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Bunte Reihe gestern – heute MALDI-TOF

Schnelle Klarheit

Bakterien korrekt und vor allen Dingen in der heutigen Zeit schnell und zuverlässig zu diagnostizieren, bereitet dem Rou­tinebakteriologen keine Kopfschmerzen mehr.

Bunte Reihe, API und Co sind fast vergessen, Geräte wie das MALDI-TOF stehen zur Verfügung. Ein Grundstein für weitere Diag­nostik ist gelegt. Zusammen mit der Resistenzbestimmung liefern sie wichtige Informationen bei der Auswahl geeigneter Anti-Infektiva.

Bakterienkultur und Mikroskopie

Bakterien zu identifizieren, daran arbeitete bereits 1872 Ferdinand Julius Cohn. Sein Artikel „Die Untersuchungen über Bakterien“ und der Nachweis des sporenbildenden Heubazillus (Bacillus subtilis) erregten schon damals die Gemüter. Ein weiterer Pionier, der deutsche Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch, war schon immer um die Entwicklung bakteriologischer Techniken bemüht. Er verwendete die ersten Ölimmersionslinsen, machte transparente Mikroorganismen durch Färbungen sichtbar und entwickelte am Kaiserlichen ­Gesundheitsamt eine Kulturplattentechnik. Fleischbrühe wurde dazu mit Gelatine verfestigt, Bakterien wuchsen auf damals viereckigen „Plattenschalen“. Ein entscheiden­der Schritt war getan, um Bakterien auf Nährböden sichtbar zu machen, erstarrungsfähige und durchsichtige Nährböden für Reinkulturen waren entwickelt. Mithilfe einfacher Mikroskope, gebaut 1879 von Carl Zeiss, gelang es Koch schon in der damaligen Zeit zu mikroskopieren. Auch heute noch sind in der Infektionsdiagnostik die kulturelle Erregeranzucht auf festen bzw. flüssigen Nährmedien, die Färbung und das Mikroskopieren drei wichtige ­Elemente bzw. die Grundlage zur Keim­ide­ntifizierung.


Abb.1 Maldi-TOF Axima Assurance (freundlicherweise von SHIMADZU, Deutschland GmbH zur Verfügung gestellt).

Bunte Reihe

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die so genannte „Bunte Reihe“ entwickelt. Dabei handelt es sich um eine labortechnische Methode, um Bakterien anhand verschiedener biochemischer Merkmale zu identi­fizieren. Meist werden Reagenzröhrchen mit verschiedenen Nährmedien bestückt. Diese enthalten Reagenzien und Indikatoren, wodurch die Bestimmung von Bakterien auf Ebene der Gattung oder sogar der Art möglich ist. Im Jahr 1970 revolu­tionierte dann das so genannte API® den Bereich der Bakteriologie. Nach 24h-Bebrütung konnten Bakterien standardisiert und miniaturisiert, visuell bzw. elektronisch ausgewertet werden. In den nachfolgenden Jahren folgte eine große Anzahl anderer Identi­fizierungssysteme wie Micronaut, Vitek Enteropluri usw.

Allgemeines

Die wesentliche Aufgabe eines veterinärmedizinischen Routine­labors besteht im Nachweis und in der Identifikation von Bakterien mit Resistenztestung aus unterschiedlichem Untersuchungsmaterial. Im Labor für klinische Diagnostik (LABOKLIN in Bad Kissingen) werden Variaproben (Tupferproben diverser Lokalisationen), Geschabsel der Haut, Punktate, Urinproben, Blutkulturen, Faeces usw. auf das Vorhandensein von Erregern untersucht. Biochemische Tests wie Bunte Reihen bilden momentan den Standard in der Mikrobiologie, sind jedoch sehr zeit-, kosten- und arbeitsaufwändig. Bestimmte ELISA-Methoden können ebenso einzelne Spezies in komplexen Nährlösungsgemischen detektieren, jedoch ist auch hier der Arbeits-und Kosten­aufwand enorm. Die PCR, eine schnelle und hochsensitive Methode, muss umständlich betrieben werden, erfordert ein „Presampling“, d.h. eine Vorauswahl, die festlegt, nach welchem Erreger gesucht wird. Die als Goldstandard geltende 16s-rDNASequenzierung, wie die manchmal zur Bakterienidentifizierung eingesetzte Pulsfeld-Gelelektrophorese und die DNA-Mikroarray-Hybridisierung ist hoch­präzise, jedoch sehr teuer und arbeitsintensiv.

MALDI-TOF

Seit einiger Zeit kommt eine noch relativ unbekannte Technik zum Einsatz. Die so genannte MALDI-TOF (Matrix-Assisted Laser Desorption/Ionisation Time of flight )- Massenspektrometrie (Abb.1) ist ein Verfahren zur Massen­analyse von chemischen Verbindungen und stellt eine Kombination aus den Verfahren matrixunterstützte Laser-Desorp­tion/Ionisation und Massenspektrometrie mit Flugzeitanalysator dar. Ein Laser ionisiert Moleküle, die sich in einer auskristallisierten organischen Matrix befinden. Ionen werden in einem elektrischen Feld beschleunigt und durch ein Flugrohr geleitet. Zu unterschiedlichen Zeiten gelangen dann die geladenen Moleküle in Abhängigkeit von der Ladung und der Masse zum Detektor. Aus den Flugzeiten errechnet dann die Detektoreinheit die Molekularmassen und erzeugt das Massenspektrum. Hinterlegt ist eine große Referenzbank mit vielen klinisch wichtigen veterinärmedizinischen Infektionserregern. Eine einfache Bedienung führt zu schnellen, repro­duzierbaren Ergebnissen. Von einer Übernachtkultur von Nährbodenplatten genügt das Auftragen einer winzigen Menge auf ein so genanntes Target, das mit einer Matrix fixiert wird. Laboklin wertete im letzten Jahr mithilfe dieses Verfahrens 32.000 Bakterienisolate aus. Eine statistische Auswertung in Familien erfolgt in Abbildung 2.


Abb.2 Statistische Auswertung bestimmter Familien.

Revolution in der Keim­identifizierung und Fazit

Die einfache Probenaufbereitung, kurze Messzeiten (pro Keim 3–5 Minuten), eine automatisierte Abarbeitung großer Probenmengen, sowie zuverlässige Identifizierungen verschiedener Referenz- und Ringversuchsstämme überzeugten uns in den letzten Jahren von der Robustheit des Systems. Von Nachteil sind hohe Anschaffungs- und Wartungskosten, aber niedrige Kosten für Materialien wie Matrixlösungen, Spitzen und Targets machen den MALDI-TOF erst nach großem Probendurchsatz rentabel. Für ein Routinelabor ist dieses Gerät von großem Nutzen, da in der veterinärmedi­zinischen Diagnostik Mikroorganismen immer schneller und zuverlässiger identifiziert werden müssen, um einer unkontrollierten Gabe von Antibio­tika, die in den letzten 50 Jahren zu einer starken Resistenzentwicklung bei krankheitser­re­genden Bakterien führte, ent­gegenzuwirken. Die Antibio­tika­leitlinien in der Veterinärmedizin sind daher ein „Muss“ für jeden Tierarzt. Das Einsatzspektrum für den MALDI-TOF lässt sich jedoch noch erweitern. Die Typisierung von MRSA-und ESBL-Stämmen, Studien an eukaryotischen Einzellern wie Plasmodien, Cryptosporidien und Giardien­, aber auch an Blattläusen, Gnitzen und Zecken laufen. Diese Technik hat Potenzial für weitere Forschung.

take home

Das MALDI-TOF ist ein Gerät, das mithilfe von Massenspektrometrie Bakterienisolate automatisiert in kürzester Zeit identifizieren kann. Denn eine schnelle Bestimmung des Bakteriums ist oft entscheidend für den Einsatz des richtigen Antibiotikums. Kosten-, zeit- und arbeitsintensive Verfahren wie Bunte Reihen werden dadurch ersetzt.

Foto: © wikipedia.org

Stichwörter:
Bakterienkultur, Mikroskopie, Massenspektrometrie,

HKP 8 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 8 / 2013.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.