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Glasknochenkrankheit beim Teckel

Glasknochenkrankheit beim Teckel

Welche klinischen Symptome können auf die Glasknochenkrankheit beim Teckel (Dackel, Dachshund) hinweisen?

Die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta, OI) gilt als hereditäre Erkrankung, die bei Menschen, Schafen, Rindern, Katzen, Hunden und verschiedenen anderen Tier arten vorkommen kann. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung des Bindegewebes, die auf einer Synthesestörung, teils auch auf einer Fehlfaltung vor allem der Kollagen-Typ 1-Fibrillen basiert.

Vorkommen

Beim Menschen wird abhängig vom klinisch-pathologischen, röntgenologischen oder histologischen Bild und der Genmutation – soweit bekannt – eine Einteilung in die OI Typ I- IX durchgeführt. Bis auf Typ V und VI sind Genmutationen als Ursache der OI des Menschen bekannt. Beim Hund wurden bisher Mutationen im COL1A1-Gen bei einem Golden Retriever und im Col1A2-Gen bei einem Beagle beschrieben. Seeliger et al. (2003) beschreiben dann die Osteogenesis imperfecta erstmalig bei mehreren Teckeln. Drögemüller et al. (2009) können eine Genmutation im SERPINH1-Gen bei weiteren Untersuchungen an Teckeln mit typischen Glasknochen- Krankheitssymptomen nachweisen. SERPINH1 gehört zur Gruppe der Serin-Arginin-Proteinase-Inhibitoren und ist im Lumen des endoplasmatischen Retikulums lokalisiert. Zunächst wurde vermutet, dass das mutierte SERPINH1-Gen im Proteasom abgebaut wird und damit die Kontrolle der korrekten Faltung und Tripelhelixformation fehlt. Andererseits ist auch bekannt, dass SERPINH1 den Pigment-Epithelium-Derived-Faktor PEDF kodiert, der als multifunktionelles Protein auch beim Menschen eines der stärksten Angiogeneseinhibitoren darstellt und darüber möglicherweise auch die Knochenhomöostase beeinflusst wird. Die bisher wenig beachtete Bedeutung dieser missense-Mutation unterstreichen die kürzlich von Schütz et al. (2012) publizierten Untersuchungsergebnisse, die bei einer Reihenuntersuchung von 491 Rauhaardackeln eine Allelfrequenz von 9,99 % und bei 45 Kurzhaar- und 28 Langhaardackeln von 3,55 % nachweisen.

Symptome

Die mit der Glasknochenkrankheit einhergehenden Störungen des Kollagenhaushaltes beeinträchtigen – worauf schon der deutsche Krankheitsbegriff hinweist – die Ossifikation. Die Knochen sehen dann auch auf Röntgenbildern wie Glas aus. Neben dem aus der Knochenentwicklungsstörung resultierenden Zwergwuchs kann es in der Folge aufgrund der Fragilität der Knochen zu multiplen Spontanfrakturen kommen, ohne dass eine Traumagenese vorliegt.
Klinisch auffällig sind bei den betroffenen Teckeln auch transparente Zähne (Glaszähne), ein Hinweis auf eine unzureichende Dentin- und Zahnschmelzbildung. Aufgrund der durchscheinenden Kapillaren erscheinen diese Zähne auch rosarötlich bis bläulich gefärbt (pink tooth disease). Der Zahnschmelz kann abriebbedingte Defekte aufweisen (Abb. 1 – 2). Zusätzlich können die betroffenen Teckel, wie die eigenen Patienten zeigen, auch mit unterschiedlichen Schweregraden von Durchtrittigkeit, die auf einer Sehnen- und Bänderschwäche basiert, vorgestellt werden (Abb. 3 – 5). Bei der klinischen Untersuchung der Augen kann eine Blaufärbung der Skleren (blue eyes) auffallen. Hinsichtlich der Ätiologie dieser bläulichen Skleraverfärbung liegen bisher – auch für den Menschen – keine Untersuchungen vor. Die Blaufärbung der Skleren gilt beim Menschen als ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zweier verschiedener Patientengruppen der nicht letalen OI. So weisen Menschen mit einer OI Typ I lebenslang eine Blaufärbung auf, während Patienten mit einer OI Typ II und IV nur im Säuglings- und Kindesalter blaugefärbte Skleren besitzen, die jedoch beim Erwachsenen zunehmend die physiologische Färbung annehmen. Inwieweit dies auch auf Teckel mit unterschiedlicher OI zutrifft, bedarf weiterer Untersuchungen.

Pränatale Auswirkungen

Die bereits bei den Feten vorliegende Knochenbrüchigkeit, insbesondere der Schädelknochen, können bereits intrauterin, vor allem auch im Geburtsablauf zu massiven Schädelverletzungen, Hirnblutungen und letztlich zum Welpentod führen. So konnte durch kürzliche Untersuchungen bei Teckeln mit Mutation im SERPINH1-Gen nachgewiesen werden, dass der embryonale Fruchttod bei den Nachkommen männlicher Merkmalsträger signifikant häufiger auftritt als bei Rüden, die diese Mutation nicht tragen (Schütz et al. 2012). Die Bestätigung der Bedeutung des SERPINH1-Gens für den Fruchttod liefern Untersuchungen an SERPINH1+1-Mäusen, deren homozygote Embryonen den 12. Trächtigkeitstag nicht überlebten. Neben deutlichen Kollagen Typ I-Fibrillenstörungen wiesen diese Mäuse auch fehlende Basalmembranen auf (Nagai et al. 2000). Die Autoren der Teckelstudie empfehlen deshalb eine konsequente gendiagnostische Untersuchung für alle in der Zucht eingesetzten Tiere, um die Anlageträger schrittweise und kontrolliert aus der Population zu entfernen.

Literatur beim Autor.

Foto: © Prof. Michael Fehr

HKP 4 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 4 / 2012.
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