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Fallbeispiel: Patellateilresektion beim Pferd nach Implantatlockerung

Die Krux mit dem Knie

Patellafrakturen werden beim Pferd relativ selten diagnostiziert. Sie führen zu mgr. bis hgr. Lahmheiten. Vorgestellt wurde ein 5-jähriger Fjord-Pferd-Mischlings-Wallach mit einer zweifachen Patellafraktur hinten rechts. Nachdem die Fixation mittels Schrauben und Drahtcerclagen aufgrund einer Implantatlockerung fehlschlug, wurden die Implantate und die kleineren Fragmente der Patella entfernt. Nach einer längeren Genesungsphase ist der Heilungsverlauf mittlerweile sehr zufrieden stellend.

Patellafrakturen entstehen meistens durch Tritte anderer Pferde. Da die Kniescheibe in die Endsehne des Musculus quadriceps eingelagert und das Kniescheibengelenk nach cranial begrenzt ist, handelt es sich meistens um Gelenksfrakturen. Der Literatur ist zu entnehmen, dass gedeckte Längsfrakturen ohne nennenswerte Dislokation keiner operativen Versorgung zugeführt werden müssen. Hierbei wird eine Ruhigstellung empfohlen, sodass die Fragmente meist bindegewebig verwachsen. In diesen Fällen ist die Prognose meist gut. Bei dislozierten Longitudinalfrakturen wird die interne Fixation empfohlen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Erfolgsaussichten in diesen Fällen aufgrund des Zuges der Quadricepssehne fraglich sind. Bei Absprengungsfrakturen ist die operative Entfernung der kleineren Fragmente sinnvoll. Bei Querfrakturen wird die Zuggurtung nach Kopf mit zwei Steinmann-Nägeln empfohlen, die von distal nach proximal eingeführt werden. Als Folge einer Patell­afraktur entwickelt sich meist eine Gonotrochlitis chronica deformans.

Anamnese und klinische Untersuchung

Am 08.03.2013 wurde ein 5-jähriger Fjordpferd-Mix mit einer hgr. Stützbeinlahmheit hinten rechts vorgestellt. Der Wallach war seit ca. vier Wochen bei einem Kollegen in Behandlung gewesen, nachdem er von einem anderen Pferd einen Schlag in die Kniegelenksgegend der rechten Hintergliedmaße bekommen hatte. Die offene Wunde war bereits verheilt. Palpatorisch waren eine starke Schwellung und eine narbige Induration cranial der Patella festzustellen. Auf den Röntgenbildern des Knies stellte sich eine doppelte Fraktur der Patella dar (Abb.1). Dabei war ein kleines Fragment am apikalen Pol abgesprengt ­sowie nach dorsal disloziert und die Patella zusätzlich durch eine Längsfraktur mit ­Dislokation der beiden Anteile frakturiert. Man erkannte bereits Callusbildung. Vorher zugezogene Kollegen hatten zur Euthanasie des Patienten geraten. Nach einer Beratung mit einem befreundeten Human­me­diziner, der in seiner Laufbahn sehr viele Knie- und Hüftgelenksoperationen am Menschen durchgeführt hatte, wurde beschlossen, eine Osteosynthese durchzu­führen, um dem Gelenk wieder Stabilität zu verleihen. Durch die Dislokation der beiden Hauptfragmente war das Kniegelenk in höchstem Maße instabil und die Fragmente hatten eine schlechte Prognose zu verwachsen.

Therapie/Operation

Am 13.03.2013 wurde die Operation in Vollnarkose durchgeführt. Der humanmedizinische Kollege stellte seine Erfahrung zur Verfügung und operierte mit. Zur Vorbereitung des Patienten wurden ein Venenkatheter eingelegt und das Kniegelenk großflächig rasiert. Zur Sedation wurden 5ml 1%ige Romifidinlösung (Sedivet) verwendet, zum Ablegen bekam das Pferd 13ml Ketamin und 4ml Diazepam. Um ­eine zu starke Belastung der Gliedmaße nach dem Aufstehen zu vermeiden, bekam das Pferd nur 10ml Phenylbutazon intra operationem. Zur Narkoseerhaltung wurde Isofluran verwendet und es wurde eine physiologische NaClLösung infundiert. Das Kniescheibengelenk wurde nach einer gründlichen Reinigung und Desinfektion durch eine craniale Incision eröffnet und die Patella freipräpariert. Zusätzlich benö­tigte man zur Mobilisation der Fragmente noch eine kleine laterale und mediale Incision. Nachdem die beiden Hauptfragmente mithilfe von Knochenzangen adaptiert wurden, wurden drei Zugschrauben – Corticalisschrauben mit einer Länge von 6cm und einem Durchmesser von 3mm – in senkrechter Richtung zum Frakturspalt angebracht. Zusätzlich wurden die Fragmente noch mit zwei Drahtcerclagen fixiert, die auch durch Bohrungen im Knochen verankert wurden (Abb.2). Aufgrund des sonst unverhältnismäßig großen Gewebetraumas wurde das kleine apikale Fragment an Ort und Stelle belassen. Die Wunden wurden verschlossen und es wurde ein Castverband bis über den Tarsus angebracht, um eine Beugung des Knies und somit Zug auf den Frakturspalt zu vermeiden. Als Anti­biose erhielt das Pferd zweimal täglich 30ml Gentamicin i.v. für zehn Tage.

Die Aufstehphase ist bei solch einem Patienten bekanntermaßen der gefährlichste Teil. Damit das Pferd möglichst ­ruhig blieb, bekam es in der Aufwachphase noch 5ml Xylazin i.v. Der Aufstehvorgang wurde mit Stricken am Halfter am Kopf und am Schweif unterstützt und verlief ­problemlos. Röntgenbilder kurz nach dem Aufstehen zeigten, dass die Implantate noch in situ waren. Dies änderte sich leider am 20.03.2013. Auf dem Kontrollröntgenbild offenbarte sich, dass sich die Implantate gelockert hatten (Abb.3). Also fiel die Entscheidung, die Implantate zu entfernen, sobald die bei diesem Patienten sehr verzögerte Wundheilung mit starker Sekretion dies zuließ.

So wurde das Pferd am 10.04.2013 erneut in Narkose gelegt. Das Kniescheibengelenk wurde wieder von cranial eröffnet, es wurde eine zusätzliche mediale Incision gesetzt. Die Implantate wurden vollständig entfernt. Auch die beiden kleineren Fragmente der Patella wurden entnommen und nur das größte Fragment belassen. Da ­damit jedoch der Ansatz des Ligamentum patellare mediale verloren ging, wurde ein Bandersatz mit nicht resorbierbarem Faden der Stärke 8 metric gesetzt. Die Wunde wurde verschlossen und der Patient stand diesmal ohne Hilfe problemlos auf. Die ­betroffene Gliedmaße belastete das Pferd allerdings lange Zeit sehr schlecht. Ein Kontrollröntgenbild am 16.04.2013 zeigte, dass die Patella in situ verblieb und nicht luxierte (Abb.4).


Abb.1 Doppelte Fraktur der Patella.


Abb.2 Drei Zugschrauben und zwei Drahtcerclagen.


Abb.3 Die Implantate hatten sich gelockert.


Abb.4 Die Patella verblieb in situ und luxierte nicht.

Verlauf

Nachdem es auch diesmal wieder zu Wundheilungsstörungen kam, konnte der Patient erst am 04.05.2013 nachhause entlassen werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Wunden verheilt und die Belastung besserte sich langsam. Der weitere Heilungsverlauf entwickelte sich komplika­tionslos. Die Besitzerin berichtete, dass der Patient die Gliedmaße von Tag zu Tag besser belastete.

Diskussion

In diesem Fall waren die Fragmente der längs frakturierten Patella so weit voneinander disloziert, dass allein durch Ruhigstellung des Patienten nicht mit einer Frakturheilung zu rechnen war. Die Instabilität hätte fortbestanden. Die Alternative zur Operation hätte in der Euthanasie des Patienten bestanden. Da die Besitzerin das Tier aber in jedem Fall am Leben erhalten wollte, blieb nur der Weg der operativen Versorgung. Da das Pferd mit etwa 400kg Lebendmasse nicht zu schwer war, schienen die ­Erfolgsaussichten gut. Durch die Implantatlockerung zeigte sich aber, dass in diesem Fall lediglich mit der Entfernung der kleineren Fragmente eine Heilung erzielt werden konnte.

take home

Schlussfolgernd kann man sagen, dass eine Osteosynthese bzw. Fragmententfernung bei einer Patellafraktur eines Pferdes, das nicht als Sportpferd eingesetzt werden soll, durchaus versucht werden kann, wenn die Besitzer willens sind, eine relativ langwierige Behandlung und Genesungsphase zu tragen. Inwieweit sich Arthrosen im Gelenk bilden werden und wie diese die Lebensqualität dieses Pferdes beeinflussen werden, bleibt noch offen.

Literatur bei den Autoren
Foto: © istockphoto.com, Abramova_Kseniya

Stichwörter:
Anamnese, Patellafrakturen, klinische Untersuchung, Therapie, Operation,

HKP 1 / 2014

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