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"Tierarzt und Tierhalter"

Eine manchmal gestörte Geschäftsbeziehung

In vielen Bereichen des Geschäftslebens ist zunehmend festzustellen, dass Leistungen in Anspruch genommen werden, ohne diese bezahlen zu wollen oder bezahlen zu können. Diese sehr negative Entwicklung macht auch vor Tierarztpraxen nicht halt.

Teil 1 dieses Beitrages in der vorangegangenen Ausgabe zeigte anhand von Beispielen Möglichkeiten auf, über die der Tierarzt nach der Rechnungsstellung verfügt – von der Zahlungsaufforderung über die Stundung bis zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe.

Gerichtliches Mahnverfahren

Unabhängig davon, ob der Tierarzt selbst den Schuldner zur Zahlung auffordert oder aber einen Rechtsanwalt beauftragt, kann in der Praxis häufig festgestellt werden, dass der Schuldner gleichwohl der Aufforderung nicht nachkommt, also den Rechnungsbetrag nach wie vor nicht zahlt. Sofern davon auszugehen ist, dass auch weitere außergerichtliche Bemühungen den Schuldner nicht zur Bezahlung der Rechnung veranlassen werden, sollte ernsthaft über die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens nachgedacht werden. Das Mahnverfahren ist ein besonderes Prozessverfahren nach der Zivilprozessordnung. Es gibt dem Tierarzt als Antragsteller die Möglichkeit, auf einfachem, schnellem und kostengünstigem Weg einen vollstreckbaren Titel gegen den Tierhalter (Antragsgegner) zu erlangen. Gegenüber dem normalen Zivilprozess ist es einfacher, weil es in formularmäßiger Form durchgeführt wird und schneller, weil eine mündliche Verhandlung vor dem Gericht nicht stattfindet.
Es steht im Belieben des antragstellenden Tierarztes, ob er eine Geldforderung im Wege der normalen Klage oder durch ein Mahnverfahren geltend machen will. Das Mahnverfahren empfiehlt sich zumindest dann, wenn nicht mit Einwendungen des Tierhalters zu rechnen ist. Sind Einwendungen des Tierhalters (z. B. „Nicht- oder nur Teilerbringung der in der Rechnung aufgeführten Leistungen“) zu erwarten, so ist es unter Umständen besser, von vornherein eine Klage einzureichen.
Sofern der zuständige sachbearbeitende Rechtspfleger bei Gericht die Voraussetzungen als gegeben ansieht, erlässt er den beantragten Mahnbescheid, der sodann dem säumigen Tierhalter zugestellt wird. Der säumige Tierhalter hat sodann die Möglichkeit, Widerspruch gegen den Mahnbescheid zu erheben. Im Falle eines Widerspruchs wird das Verfahren in ein normales zivilrechtliches Klageverfahren übergeleitet. Für den Fall, dass der säumige Tierhalter keinen Widerspruch erhebt, muss der Tierarzt den nächsten prozessual vorgesehenen Schritt einleiten. Der Mahnbescheid selbst ist kein Vollstreckungstitel, sondern lediglich eine Vorstufe für den Vollstreckungsbescheid. Wenn der Antragsgegner, also der Tierhalter, nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben hat, ergeht auf Antrag des Tierarztes ein Vollstreckungsbescheid. Dieser ist dann ein Vollstreckungstitel, aus dem der Tierarzt zur Zwangsvollstreckung gegen den säumigen Tierhalter berechtigt ist.
Erst wenn das Verfahren in einen normalen Zivilprozess übergeleitet wird (vgl. oben), entstehen weitere Gebühren. Hier gibt es sodann eine Vielzahl von Möglichkeiten, abhängig davon in welcher Form das Gerichtsverfahren beendet wird (Anerkenntnis, Klagerücknahme, Urteil). Die Gerichtskosten sind allerdings in keinem Falle so hoch, als dass ausschließlich aus diesem Grunde auf die Beitreibung der geltend gemachten Forderung verzichtet werden sollte, zumal die Kosten bei erfolgreicher Verfahrensbeendigung von dem Tierhalter gezahlt werden müssen.

Zwangsvollstreckung

Aber auch nach Erteilung eines Vollstreckungsbescheides ist der geltend gemachte Anspruch noch nicht vollständig abgesichert, da der säumige Tierhalter noch die Möglichkeit hat, gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch einzulegen. Wird ein Einspruch eingelegt, so wird das Verfahren wiederum in ein zivilprozessuales Klageverfahren übergeleitet. In der Praxis ist allerdings festzustellen, dass die Einlegung eines Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid weitaus seltener erfolgt als die Erhebung eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid.
Sofern also der säumige Tierhalter keinen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegt, jedoch auch seinen Verpflichtungen aus diesem Vollstreckungstitel nicht freiwillig nachkommt, so stellt der Staat jedem Gläubiger, also auch dem Tierarzt, Zwangsmittel zur Durchsetzung oder Sicherung seines Honoraranspruchs zur Verfügung.
Wege der Zwangsvollstreckung. Die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens ist allerdings nur dann zu empfehlen, wenn dies nicht von vornherein völlig aussichtslos erscheint und dem Tierarzt nur eine Kostenbelastung bringt. Die Zwangsvollstreckung in Forderungsangelegenheiten wird in der Regel durch die Pfändung von Forderungen gegen Dritte (Pfändungs- u. Überweisungsbeschluss) oder durch den Gerichtsvollzieher betrieben. Durch den Vollstreckungsauftrag wird der Gerichtsvollzieher zur Durchführung der Zwangsvollstreckung befugt. Der Gerichtsvollzieher handelt bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung als Beamter, d. h. er übt „staatliche Gewalt“ aus. Der Gerichtsvollzieher wird aufgrund des ihm erteilten Vollstreckungsauftrages versuchen, in das Vermögen des säumigen Tierhalters zu vollstrecken. Der Gerichtsvollzieher ist dabei befugt, die Wohnung und die Behältnisse des säumigen Tierhalters zu durchsuchen und verschlossene Türen und Behältnisse öffnen zu lassen. Widerstand darf er mit Gewalt brechen und dafür polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen. In einem extrem gelagerten Fall hat dies erst jüngst dazu geführt, dass der Gerichtsvollzieher mithilfe des Sondereinsatzkommandos der Polizei die Wohnung eines säumigen Schuldners gestürmt hat, da dieser sich mit Waffengewalt zur Wehr setzte.
Trotz dieser weitrechenden Befugnisse eines Gerichtsvollziehers oder trotz Vorliegen eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bietet die Einleitung einer Zwangsvollstreckung nicht die Gewähr dafür, dass der nach wie vor offene Rechnungsbetrag auch vollstreckt werden kann. So kann es beispielsweise durchaus vorkommen, dass die offene Forderung nicht realisiert werden kann, d. h. die Pfändung erfolglos verläuft. In diesem Fall kann gegebenenfalls der säumige Tierhalter gezwungen werden, sein gesamtes Vermögen zu offenbaren und die Vollständigkeit des darüber auszufertigenden Verzeichnisses eidesstattlich zu versichern. Durch das Verfahren auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wird weiterer Druck auf den säumigen Tierhalter ausgeübt. Dieser scheut in der Regel die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, da Auskunfteien und Banken darüber besondere Verzeichnisse führen. Insofern wird die Kreditwürdigkeit des Tierhalters in erheblichem Maße beeinträchtigt.
Nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, also der erfolglosen Vollstreckung mag darüber nachgedacht werden können, zu Lasten des Schuldners einen Insolvenzantrag zu stellen. Sofern der Tierhalter eine tierärztliche Leistung in Anspruch nimmt, ohne die Vergütung bezahlen zu wollen oder zu können, stellt dies möglicherweise als sog. „Eingehungsbetrug“ eine strafbare Handlung dar. Die Einleitung eins Strafverfahrens durch den Tierarzt zielt aber nicht mehr auf die Realisierung der Forderung ab, sondern lediglich auf eine „Bestrafung“ durch die staatliche Gewalt. Die vorerwähnte Möglichkeit fördert nicht die Liquidität des Tierarztes, wird selten in Anspruch genommen und deshalb hier der Vollständigkeit halber erwähnt.

Ergebnis

Die Durchsetzung des tierärztlichen Honorars ist unter Umständen mit einem erheblichen Aufwand und – je nach Höhe der Tierarztrechnung – erheblichen Kosten verbunden. Sofern der Tierhalter außergerichtlichen Zahlungsaufforderungen nicht nachkommt, sollte der Tierarzt zumindest das gerichtliche Mahnverfahren durchführen und sich einen Vollstreckungstitel besorgen. Dies sollte auch dann gemacht werden, wenn bekannt ist, dass der Tierhalter derzeit zahlungsunfähig ist, da ein Vollstreckungstitel die Durchsetzbarkeit der Forderung für 30 Jahre sichert. Eine Zwangsvollstreckung als nächster Schritt sollte hingegen nur dann durchgeführt werden, wenn tatsächlich die Realisierung der Forderung möglich erscheint. Wenn dem Tierarzt allerdings bekannt ist, dass gegen den säumigen Tierhalter bereits ein Verbraucherinsolvenzverfahren läuft (was derzeit durchaus zunehmend der Fall ist), so kann auf die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens von vornherein verzichtet werden. Dies ändert nichts an der Gültigkeitsdauer des Vollstreckungstitels.
Das gerichtliche Mahnverfahren und insbesondere das sich daran eventuell anschließende Vollstreckungsverfahren beherbergen erhebliche Formalitätsanforderungen und juristische „Fallstricke“. Die Verfahren sollten daher nur von denjenigen Tierärzten selbständig aktiv betrieben werden, die zumindest einige Erfahrungen und Kenntnisse in diesem Bereich haben. Ansonsten empfiehlt es sich, versierte anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sofern sich der Tierhalter seinerseits eines Rechtsanwaltes bedient, läuft der nicht anwaltlich vertretene Tierarzt möglicherweise Gefahr, mangels zivilprozessualer Kenntnisse und Erfahrungen seinen Anspruch in formaler Hinsicht nicht richtig und daher nicht erfolgreich geltend zu machen.

althaus@moenigundpartner.de

HKP 5 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2009.
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Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.