06.12.2024 05:07 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG - Partner
Babesiose und Ehrlichiose - Empfehlungen der ESCCAP

Babesiose und Ehrlichiose - Empfehlungen der ESCCAP

Blutsauger im Anmarsch

Zecken und die von ihnen übertragenen Krankheiten stellen für Hunde und Katzen ein großes Problem dar. Das European Scientific Counsel Companion Animal Parasites (ESCCAP) hat eine Empfehlung zur Bekämpfung von durch Vektoren übertragene Erkrankungen bei Hunden und Katzen erarbeitet (ESCCAP-Empfehlung Nr. 5), aus der hier einige Auszüge dargestellt werden sollen.

1. Babesiose

Klinische Symptome beim Hund

Die Babesiose kann beim Hund subklinisch auftreten oder einen perakuten, akuten oder chronischen Verlauf nehmen. Weiterhin können sich verschiedene Spezies und Subspezies oder ­Isolate in ihrer Virulenz unterscheiden. Die Symptome richten sich nach der Virulenz des Erregers und der Schwere des Krankheitsverlaufes. Meist ist der Verlauf akut. Nach ­Fieber (bis 42°C) folgen Appetit­losigkeit, Mattigkeit, Konditions- und Gewichtsverlust. Typisch sind Anämie und Ikterus, Hämoglo­binurie, Bilirubinurie, evtl. Ödeme und Aszites. Möglich sind auch Blutungen in Haut und Schleim­häuten durch Thrombo­zyto­penie und dissemi­nierte intravasale Gerinnung sowie Nasenausfluss, Atemnot, Stomatitis, Gastritis und Myositis. Bei ZNS-Beteiligung (cerebrale Babesiose) kann es zu Paresen, epileptischen Anfällen und Bewegungsstörungen kommen. Als Folgen einer akuten Babesiose können akutes Nierenversagen und hämorrhagische Enteritis auftreten. Bei der chronischen Babesiose zeigen die Patienten Apathie und Schwäche, Abmagerung und eine oft nur vorübergehende Erhöhung der Körpertemperatur. Eine Anämie ist meist deutlich, ein Ikterus weniger stark ausgeprägt.


Abb.1: Ist es eine Babesiose, die behandelt werden muss? Das Schema zeigt, wie diese Frage geklärt wird.

Klinische Symptome bei der Katze

Aus verschiedenen Teilen der Welt, insbesondere Südafrika, wurde von Babesia-­Infektionen bei Katzen berichtet. Aus Europa ist darüber wenig bekannt. Bei Katzen geht die Babesia-Infektion vor allem mit Lethargie, Anorexie, Schwäche und Durchfall einher. Die meisten an Babesiose ­erkrankten Katzen wiesen gleichzeitig Infektionen mit anderen Erregern (z. B. Retroviren, Mykoplasmen) auf.

Diagnose

Im Rahmen der Diagnose (siehe Abb. 1) hat eine Differenzierung der Isolate vor allem Relevanz für die Therapie.
Mikroskopische Blutuntersuchung: Die Diagnose einer akuten Babesiose kann mit hoher Sensitivität durch die Untersuchung dünner Blutausstriche (Giemsa-Färbung oder Diff-Quick) auf intrazelluläre Babesien erfolgen. Peripheres Kapillarblut, das aus der Ohrmuschel oder Schwanzspitze entnommen wurde, enthält meist eine höhere Anzahl von mit B. canis befallenen Zellen. Bei chronischen Infektionen ist die Parasitämie sehr gering ausgeprägt, daher bedarf es hier zur Diagnosestellung oftmals einer gründlichen und langen Untersuchung der Ausstriche.

Serologie: Spezifische Antikörper sind erst ab etwa zwei Wochen nach Erstinfektion nachweisbar (IFAT, ELISA), sodass akute Infektionen noch nicht erfasst werden können. Bei Tieren, die gegen die Babesiose geimpft wurden, sind positive Ergebnisse aufgrund von Impfantikörpern nicht aussagekräftig.

Molekulare Diagnostik: Die PCR ist sensitiver als die mikroskopische Blutunter­suchung, was besonders bei der Diagnose chronischer Infektionen entscheidend sein kann. Im Rahmen einer PCR können jedoch auch falsch-negative Ergebnisse vorkommen. Mittels PCR ist ein Babesia-Nachweis zur Differenzierung der Spezies möglich. Eine Bestimmung der Babesienspezies kann für Therapie und Prognose von Bedeutung sein.

Bekämpfung: prophylaktische Maßnahmen

Die Prophylaxe der Babesiose umfasst drei grundsätzliche ­Maßnahmen:

Zeckenprophylaxe

//Das Risiko einer Babesien-Infektion lässt sich durch eine sachgerechte Zeckenprophylaxe reduzieren (siehe ESCCAP-Empfehlung ­Nr. 3: Bekämpfung von Ektoparasiten bei Hunden und Katzen).

Impfung

// In einigen europäischen Ländern sind kommerzielle B.-canis-Impfstoffe verfügbar. In Deutschland stehen derzeit keine zugelassenen Impfstoffe zur Verfügung (Stand Oktober 2010, aktuelle Informationen zu Zulassungen von Impfstoffen finden Sie unter www.vetidata.de und auf der Website des Paul Ehrlich Institutes unter www.pei.de). Zur Verfügung stehende Impfstoffe verhindern zwar eine Infektion nicht, geimpfte Tiere erkranken nach einer Infektion jedoch weniger schwer.

Chemoprophylaxe

//Eine Chemoprophylaxe mit einem ­Babesizid kann für Hunde, die sich nur vorübergehend in einem Endemiegebiet aufhalten, in Betracht gezogen werden. Im Hinblick auf die prophylaktische Alternative durch einen Zeckenschutz ist jedoch eine Risikoabwägung vorzunehmen, in der Nutzen und mögliche Nebenwirkungen gegenüber­zustellen sind. Für eine Chemoprophylaxe kann Imidocarb-Diproprionat einige Stunden vor Einreise in ein endemisches Gebiet verabreicht werden (1x 5–6mg/kg i.m. oder s.c.). Diese für ca. vier Wochen wirkende Medikation schützt zwar nicht vor einer Infektion mit B. canis, verhindert aber eine schwer wiegende Erkrankung nach einer Infektion.

Chemotherapie

Eine diagnostizierte Babesiose erfordert eine unmittelbare Chemotherapie mit einem Babesizid. Als Wirkstoff für die Therapie einer B.-canis-Infektion steht Imidocarb-Dipropionat zur Verfügung. In Deutschland ist dieser Wirkstoff nicht für die Anwendung beim Hund zugelassen, darf bei Therapienotstand aber gemäß den arzneimittelrechtlichen Bedingungen importiert werden. Ergänzend ist eine angemessene unterstützende Therapie anzuraten, die ­eine ­Rehydrierung und nötigenfalls Bluttrans­fusionen einschließt. Zur Therapie ­einer durch andere Babesien wie B. gibsoni und B. annae verursachten Babesiose sowie der Babesiose bei der Katze liegen nur wenige Informationen vor. Infektionen sind in diesen Fällen sehr schwer zu therapieren. ­Jedoch kann der Einsatz von Chemotherapeutika in der Regel die Schwere der klinischen Symptome auch hier verringern und Todesfälle verhindern.

Aspekte der öffentlichen Gesundheit

Infektionen mit Babesia canis und B.-gibsonii-artigen Babesien sind bei Menschen nicht bekannt.

2. Ehrlichiose

Klinische Symptome beim Hund

In der akuten Phase der kaninen monozytären Ehrlichiose, die ca. 1–3 Wochen andauert, zeigen Hunde Apathie, Depression, Anorexie, Dyspnoe, Fieber, Lymphknotenschwellungen, Splenomegalie, Petechien und Ekchymosen in Haut und Schleimhäuten, Epistaxis und Vomitus. Typisch sind ferner Thrombozytopenie, milde Leukopenie und normozytäre, normochrome, nicht regenerative Anämie.
In der subklinischen Phase, die Wochen bis Monate andauern kann, erscheinen die Hunde klinisch gesund. Typisch sind jedoch Thrombozytopenie und Hypergammaglobulinämie. Bei der chronischen kaninen monozytären Ehrlichiose kommt es zu einem sehr komplexen klinischen Bild. Auffällig sind Schwäche, Apathie, anhaltender Gewichtsverlust, Fieber, Lymphknotenschwellungen, Splenomegalie, periphere Ödeme der Hintergliedmaßen und des Skrotums, blasse Schleimhäute, Blutungsneigung mit Ekchymosen und Petechien in Haut und Schleimhäuten, mukopurulenter Augen- und Nasenausfluss, Epistaxis und Hämaturie.

Darüber hinaus können interstitielle Pneumonien mit Dyspnoe, Nierenfunk­tionsstörungen, Glomerulonephritis, Arthritis, Polymyositis und Lahmheiten auftreten. Typische Veränderungen an den Augen der Patienten sind eine vordere Uveitis, Hornhauttrübungen und Hyphäma, subretinale Hämorrhagien, Netzhautablösungen und Blindheit. Bei Beteiligung des ZNS kommt es zu Nystagmus, Anzeichen einer Meningo­enzephalomyelitis, Paresen, Ataxien und Konvulsionen. Typische Laborwertveränderungen sind eine Erhöhung der Leber­enzymwerte Alanin-Aminotransferase (ALAT) und Alkalische Phosphatase sowie Hyperproteinämie, Hypergammaglobulinämie, moderate Hypoalbuminämie, Proteinurie, Thrombozytopenie, Leukopenie und Anämie, seltener auch Panzytopenie.

Klinische Symptome bei der Katze

Berichte über E.-canis-Infektionen bei Katzen sind selten. Klinische Manifestationen sind nicht ausreichend untersucht.


Abb.2: Das Schema zeigt das systematische Vorgehen bei Verdacht auf eine Ehrlichia-Infektion bis hin zur Behandlung.

Diagnose

Zur Diagnose von Ehrlichia-Infektionen bei Hunden stehen grundsätzlich die Kom­bination aus einer gründlichen Anamnese zur Beurteilung eines möglichen Zeckenbefalls, die Bewertung klinischer Symptome, hämatologische und klinisch-­chemische Laborunter­suchungen sowie Serologie und/oder PCR zur Verfügung (Abb. 2).

Serologie

//Antikörper können mithilfe eines indirekten Immunfluoreszenz-Tests (IFAT) unter Verwendung von ­E.-canis-Antigenen nachgewiesen werden. Eine Serokonversion kann ein bis vier Wochen nach der Exposition erfolgen, sodass akut infizierte Hunde oder Katzen noch serologisch negativ sein können. Im Endemiegebiet können ­positive IFAT-Ergebnisse von einer früheren Infektion herrühren und müssen nicht unbedingt Hinweis auf eine akute Infektion sein. Bei Patienten aus Endemiegebieten wird daher ein IFAT-Wiederholungstest nach einer bis mehreren Wochen empfohlen. Ein Titeranstieg ist ein Hinweis für eine aktuelle Infektion.

PCR

// Spezifische Untersuchungen zum Nachweis von E. canis werden von Labors durchgeführt. Ein positives PCR-Ergebnis bestätigt im Allgemeinen das Vorliegen einer Infektion. Ein negatives PCR-Ergebnis schließt eine Infektion ­jedoch nicht aus.

Morphologische

// Diagnose Eindeutig ist die Diagnose, wenn bei der mikroskopischen Untersuchung von Blutausstrichen Morulae in Lymphozyten und/oder Monozyten gefunden werden. Bei einer kaninen monozytären Ehrlichiose sind Morulae im Gegensatz zu einer A.-phagocytophilum-Infektion (selten zu sehen, dabei werden Lymphozyten und Mono-zyten (in der akuten Phase ca. 4% der Monozyten), nicht aber Granulozyten befallen.Um die diagnostische Sensitivität zu steigern, sollten Buffy-coat-Ausstriche oder dünne Blutausstriche mit Kapillarblut vorgenommen werden.

Prophylaxe

Die primäre Maßnahme zur Prävention ­einer Ehrlichia-Infektion ist ein effektiver Schutz gegen Zeckenbefall. Hunde, die ­außerhalb endemischer Gebiete leben, sollten nicht mit auf Reisen in oder durch endemische Gebiete genommen werden. Sind Aufenthalte in endemischen Gebieten unvermeidbar, so sollten angemessene Maßnahmen zur Zeckenbekämpfung ergriffen werden (siehe ESCCAP-Empfehlung Nr. 3: Bekämpfung von Ektoparasiten).

Chemotherapie

Die Therapie der kaninen Ehrlichiose setzt sich aus der Verabreichung von Wirkstoffen gegen Rickettsien und einer symptomatischen Begleittherapie zusammen. Tetrazykline sind die am häufigsten eingesetzten Wirkstoffe, wobei die tägliche Gabe von Doxyzyklin in einer Dosierung von 2x5 mg/kg über drei Wochen das gängigste ­Behandlungsschema darstellt. Bei schweren chronischen Fällen ist die Prognose schlecht.

Aspekte des öffentlichen Gesundheitswesens

E. canis wird nicht als Zoonoseerreger angesehen.

// Alle ESCCAP-Empfehlungen stehen in ausführlicher Version Tierärzten/-innen zum Download auf www.esccap.de zur Verfügung.

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe mehr über Anaplasmose und Borreliose.

Foto: © Stoney79 Fotolia_22401347_M Zecke Gras
Abb. 1-2: © Prof. Dr. Andreas Moritz

Stichwörter:
Subspezies, Isolate, Virulenz, Anämie, Ikterus, Hämoglobinurie, Bilirubinurie, Ödem, Aszites, Thrombozytopenie, disseminierte intravasale Gerinnung, cerebrale Babesiose, IFAT, ELISA, prophylaktisch, Zeckenprophylaxe, Chemoprophylaxe, Imidocarb-Diproprionat, B.-canis-Infektion, Serologie, PCR, Morphologische Diagnose

HKP 3 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 3 / 2013.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Der Autor:

Weitere Artikel online lesen

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.