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Tauben als ideale Einsteigervögel für Tierärzte

Tauben als ideale Einsteigervögel für Tierärzte

Dankbare Patienten

Tauben sind als Brief- oder Rassetauben in Deutschland beliebte und zahlenmäßig reichlich vertretene Hobbytiere. Sie stellen jedoch unerfahrene Tierärzte vor große Herausforderungen, obgleich Tiere wie Halter in der Regel sehr dankbare „Patienten“ sind, bei denen mit wenig Aufwand viel zu erreichen ist.

Kündigt sich ein Vogel als Patient an, geraten Tierärzte oftmals sehr leicht in Panik. Vogelpatienten, die uns in der Praxis vorgestellt werden können, sind zum einen Ziervögel wie Papagei, Wellensittich oder Kanarienvogel. Dann gibt es die Wildvögel wie Amsel oder Bussard und eher selten Wirtschaftsgeflügel. Und schließlich auch Tauben. Brieftauben sind speziell gezüchtete Tauben, die an Wettflügen teilnehmen. Dabei legen sie bis zu 1400 km zurück und erreichen Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h. Die weniger sportlichen Ausführungen sind die Rassetauben. Sie gibt es als so genannte Form- oder Farbentauben und sind ausschließlich auf ihr Aussehen gezüchtet. Die Formtauben besitzen z.B. befiederte Füße, Hauben auf dem Kopf oder besonders große Kröpfe. Die Farbentauben sind, wie der Name schon sagt, auf Farben gezüchtet. Manchmal findet man auch bei den Brieftauben noch Hinweise wie z.B. befiederte Füße, die ihre Verwandtschaft zu den Rassetauben verraten. Rassetauben und Brieftauben werden weitestgehend von den gleichen Krankheiten geplagt. Bei den Rassetauben kommen allerdings vererbbare Krankheiten eher zum Tragen als bei Brieftauben.

Kritische Züchter

Bei der Taubenhaltung stehen die Züchter in Fragen Gesunderhaltung sehr häufig alleine da, weil viele Tierärzte schlicht und ergreifend keine Ahnung von Tauben und deren Erkrankungen haben. Dabei gibt es einige Erkrankungen, die ohne viel Aufwand leicht diagnostiziert und auch therapiert werden können. Da ist zum Beispiel die Infektion mit Trichomonaden zu nennen. Sie kann einfach per Kropfabstrich festgestellt und mit Nitroimidazolen relativ gut behandelt werden. Die Anfertigung eines Kropfabstriches ist leicht zu erlernen und mit etwas Übung kehrt bei dieser Tätigkeit schnell Routine ein. Taubenzüchter sind generell ein kritischer Kundenstamm, aber sie sind leicht zu beeindrucken. Allein schon das „Richtige-in-die-Hand-Nehmen“ einer Taube ist die halbe Miete. Der Blumenstraußgriff wird nicht gerne gesehen. Wird dazu noch mal eben der oben erwähnte Kropfabstrich durchgeführt, dann ist ein erneuter Besuch in Ihrer Praxis so gut wie sicher. Dazu kommt noch, dass die Taubenzüchter häufig meinen, sie selbst seien ebenfalls Tierärzte und dadurch kommen so unterhaltsame Sätze wie „Ich glaube, meine Tauben haben Tricho-NOMADEN“ zu Stande.

Gesundheitskontrolle und Behandlung

Die Behandlung von Tauben ist eine Mischung aus einer bestandsbetreuenden Tätigkeit und einer Einzeltierbehandlung. Bei einem Jungtaubenbestand von 50 – 60 Tieren ist es unmöglich, jedes einzelne Tier zu untersuchen und individuell zu behandeln. Hier haben wir die Bestandsbetreuung. Dann gibt es aber auch das wertvolle Zuchttier, das unter Umständen mehrere tausend Euro gekostet hat. Hier ist die Einzeltierbehandlung erwünscht und auch angebracht. An dieser Stelle wird auch Geld für teurere Diagnostik und Therapie ausgegeben. Ultraschall, Röntgendiagnostik oder andere Laboruntersuchungen sind nicht selten und eröffnen neue Therapieansätze bis hin zu aufwändigen Operationen. Die Betreuung von Taubenbeständen ändert sich im Laufe eines Jahres wesentlich. Das Hobby der Taubenhaltung hat einen zirkadianen Rhythmus. Um die Jahreswende beginnt zumindest bei den meisten Brieftaubenzüchtern das Zuchtjahr. Das bedeutet, dass die Zuchttiere im Herbst ihre nötigen Impfungen bekommen. Etwa 4 – 6 Wochen vorher wird die Gesundheitskontrolle der Zuchttauben durchgeführt. Ab Mitte April beginnt die Wettflugsaison der ein- und mehrjährigen Tauben. Das bedeutet, dass deren Gesundheitskontrolle im Frühjahr an der Reihe ist. Zum Spätsommer folgen dann die Jungtauben, die für einige Erkrankungen etwas anfälliger sind als ältere Tiere. Daraufhin folgt die Hauptmauser und dann sind wir wieder bei der Impfung der Zuchttiere. Bei den Rassetaubenhaltern findet im Winter deren Hauptaktivität, die Zeit der Ausstellungen, statt. In Zusammenarbeit mit den Züchtern kann man einen Gesundheitskontrollplan aufstellen, der die Züchter durch das ganze Jahr begleitet. In diesen Gesundheitsplänen sind Impfungen, regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Vorbeugemaßnahmen vorgesehen. Abhängig von der Einsatzbereitschaft des Züchters können diese Gesundheitspläne umfangreich oder weniger umfangreich ausfallen. Selbstverständlich unterscheidet sich ein Gesundheitsplan für Brieftauben von dem für Rassetauben.

Einsteigervogel

Der Patient Taube ist auch der ideale „Einsteigervogel“ für Tierärzte. Er ist absolut ungefährlich beim Handling, er kratzt und beißt nicht. Papageien oder Nymphensittiche sind wesentlich gefährlicher, insbesondere für Anfänger. Die Taube ist dazu noch ein relativ großer Vogelpatient, gerade für Kollegen mit großen oder etwas ungeschickteren Händen ideal. Dazu kommt bei den Brieftauben noch, dass es nicht so dramatisch ist, wenn der Patient unaufgefordert den Behandlungsraum verlässt. Die Taube wird sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit einfach auf den Heimweg machen. Auch in Sachen Kreislauf sind Tauben im Vergleich zu anderen Vogelpatienten äußerst stabil. Sie sind es vonseiten der Züchter gewöhnt, in die Hand genommen zu werden und regen sich somit nicht so auf wie einige Papageien. So hatte ich hatte schon das Erlebnis, dass ein Prachtrosella das Krallenschneiden nicht überlebt hat und einfach am Kreislaufversagen durch das „In-die-Hand-nehmen“ verstorben ist.

Foto: © Dr. Andreas Rademacher

HKP 6 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2012.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.