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Dirofilariose bei Hunden

Dirofilariose bei Hunden

Wurm im Herz

Herzwurminfektionen bei Hunden kommen weltweit in Ländern mit warmem Klima vor, in Europa v.a. im Mittelmeerraum und damit in Ländern wie Italien, Spanien oder Frankreich. Übertragen wird Dirofilaria immitis über Stechmücken. Diese stellen den essenziellen Zwischenwirt dar, in dem die Entwicklung der bei der Blutmahlzeit aufgenommenen L1 über zwei Häutungen zur infektiösen L3 stattfindet. Diese Entwicklung dauert etwa zwei bis drei Wochen.

Die Mücke überträgt die L3 beim Saugakt auf den Wirt, in dem sie sich zunächst in der Subkutis innerhalb von ein bis zwei Wochen zur L4 und anschließend im Gewebe (30–60 Tage) zur L5 entwickelt. Diese präadulte Form dringt ins Gefäßsystem ein und erreicht etwa 100 Tage nach Infektion die Pulmonalarterien, in denen sie sich ansiedelt. Liegen günstige Bedingungen vor, werden die Weibchen geschlechtsreif und produzieren Mikrofilarien (L1), die im peripheren Blut und anderen Körperflüssigkeiten lokalisiert sind. Der komplette ­Zyklus bis zur Geschlechtsreife dauert mindestens fünf bis sechs Monate. Adulte Würmer führen zu Entzündungsreaktionen in den Pulmonalarterien, zu eosinophiler Pneumonitis sowie zu Thromboembolie. Diese reaktiven Gefäßläsionen führen zur Einengung der Gefäße. Sind Zweidrittel der Lungengefäße verstopft, entsteht eine pulmonäre Hypertension. Anstrengung verschlimmert den Gefäßschaden aufgrund des erhöhten Blutflusses in den Pulmonalarterien.

Wolbachien

Dirofilaria immitis beherbergt ein obligat intrazelluläres, gram-negatives Bakterium des Genus Wolbachia (Rickettsiales). Dieses Bakterium ist für die Entwicklung und Reproduktion der Dirofilarien notwendig. Werden die Herzwürmer abgetötet, werden Wolbachien freigesetzt, deren Ober­flächenproteine für Entzündungsreaktionen in der Niere und der Wand der Pulmonalarterien verantwortlich sind. Zudem unterdrücken sie die Immunantwort des Wirtes gegen Dirofilarien.

Klinik

Klinisch sind bei geringem Befall meist keine Anzeichen zu erkennen. Wenn Symptome auftreten, dann vorwiegend respiratorische wie Husten und Tachy- bzw. Dyspnoe. ­Außerdem können Leistungsschwäche, Gewichtsverlust und selten Synkopen oder Aszites als Folge des Rechtsherzversagens auftreten.

Diagnostik

Antigen-Tests

Die derzeitigen Herzwurm-Antigen-Tests können okkulte Infektionen nachweisen, wenn mindestens ein adulter weiblicher Wurm vorhanden ist und haben eine Spezifität von fast 100%. Unterschiede in der Sensitivität lassen sich v.a. auf Fälle mit ­wenig Wurmbefall und/oder wenig Antigen im Blut zurückführen. Unerwartete ­Testergebnisse sollten wiederholt werden. Schwach positive Tests können eventuell durch Konzentrationstests für Mikrofilarien, Thorax-Röntgen oder Ultraschall bestätigt werden. In Fällen mit geringer Exposition und asymptomatischen Hunden wird empfohlen, die positiven Ergebnisse bestätigen zu lassen, bevor mit einer adultiziden Therapie begonnen wird. Falsch-negative Ergebnisse erscheinen meist bei milden Infektionen, wenn weibliche Würmer noch unreif sind, nur männliche Würmer vorhanden sind und/oder die Anleitung des Tests nicht befolgt wurde. Auch Antigen-Antikörper-Komplexe können zu falsch-negativen Ergebnissen führen.

Mikrofilarien-Tests

Mikrofilarien im Blut können durch mikroskopische Blutuntersuchung nachgewiesen werden. Der modifizierte Knott-Test bleibt hier der bevorzugte Test. Beim modi­fizierten Knott-Test mischt man 1 ml Blut mit 9 ml 2%iger Formalinlösung in einem Röhrchen. Nach Zentrifugation wird das Präparat unter 100- bzw. 400-facher Vergrößerung unter dem Mikroskop auf ­Mikrofilarien untersucht. So kann man ­Mikrofilarien von D. immitis und von nichtpathogenen Acanthocheilonema reconditum unterscheiden.

Andere diagnostische Möglichkeiten

Röntgen

Röntgenaufnahmen können helfen, den Schweregrad der Herz- und Lungenerkrankung und die Prognose besser einzuschätzen. Typische Anzeichen einer Herzwurm-Erkrankung sind erweiterte Äste der Pul­monalarterien, v.a. im kaudalen Lungenlappen, wo man auch die frühesten Veränderungen sehen kann. Bei hochgradigem Befall kann es zu einer Rechtsherzvergrößerung kommen.

Ultraschall

Der Ultraschall ermöglicht eine Beurteilung der Auswirkung der Herzwurminfektion auf die Funktion und Anatomie des Herzens. Ein leichter Befall ist schwer im Ultraschall zu erkennen, da sich hier die Würmer auf die peripheren Äste der Pulmonalarterien beschränken. Sind viele Würmer vorhanden, können sie in proximalen Ästen der Pulmonalarterie oder im rechten Herzen zu sehen sein. Bei Hunden mit Hämoglobinurie liefert der Nachweis von Herzwürmern im Bereich der Trikuspidalklappe die Bestätigung des Caval-Syndroms (Hohlvenensyndroms).

Herzwurmprophylaxe

Die gegenwärtig genutzten Medikamente zur Herzwurmprävention gehören zur Klasse der makrozyklischen Laktone (Ivermectin, Milbemycin, Moxidectin und Selamectin). Diese Medikamente schädigen sowohl Mikrofilarien als auch das Stadium der Larve 3 und 4 und in einigen Fällen bei kontinuierlicher Anwendung adulte Herzwürmer.

Therapie

Prinzipien der Herzwurmbehandlung

Die Ziele der Therapie sind die Verbesserung des klinischen Befindens des Patien­ten, die Elimination aller Stadien der Herzwürmer sowie die Nebenwirkungen durch die Therapie möglichst zu minimieren. Hunde, die signifikante klinische Symp­tome einer Herzwurminfektion zeigen, sollten vor der Applikation eines Adultizids stabilisiert werden. Die Anzahl an Würmern hat einen Effekt auf den Schweregrad der Infektion, ebenso auf die Aktivität des Hundes.

Makrozyklische Laktone

Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein positiv getesteter Hund nicht nur mit adulten Herzwürmern, sondern auch mit jungen Larvenstadien befallen ist. Melarsomin ist nicht gegen die jungen adulten Herzwurmstadien wirksam. Diese Therapielücke kann durch die präventive Gabe von makrozyklischen Laktonen zwei bis drei Monate bevor Melarsomin verabreicht wird, geschlossen werden.


Abb. Geschlängelte und dilatierte Pulmonalarterien (Röntgen Kontrastbildaufnahme)

Doxycyclin

Neueste Studien haben gezeigt, dass ein Hauptoberflächenprotein der Wolbachien eine spezifische IgG-Antwort hervorruft und dadurch zu pulmonalen und renalen Entzündungsvorgängen beiträgt. Deshalb wird in den neuen Therapieschemen empfohlen, Doxycyclin (10 mg/kg BID) für vier Wochen vor der Melarsomintherapie zu verabreichen.

Melarsomin Dichlorhydrat

Melarsomin wird durch intramuskuläre ­Injektion in die Lumbalmuskulatur verabreicht (zwischen L3 und L5). Milde Schwellungen und Muskelkater an der Injektionsstelle können ein paar Tage danach noch anhalten. Es ist wichtig, die Aktivität des Tieres während des Eliminierungsprozesses zu reduzieren, um dadurch kardiopulmonäre Komplikationen zu minimieren. Früher wurde eine zweimalige Melarsomin-Injektion für milde Stadien und eine dreimalige Injektion für hochgradige Stadien empfohlen. Aufgrund der höheren Wirksamkeit wird nun für alle Patienten das 3-Stufen-Protokoll aufgrund der besseren Wirksamkeit empfohlen (Tab.).


Tab. Therapieschema Herzwürmer

Pulmonäre Thrombembolie

Pulmonale Thrombembolie ist die Konsequenz einer erfolgreich verlaufenden, adultiziden Therapie. Wenn sich Symptome von einer Embolie entwickeln (niedriges Fieber, Husten mit eventuellem Blutauswurf, Verschlimmerung von Rechtsherzversagen), dann sind sie meist ab dem 7.–10. Tag offensichtlich, gelegentlich erst ab vier Wochen nach Abschluss der adultiziden Therapie. Milde Embolien in relativ gesunden Arealen der Lunge können auch klinisch inapparent erscheinen. Ein entscheidender Faktor für die Reduzierung des Risikos für Thrombenembolieist die strikte Einschränkung der Aktivität des Patienten durch Leinenzwang.

Ergänzungstherapie

Steroide

Die Verabreichung von anti-inflammatorisch wirkenden Glucocorticoiden hilft, klinische Anzeichen der Thrombenembolie unter Kontrolle zu halten. In endemischen Gebieten, in denen die Tiere voraussichtlich unter einer viel höheren Herzwurm­belastung leiden, können Glucocorticoide wie Prednisolon gegeben werden. Die normale Dosierung beträgt 0,5 mg/kg BID für eine Woche und für die zweite Woche 0,5 mg/kg SID danach 0,5 mg/kg EOD.

NSAIDs/Aspirin

Aspirin wurde gelegentlich wegen des antithrombotischen Effektes eingesetzt oder um die pulmonäre Arteritis zu reduzieren, wird aber inzwischen nicht mehr für die Herzwurmbehandlung des Hundes empfohlen.

Alternative Therapien

Langfristige Gabe von Makrozyklischen Laktonen. Die „slow-kill-Methode“ mit fortlaufenden monatlichen Verabreichungen von prophylaktischen Dosen wird nicht empfohlen. Es dauert ca. zwei Jahre, bis 95% aller adulter Herzwürmer eliminiert werden, es können resistente Subpopula­tionen entstehen.

Bestätigung der Adultizidwirksamkeit

Der Herzwurm-Antigen-Test ist die zuverlässigste Methode der Bestätigung der Adultizidtherapie und sollte ca. sechs Monate nach der Behandlung durchgeführt werden.

take home

Im Gegensatz zu früheren Protokollen zur Herzwurm Therapie werden heute vor der Adultizidtherapie markozyklische Laktone und Doxyzyklin verabreicht. Aufgrund der höheren Wirksamkeit wird nun für alle Patienten das 3-Stufen-Protokoll mit Melar­somin empfohlen.

Foto: © panthermedia.net | Risto Hunt

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HKP 4 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 4 / 2014.
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