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Inhalative Therapie chronischer Atemwegserkrankungen beim Pferd

Tief durchatmen

Atemwegserkrankungen sind neben Erkrankungen des Bewegungsapparates die zweithäufigste Ursache für Leistungsmangel beim Pferd [1]. Umso wichtiger ist eine effiziente Therapie, die bei längerfristiger Behandlungsdauer auch vom Pferdebesitzer oder -halter selbst durchgeführt werden kann. Die Aerosoltherapie stellt gerade für chronisch entzündliche Atemwegserkrankungen wie die chronisch obstruktive Bronchiolitis (COB) und Inflammatory Airway Disease (IAD) oder das belastungsinduzierte Lungenbluten eine hervorragende Möglichkeit zur Behandlung dar.

Vorteile der Aerosoltherapie

- Durch die Inhalation der Arzneistoffe werden lokal in den Atemwegen ausreichend hohe Wirkstoffkonzentrationen erreicht, sodass oft eine erhebliche Dosisreduktion im Vergleich zur systemischen Applikation möglich ist.

- Dies bewirkt, dass systemische, unerwünschte Arzneimittelwirkungen minimiert werden können.

- Bei dopingrelevanten Arzneimitteln können Nachweiszeiten möglicherweise verkürzt werden.

Welche Typen von Inhalationsgeräten gibt es beim Pferd?

- Für das Pferd sind heute auf vor allem akkubetriebene Ultraschallvernebler (z.B. SaHoMa, NEBUTC, Deutschland; Flexineb, Nortev, Irland) erhältlich. Diese Aerosolerzeuger erlauben es, Arzneimittel direkt vor den Nüstern zu vernebeln und das Aerosol danach über mehrere Atemzyklen zu inhalieren. Ein weiterer Vorteil dieser Masken besteht darin, die Pferde während der Inhalation bewegen zu können, um eine vertiefte Atmung zu erzielen.

- Des Weiteren gibt es für den Einsatz von Dosieraerosolen beim Pferd spe zielle Inhalationsmasken, die mit einem sogenannten „Spacer“ ausgestattet sind (z.B. AeroMask und AeroHippus, Trudell Medical Interna tional, Kanada; Equine Haler, Kruuse, Dänemark). Hierbei wird das Aerosol mittels Sprühstoß zuerst in eine abgeschlossene Aerosolkammer mit Ventilöffnung zum Pferd hin („Spacer“) abgegeben und von dort in den folgenden fünf bis zehn Atemzügen inhaliert.

Welche Stoffe sind zur Inhalation geeignet?

- Salinische Lösungen – iso- oder leicht hypertonisch – wirken sekretolytisch und sind sowohl in Bezug auf das Pferd als auch die anwesenden Personen als unbedenklich einzustufen. u Bei der Anwendung von Arzneiaerosolen sollten Fertigarzneimittel verwendet werden, da die Vernebelung Wirkstoffe zerstören kann. Aerosole sollten vor ihrem Einsatz auf ihre Wirksamkeit beim Pferd und auf ihre lokale Schleimhautresorption getestet sein.

- Eine Übersicht zu inhalativ anwendbaren Substanzen und ihren Dosierungen beim Pferd wurde von Lekeux und Duvivier 2001 [2] aufgestellt (Tab.).

- Zur Bronchospasmolyse stehen nach Umwidmung die in der Humanmedizin zugelassenen BETA2-Sympathomimetika wie Salbutamol, Fenoterol oder Terbutalin sowie Salmeterol oder Formoterl zur Verfügung.

- Als weitere bronchospasmolytisch wirkende Substanzen kommen für die Inhalation die humanen Parasympatholytika Ipratropiumbromid und Tiotropium in Betracht. Für Ipratropiumbromid liegen Dosierempfehlungen von 1 mg/Pferd alle 8 Stunden vor [2], für das potenziell länger wirksame Tiotropium existieren nach Kenntnis der Autoren bisher noch keine abgeschlossene Studien ergebnisse in vivo [3].

- Für den inhalativen Einsatz von Glukokortikoiden liegen Dosierempfehlungen für Beclomethason, Budesonid
und Fluticason vor [2].

- Die Inhalation von ätherischen Ölen und Kamillenextrakten kann beim Pferd Schleimhautreizungen und Bronchospasmen hervorrufen.

Worauf ist bei der Inhalation zu achten?

- Sollen Erkrankungen der tiefen Atemwege behandelt werden, ist die Produktion einer hinreichend kleinen mittleren Tröpfchengröße von maximal 2 – 3 ?m erforderlich.

- Der „Output“ eines Inhalationsgerätes sollte genügend hoch sein, d.h., mehrere Milliliter pro fünf bis zehn Minuten, um die Inhalationsdauer kurz zu halten.

- Die Inhalationsmaske sollte möglichst dicht am Pferdekopf aufsitzen, um eine ausreichend hohe Dichte des Systems zu gewährleisten.

- Es ist darauf zu achten, dass der durch die Inhalationsmaske zusätzlich bedingte Widerstand nicht so hoch ist, dass sich vor allem bei dyspnoeischen Pferden die Problematik verschlimmert.

- Die Aerosoltherapie sollte möglichst im Freien erfolgen, da es in der unmittelbaren Nähe des Patienten zu einer Kontamination der Luft mit hochwirksamen Arzneisubstanzen kommt.

Literatur:

[1] Ainsworth D.M. & Hackett, R.P. (2004): Disorders of the Respiratory System. In: Equine Internal Medicine, 2. 289 Elsevier.
[2] Lekeux P. & Duvivier D.H. (2001): Aerosol Therapy. In: Equine Respiratory Disease, International Veterinary Information Service, Ithaca NY (www.ivis.org).
[3] Barton A.K. et al. 2010: Pharmakologische Hemmung der Bronchokonstriktion durch Parasympatholytika und Cilomilast an Precision Cut Lung Slices des Pferdes. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 123, 229235.

Foto: © panthermedia | Renée Deglmann

HKP 6 / 2012

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