisieren sich nun immer mehr Interessierte in Vereinen und Verbänden, die nach diesen Grundsätzen mit ihren Pferden umgehen und die klassisch-barocke Reitweise fördern wollen. Die Fehler liegen stets beim Reiter nicht beim Pferd, dies ist einer der wichtigsten Grundsätze in dieser Reitweise. Die Ideale der klassisch-barocken Reitkunst beinhalten eine gesundheitsschonende und langwierige Ausbildung (ca. 7 Jahre) für das Pferd, so dass dieses möglichst bis ins hohe Alter gesund und leistungsfähig bleibt. Bekannte ausländische Vertreter sind die Spanische Hofreitschule in Wien, die Cadre Noir in Saumur, die königlich andalusische Reitschule in Jerez, die Escola Portuguesa in Queluz sowie Bent Branderup in Dänemark.
Barocke Reitweise und Pferderassen
Diese Reitweise setzt sich aus Schulen auf der Erde (Piaffe, Passage, Pirouetten, Redopp, spanischer Schritt, Schulter herein, Travers, Renvers) und Schulen über der Erde (Courbette, Terre a Terre, Levade, Pesade, Croupade, Kapriole, Ballotade) zusammen. Weiterhin wird das Damensattelreiten, zirzensische Lektionen (Kompliment und Hinlegen) und Arbeit an der Hand von Vertretern dieser Reitweise kultiviert, ebenso wie die spanische und portugiesische Reitweise. Es gibt sogenannte Barockpferderassen, die sich aufgrund ihres Körperbaus sehr gut für die gewünschte Versammlung und hohe Schule eignen. Hierzu zählen Friesen, P.R.E. ( Pura Raza Espaniola ), Andalusier, Lusitanos, Lippizaner, Kladruber und Knabstrupper. Grundsätzlich ist diese Reitweise jedoch für jedes Pferd geeignet.
Organisationen
Der Bundesverband für klassisch-barocke Reiterei Deutschland e. V., dessen Präsident Richard Hinrichs ist, hat eine Ausbildungsund Prüfungsordnung erarbeitet und diese als Anschlussverband mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) abgestimmt. Es werden Trainer-C/B-Lehrgänge (Basissport) auch im Jahr 2010 durchgeführt. Kooperationspartner des Bundesverbandes für klassisch-barocke Reiterei Deutschland e. V. sind drei Landesverbände, der Landesverband Ost ( Ehrenmitglied Desmond O’Brien ), die Landesvereinigung für klassisch barocke Reiterei in Bayern und der Landesverband Niedersachsen/ Nordrhein Westfalen.
Annette.Brenken@web.de
Foto: Kathrin Beese-Gotthard
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