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Blick ins Gehirn

Blick ins Gehirn

Die Magnetresonanztomografie (MRT), auch Kernspintomografie, zählt zu den digitalen
Schnittbildverfahren. Sie besticht durch ihre hervorragende Darstellung des Weichteilgewebes mit verschiedenen Kontrasten sowie durch die exakte anatomische Bildgebung in unterschiedlichen Schnittebenen. Dr. Konrad Jurina stellt mit dem Einsatz der MRT bei Erkrankungen des Gehirns eine Technik vor, die die Diagnostik und Therapie von Gehirnerkrankungen revolutioniert.

Einsatzgebiet

Alle Krankheiten, die mit strukturellen Veränderungen im Gehirn einhergehen, können in der Regel mithilfe der Kernspintomografie dargestellt werden. Zusätzlich können infolge der hohen Sensitivität Läsionen im Gehirnparenchym dargestellt werden, die sogar bei der Gehirnsektion kaum erkennbar sind. Allerdings ist die Spezifität der Untersuchungsmethode in Abhängigkeit von der Ursache oftmals gering. In vielen Fällen ist eine Biopsieentnahme oder die Kombination mit anderen, weiterführenden Untersuchungsmethoden, beispielsweise der Liquoruntersuchung, notwendig, um eine ätiologische Diagnose zu erhalten.

Einzelne Erkrankungen

Vaskuläre Läsionen

- Blutungen: Im Gegensatz zur CT, die extrem sensitiv in der Diagnostik akuter Blutungen ist, kann mittels MRT ein ungefähres Alter der Blutung abgeschätzt werden. Entsprechend dem Eisenabbau aus den Erythrozyten kann ein unterschiedliches Signalverhalten auftreten. Das Erscheinungsbild einer Blutung in der Kernspintomografie wird daher durch Proteineffekte, des Weiteren paramagnetische Eigenschaften der Abbauprodukte und zuletzt Suszeptibilitätseffekte beeinflusst.

- Infarkt: Aufgrund zahlreicher venöser Anastomosen sind arterielle Thrombembolien sehr viel häufiger. Die Läsionen sind in der Regel streng unilateral mit scharfer Grenze zur kontralateralen Seite. Besonders die frühen Auswirkungen von Infarkten, in der Regel eine Ödembildung, kann mit der MRT früher als mit der CT entdeckt werden. Hämorrhagische Infarkte können infolge einer Reperfusion entstehen. Sie weisen in der Regel ähnliche Signalcharakteristika wie Blutungen auf.

Entzündliche Veränderungen

Trotz der Vielzahl an möglichen Ursachen für infektiöse oder entzündliche Veränderungen kann das Gehirngewebe nur auf relativ begrenzte Art und Weise darauf reagieren. Entzündliche Veränderungen verlängern T1- und T2-Relaxationszeiten der Gewebe. Daher stellen sich Läsionen in der Regel in der T2-Wichtung hyperintens und in der T1-Wichtung isobis hypointens dar. In der Mehrzahl findet eine Kontrastmittelanreicherung innerhalb der Läsion statt. Gerade für diese Krankheitsgruppe gilt, dass eine ätiologische Diagnose nur durch Kombination verschiedener, weiterführender Untersuchungsverfahren, z.B. Liquoruntersuchung oder Biopsie, möglich ist. Die Bildgebung alleine ist nicht ausreichend.

Trauma

Neben der CT, die für die Akutdiagnostik vor allem eine Rolle spielt, stellt die MRT die einzige Methode dar, die parenchyma Neben der CT, die für die Akutdiagnostik vor allem eine Rolle spielt, stellt die MRT die einzige Methode dar, die parenchymatösen Auswirkungen von Traumen darzustellen. Es wird daher empfohlen, frühzeitig Tiere mit Schädel-Hirn-Trauma mittels Schnittbildverfahren zu untersuchen, um etwaige medikamentelle oder chirurgische Therapieoptionen schnellst möglich einleiten zu können.

Anomalien

Die Mehrzahl der intrakraniellen Anomalien können mittels MRT exzellent dargestellt werden. Hierzu zählen alle Abweichungen der regulären Ausbildung des Ventrikelsystems, Fehlanlagen einzelner
Gehirnareale und Fehlbildungen des Schädels. Am häufigsten tritt der Hydrozephalus auf. Zu beachten ist allerdings eine erhebliche art-, rasse- und individuumspezifische Variabilität in der Größe der Ventrikel. Auch asymmetrische laterale Ventrikel stellen einen häufigen Zufallsbefund dar, der nicht unbedingt mit einer klinischen Symptomatik korrelieren muss. Der Grad der Ventrikelerweiterung ist daher nicht unbedingt ein Maß für die Schwere der klinischen Symptome. Der Vorteil der MRT gegenüber der CT besteht in der besseren Darstellung des Gehirnparenchyms und damit der Differenzierung eines klinisch bedeutsamen oder subklinischen Hydrozephalus. Insbesondere die Verwendung von FLAIR-Sequenzen kann periventrikuläre Ödeme sehr gut darstellen. Sie stellen sich als Zone verstärkter T2-Signalintensität um die Ventrikel dar. Mithilfe spezieller Sequenzen kann zudem die Zirkulation des Liquors innerhalb der Ventrikel dargestellt und somit eine obstruktive Veränderung lokalisiert werden.

Metabolische/toxische Läsionen

Mittels der MRT kann zunehmend auch intra vitam eine Vielzahl von metabolischen Erkrankungen diagnostiziert werden. Dies liegt an den unterschiedlichen Signalqualitäten der anfallenden Intermediärprodukte des gestörten Stoffwechsels. In der Regel sind davon die Hirnareale betroffen, die einen hohen Energieverbrauch haben. Zusätzlich sind die Veränderungen oftmals symmetrisch vorhanden. Gut beschrieben ist mittlerweile der Thiaminmangel bei Katze und Hund, die zu nekrotischen Arealen im Hirnstamm und den Colliculi rostrales führen.

*Idiopathisch

Per definitionem sind bei idiopathischen Erkrankungen keinerlei Befunde zu erheben. Dennoch ist der Einsatz der MRT für den Ausschluss etwaiger Differenzialdiagnosen oftmals hilfreich. Im Rahmen von generalisierten tonisch-klonischen Krampfanfällen der idiopathischen Epilepsie sind allerdings, teilweise reversible Veränderungen im Lobus piriformis beschrieben. Diese zeigen die typischen Befunde von Ödemen oder Nekrosen. Sie stellen sich bilateral symmetrisch in der T2-Wichtung als hyperintense Areale, in der T1-Wichtung als hypointense bis isointense Bezirke dar. Eine Anreicherung von Kontrastmittel findet nicht statt.

Neoplasien

Eine Neoplasie sollte die wichtigste Differenzialdiagnose der meisten Raumforderungen im Gehirn sein. Dennoch muss jeder Befund im Kontext der klinischen Symptome gesehen werden. In der Mehrzahl der Fälle kann anhand der Bilder zwar der Verdacht auf einen Tumor geäußert werden, eine endgültige Diagnose macht aber in einer Vielzahl von Fällen eine Biopsieentnahme notwendig. Die intrakraniellen Tumoren können anhand folgender Kriterien beurteilt und unterschieden werden: Anzahl, Ursprung und anatomische Lokalisation, Form, Begrenzung, Signalcharakteristika, Kontrastverhalten und zusätzlich vorhandene Veränderungen. Eine systematische Interpretation der Bilder kann die Identifizierung spezifischer Tumortypen ermöglichen.

jurina@tierklinik-haar.de

Foto: © panthermedia.net | Ron Chapple

HKP 6 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2009.
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