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Chancen nutzen

Chancen nutzen

Nierenerkrankungen bei Katzen früh erkennen und effektiv behandeln

Die Chronische Niereninsuffizienz (CNI) gehört zu den häufigsten Erkrankungen von älteren Katzen. Die Krankheit ist progredient, unheilbar und führt letztlich zum Tod. Dennoch können betroffene Katzen unter Umständen einige Jahre gut mit der Erkrankung leben, wie Dennis Chew, Professor für Klinische Wissenschaften am Veterinärmedizinischen Lehrhospital der Universität Ohio, auf seinem Vortrag im Rahmen des ESFM Feline Congress 2008 in Edinburgh ausführte.

Voraussetzung hierfür sind allerdings die Früherkennung der CNI sowie die frühzeitige und effektive Kontrolle der Phosphataufnahme [1].

Problem der Früherkennung

Die Früherkennung der CNI ist jedoch alles andere als einfach. Geschuldet ist dies der enormen Reservekapazität der Nieren [2]. Im ersten Stadium der Erkrankung sind die Tiere klinisch meist symptomfrei, im zweiten Stadium zeigen sie allenfalls schwache und wenig spezifische Symptome.
Darüber hinaus nehmen viele Katzenhalter die anfänglichen vagen Symptome einer CNI, wie beispielsweise abnehmende Aktivität oder vermehrtes Trinken, nicht als Hinweise auf eine Erkrankung sondern vielmehr als Zeichen für den Alterungsprozess bei ihrem Tier wahr. Häufig gibt erst eine massive Verschlimmerung der Krankheitserscheinungen den Besitzern den Anstoß, eine Tierarztpraxis aufzusuchen. [3]

Frühdiagnostik im Rahmen von Routineuntersuchungen

Tatsächlich ist auch anhand der absoluten Nierenwerte im Blut selten eine echte Früherkennung möglich. Denn auch die Laborbefunde weisen erst in einem fortgeschrittenen Stadium auf eine Erkrankung der Nieren hin. Die absoluten Werte von Kreatinin und Harnstoff im Blut bewegen sich erst ab einer Zerstörung von 60–70 % des funktionellen Gewebes in Richtung des als pathologischen angesehenen Bereichs [2]. Andere, für eine Nierenerkrankung wichtige Parameter, sind sogar erst noch später erhöht. So ist eine Hyperphosphatämie häufig erst feststellbar, wenn bereits 85 % des Nierengewebes zerstört sind. Dieser Umstand ist irreführend. Da die Phosphatausscheidung bei Nierenschäden gestört ist, muss man von Beginn der Krankheit an mit einer Phosphatanreicherung im Organismus rechnen. Verschiedene Kompensationsmechanismen halten den Plasmaphosphatwert quasi „künstlich“ niedrig [1]. Dennoch können regelmäßige Untersuchungen der Nierenwerte Harnstoff und Kreatinin, z.B. im Rahmen eines sogenannten
Seniorchecks, sehr nützlich zur Früherkennung einer CNI sein, wenn nämlich nicht nur die absoluten Werte betrachtet werden, sondern vor allem die relative Entwicklung der Befunde aufmerksam beobachtet wird [1].
So sollte ein Anstieg des Kreatininwertes auch innerhalb des physiologischen Referenzbereichs Anlass zu Folgeuntersuchungen geben, wenn weitere Verdachtsmomente vorliegen, wie z.B. ein schleichender Gewichtsverlust des Tieres oder gleichzeitig vorliegende Veränderungen des Harnstatus [1].
Ein positiver Befund für Eiweiß im Harn ist zwar wenig spezifisch, weil eine Proteinurie bei Fleischfressern auch nach einer Mahlzeit oder bei Erkrankungen, wie beispielsweise Fieber, auftreten kann [4,2], aber im Zusammenhang mit anderen Veränderungen ist er diagnostisch und prognostisch durchaus wertvoll. Heine [4] empfiehlt daher das Protein: Kreatinin-Verhältnis (UPC) als Standard-Screening Verfahren. Ein entscheidender Parameter für die Diagnose einer CNI ist nach Chew [1] das Spezifische Gewicht (SG) des Harns. Aufgrund der enormen Harnkonzentrierungsfähigkeit der Katze sollten jedoch bereits Werte, die unter 1.035 liegen als verdächtig betrachtet werden [4]. Denn eine klassische Isosthenurie (1.008–1.012) ist erst zu erwarten, wenn bereits 60–70 % des Nierengewebes untergegangen sind [2]. Sehr sensibel und aussagekräftig in frühen Stadien der CNI ist die Bestimmung der Glomulären Filtrationsrate (GFR). Dieser Nierenfunktionstest galt lange als zu aufwändig für die Praxis. Finnah [2] und Hartmann [5] haben nun einen Test beschrieben, der auf der Plasma-Clearance (P-Cl) von exogenem Kreatinin beruht. Dieser Test soll weit weniger aufwändig als bisherige Verfahren sein und daher durchaus praxistauglich.

Ziel: Die Progredienz der Erkrankung bremsen

In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung steht die Therapie der mannigfachen und teilweise lebensbedrohlichen Begleiterscheinungen einer CNI, wie beispielsweise Dehydratation, Anämie, Bluthochdruck usw., zunächst im Vordergrund [3]. Sobald der Patient stabil ist oder bei Patienten mit frühzeitig entdeckter CNI besteht das Hauptziel des therapeutischen Managements darin, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Während man früher glaubte, dies über eine Proteinreduktion in der Katzennahrung erreichen zu können, kristallisiert sich seit einigen Jahren immer mehr heraus, dass der Schlüssel zu einem erfolgreichen Management der CNI in der Reduktion der Phosphataufnahme besteht [1,6,7,8,9]. Denn überschüssiges Phosphat trägt bei einer CNI nicht nur entscheidend zur fortschreitenden Zerstörung des Nierengewebes bei, es korreliert auch direkt mit der Morbidität und Mortalität der betroffenen Katzen [1,6,7,8,9].

Phosphatreduzierte Diäten

Die Reduktion des Phosphatgehaltes in der Katzennahrung ist ein Weg, die Phosphataufnahme zu begrenzen. Tatsächlich sind beim konsequenten Einsatz phosphatreduzierter Nierendiäten sehr gute therapeutische Erfolge bei nierenkranken Katzen zu verzeichnen [10,11]. Eine strikte Phosphatbegrenzung in der Katzennahrung ist jedoch meist mit einer Proteinreduktion verbunden, weil die eiweißliefernden tierischen Gewebe von Natur aus reich an Phosphat sind [1]. Dieser Umstand kann zum Problem werden, weil eine Proteinreduktion bei Katzen zu einer Nahrungsverweigerung führen kann [12]. Tatsächlich konnten in einer klinischen Studie von Elliott et al. [11] 34 % der Katzen nicht auf die Nierendiät umgestellt werden und in einer Studie von Plantinga et al. [13] waren es sogar 54 %. Bei einer CNI ist es jedoch lebensnotwendig, dass die Katze genügend Energie zu sich nimmt. Denn ein kataboler Proteinstoffwechsel hat gerade bei der nierenkranken Katze fatale Auswirkungen auf die Nieren und den Gesamtorganismus. Sturgess [9] schreibt hierzu, dass fast jede Katzennahrung besser ist als das Risiko einer Nahrungskarenz.

Kontrolle durch neuen Phosphatbinder

Neben den Nierendiäten helfen auch Phosphatbinder dabei, die Phosphataufnahme nierenkranker Katzen deutlich zu verringern, indem sie einen Großteil des in der Nahrung enthaltenen Phosphats in unlöslichen Komplexen binden. Diese unlöslichen Komplexe können die Darmwand nicht passieren und werden mit dem Kot ausgeschieden. Zu den in für Katzen zugelassenen anorganischen Phosphatbindern zählen Futterzusatzstoffe auf Basis von
Kalziumcarbonat (Ipakitine®/Vétoquinol) und Lanthancarbonat (Renalzin®/Bayer HealthCare). Die langfristige Anwendung von Kalziumcarbonat kann jedoch unter Umständen eine Hyperkalzämie zu Folge haben [1,6]. Ein neues Präparat mit dem phosphatbindenden Wirkstoff Lanthancarbonat- Octahydrat (Renalzin®/Bayer HealthCare) zeichnet sich im Vergleich zu anderen Produkten auf Aluminium- oder Kalziumbasis durch besondere Verträglichkeit aus. Tatsächlich konnten in verschiedenen Studien mit diesem Wirkstoff bisher keine Nebenwirkungen bei Katzen festgestellt werden [14,15,16,17]. Weitere Untersuchungen bestätigten die gute Verträglichkeit des Präparats. Auch bei zehnfacher Überdosierung über einen Zeitraum von zwei Wochen konnten keine Nebenwirkungen bei Katzen ausgelöst werden [18]. Während in frühen Stadien der CNI der Einsatz von Phosphatbindern mit dem gewohnten Futter ausreicht, um die Phosphataufnahme auf ein unbedenkliches Maß
zu reduzieren, wird bei fortgeschrittener Erkrankung die Kombination mit einer Nierendiät empfohlen. Hierbei ist übrigens keine Hypophosphatämie zu befürchten. Obwohl dieser Effekt theoretisch möglich ist, tritt er in praxi äußerst selten ein [1,6,7,8]). Sicherheit geben hier regelmäßige Kontrollen der Phosphat- und Kalziumwerte im Blut.
Bei einer achtwöchigen Feldstudie mit 23 an CNI erkrankten Katzen, konnte bei 14 Katzen, die 400–600 mg Lanthancarbonat zu einer gewöhnlichen Katzennahrung erhielten, eine klare Absenkung des Phosphatspiegels und ein spürbare Besserung des klinischen Zustandes verzeichnet werden. Die Besitzer der Tiere gaben zu Protokoll, dass die Katzen unter Therapie wieder aktiver waren und Symptome, wie z.B. Vomitus deutlich zurückgingen. Insgesamt vermittelten die Tiere ihren Besitzern den Eindruck, dass sie sich wohler fühlten. Bei der Kontrollgruppe von neun Katzen, die eine Nierendiät ohne phosphatbindenden Zusatz erhielten, konnten keine vergleichbaren Verbesserungen festgestellt werden [19].

Management der CNI

Neben der Reduktion der Phosphataufnahme müssen – beim komplexen Krankheitsbild der CNI – die regelmäßige Kontrolle der Laborwerte und des Gesundheitszustandes Tieres sowie des Erfolges aller Therapiemaßnahmen ein wesentlicher Bestandteil des Managements sein. Nur so sind ein frühzeitiges Eingreifen bei Änderungen und eine erfolgreiche Therapie im Sinne einer Verbesserung der Lebensqualität und einer Erhöhung der Lebenserwartung der nierenkranken Katze möglich.

barbara-welsch@mnet-online.de

Foto: photocase.de | Patzita

Literatur beim Verlag

HKP 1 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 1 / 2009.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
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