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Versandhandel bei Tierarzneimitteln

Die Entwicklung im Rahmen der Humanmedizin hat nunmehr auch die Tiermedizin eingeholt: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Versandhandel mit Tierarzneimitteln im bestimmten Rahmen zulässig ist. Uwe H. Hohmann berichtet über den aktuellen Fall.

Der BGH hat entschieden, dass das Verbot des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln solche Fälle nicht erfasst, in denen eine durch die spezifischen Risiken des Versandhandels verursachte Fehlmedikation weder eine Gesundheitsgefahr für den Menschen noch eine im Blick auf Artikel 20a Grundgesetz GG relevante Gefahr für die Gesundheit des behandelnden Tieres begründet. Eine solche Gefahr ist grundsätzlich bei Tierarzneimitteln ausgeschlossen, die bestimmungsgemäß nur bei nicht zu Ernährungszwecken vom Menschen gehaltenen Haustieren anzuwenden sind.

Der Fall

Die Beklagte betreibt eine Versandapotheke und bot über ihre Website neben anderen Tierarzneimitteln auch das zur Bekämpfung von Flöhen und Zecken bei Hunden zugelassene apothekenpflichtige Tierarzneimittel „exspot“ an. Dagegen klagte die Verkäuferin für dieses Mittel, die große Mengen an den Großhandel sowie an Tierärzte und Apotheker absetzte. Sie vertrat die Auffassung, dass der Vertrieb über die Versandapotheke gegen das Arzneimittelgesetz verstoße. Der BGH legte das grundsätzlicheVerbot des Versandhandels mit Tierarzneimitteln verfassungskonform dahingehend aus, dass sich das Verbot nur dann begründen lässt, wenn die dadurch erfolgte Berufseinschränkung für Apotheker durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und auch erforderlich sei. Das Verbot solle einer unkontrollierten Anwendung apothekenpflichtiger Arzneimittel durch die Tierhalter vorbeugen.
Die meisten Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Apotheken, die sich auf die Abgabe von Arzneimitteln beziehen, dienen im weitesten Sinne der Gesundheit der Bevölkerung. Hier muss zwischen dem Nutzen für das Gemeinwohl und den die Berufstätigen belastenden Vorkehrungen abgewogen werden. Der BGH entschied ganz rational, dass sich nicht erkennen lasse, wie das Verbot des Versandhandels mit Tierarzneimitteln dem Gemeinwohlbelang des Schutzes der menschlichen Gesundheit dienen könne.
„Eine durch die Abgabe von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels etwa verursachte Fehlmedikation von solchen Tieren führte regelmäßig weder unmittelbar noch auch – da die Tiere und ihre Erzeugnisse bestimmungsgemäß nicht in die Nahrungskette gelangen – mittelbar zu den Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung.“ Das Gericht berücksichtigte hierbei auch, dass u. a. Hunde eher als „Hausgenossen“ aus ideellen Gründen in den Haushalt aufgenommen werden und bei ihnen nicht die Gefahr einer aus Erwerbsgründen, z. B. zur Viehzucht gesteigerten übermäßigen Medikation, bestehe. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer durch übermäßige Sorge um das Wohlergehen des Haustieres verursachten Übermedikation lenkte der BGH seinen Blick auf die Humanarzneimittel und stellt fest, dass der Gesetzgeber die gleichen Gefahren für den Menschen bei dem Versandhandel mit Humanarznei mitteln für hinnehmbar hält, dann könne für die Tierarzneimittel kein anderer Maßstab gelten. Was bedeutet die Entscheidung für die tierärztliche Hausapotheke? Die Entscheidung betrifft OTC-Produkte, der Gesetzgeber geht für verschreibungspflichtige Arzneimittel in ähnliche Richtung. Die Versandapotheken werden für die Tierhalter jedenfalls im OTC-Bereich Rabatte geben, die die Bestellung über den Versandhandel attraktiv machen. Das Gleiche gilt für Zugaben, deren Umfang über 1 Euro noch umstritten ist.

rechtsanwalt@hohmannkoeln.de

HKP 2 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 2 / 2011.
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„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
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und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.