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Menschen verursachen größtes Massenaussterben seit Verschwinden der Dinosaurier

Wer ist der Nächste?

Java-Nashorn, Saola-Waldrind, Zagros-Molch und Zwergfaultier – das sind nur vier Beispiele aus der kürzlich von der Weltnaturschutzunion IUCN veröffentlichten Liste der 100 am stärksten vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten weltweit. Es ist durchaus möglich, dass diese „Todeskandidaten“ das Ende des einundzwanzigsten Jahrhunderts, wenn überhaupt, nur in Zoologischen Gärten erleben. Und sie sind dabei nur die wissenschaftlich erfasste Spitze des Eisbergs.

Erst im Juni 2012 wurde die Erde mit dem Ableben von „Lonesome George“ um einen Teil ihrer Vielfalt beraubt. George war das letzte lebende Exemplar einer Unterart der Galápagos-Riesenschildkröte und sein Schicksal ist wie eine Blaupause des weltweiten Artenschwunds. Gut möglich, dass Georgs Urgroßeltern im Magen eines Matrosen endeten. Seefahrer und Walfänger nutzten die Schildkröten im 18. Jahrhundert als lebenden Proviant. Und nach ihnen kamen die Siedler und mit ihnen Ziegen, Ratten und andere nicht heimische Tiere, die auf den Galapagos-Inseln nichts zu suchen haben. Einige von ihnen fraßen (und fressen weiterhin) den Schildkröten die Nahrung weg oder deren Nachwuchs auf.

Demografie im Tierreich

Zweifellos ist es zunächst einmal ein natürlicher Vorgang, wenn Arten aussterben. Schon seit Jahrmillionen verschwinden immer wieder Tier- und Pflanzenarten von der Erde, so z.B. die Dinosaurier am Ende der Kreidezeit. Doch im Rückblick auf die Erdgeschichte waren hierfür meist Prozesse wie Nahrungskonkurrenz, genetische Ausdifferenzierung, Naturkatastrophen und geologische Ereignisse verantwortlich. Sieht man von globalen Katastrophen wie etwa dem Einschlag eines Kometen ab, erstrecken sich die natürlich bedingten Aussterbeprozesse normalerweise über Jahrtausende bis zu Jahrmillionen. Doch neueste Erhebungen gehen davon aus, dass die derzeitige Rate durch den Menschen um den Faktor 1.000 bis 10.000 über dem natürlichen Wert liegt. Die Ursachen sind ungebremste Lebensraumzerstörung, Klimawandel, Wilderei, wirtschaftliche Übernutzung und die Einführung invasiver Tiere oder Pflanzen in sensible Ökosysteme.
Die meisten Arten sterben dabei aus, bevor wir überhaupt wissen, dass sie jemals existierten. Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2011 kommt auf eine Schätzung von etwa 8,7 Mio. Arten weltweit, von denen nur etwa 2 Mio. bisher bekannt sind. Der Living Planet Index, der jedes Jahr vom WWF herausgegeben wird, schätzt, dass allein die Populationen von Wirbeltierarten zwischen 1970 und 2008 weltweit um ein Drittel geschrumpft sind. Besonders dramatisch ist hierbei der Verlust der tropischen Regionen unseres Planeten.

Soforthilfe: Schutzgebiete sind zu wenig

Um den akut vom Aussterben bedrohten Arten das Überleben zu sichern, benötigte man nach WWF-Einschätzung mehr spezifische Sofortprogramme und Notfallmaßnahmen, konzipiert auf Grundlage umfassender Forschungsarbeiten. Die Ausweisung von Schutzgebieten allein genügt in vielen Fällen längst nicht mehr, denn effektive und moderne Artenschutzkonzepte beziehen auch den Menschen mit ein. Schließlich können Schutzgebiete dem Druck von außen langfristig nur standhalten, wenn die lokale Bevölkerung in die Planung einbezogen wird. Die Kontrolle der Übernutzung und des Handels, der Erhalt von wichtigen Arten auch außerhalb von Schutzgebieten, die Reduktion von Mensch- Wildtier-Konflikten und der Kampf gegen Klimawandel und Wilderei – all dies sind nach WWF-Ansicht bedeutende Bausteine, um die Vielfalt des Lebens auf der Erde dauerhaft zu erhalten.
Eines ist klar: Nur der Mensch als Verursacher des Artensterbens kann es auch beenden. Der Erhalt der biologischen Bio - di versität, also neben der Artenvielfalt auch die der Vielfalt der Lebensräume und der genetischen Vielfalt innerhalb der Tier- und Pflanzenarten, müsste dabei in unserem ureigenen Interesse liegen. Immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass unsere Natur nur dank der großenbiologischen Vielfalt „funktioniert“. Sie ist der Antriebsmotor, der alle wesentlichen Lebensvorgänge am Laufen hält und damit unsere eigenen Lebensgrundlagen sichert: Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen reinigen Wasser und Luft, dienen als Nahrung und Arzneimittel und sorgen für fruchtbare Böden sowie angenehmesKlima. Durch den Verlust der biologischen Vielfalt und zerstörte natürliche Lebensräume gehen uns lebensnotwendige Güter und unersetzbare Dienste verloren.

Abb.: WWF-Tiger Ranger unterwegs auf der indonesischen Insel Sumatra.

Foto: © Volker Homes

HKP 8 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 8 / 2012.
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Der Autor:

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.