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Therapie und Prävention der caninen Leishmaniose

Fahren Sie mit Ihrem Hund in den Urlaub?

Diese Frage sollte jeder Hundebesitzer bei seinem Tierarztbesuch zur Urlaubssaison gestellt bekommen, da die reisemedizinische Beratung bezüglich vieler Infektionskrankheiten in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen hat [1,2]. Gerade im Hinblick auf die canine Leishmaniose bedarf es einer fundierten tierärztlichen Aufklärung.

Bei ihr handelt es sich um eine chronische Infektionskrankheit, die durch den Einzeller Leishmania infantum verursacht wird. Vektoren sind weibliche Schmetterlingsmücken der Gattung Phlebotomus, die in Südeuropa endemisch sind. Durch die Blutmahlzeiten werden die intrazellulären amastigoten Stadien der Leishmanien aufgenommen. In der Mücke entwickeln sie sich zur infektiösen extrazellulären promastigoten Form, die dann mit der nächsten Blutmahlzeit auf den Hund als wichtigsten Säugetierwirt (seltener Fuchs, Wolf, Schakal, Katze, Ratte und Hasen) inkl. Mensch übertragen werden kann [2, 3]. Ab hier entscheidet die Immun antwort des Hundes über den Ausgang der Infektion. Entweder aktiviert das Immunsystem via Th1Zellen zelluläre Abwehrmechanismen, welche die Parasiten abtöten (asymptomatische Infektion, resis tente Hunde) oder wenigstens (vorerst) in Schach halten können (asymp tomatisch, präklinische Hunde). Alternativ werden via Th2Zellen BZellen aktiviert und zahlreiche, nicht protektive Antikörper gebildet.

Als Folge davon kann es zur Bildung von Immunkomplexen kommen, die Organsysteme wie Nieren, Gelenke, Augen und Blutgefäße massiv schädigen (symptomatische Hunde) [4, 5]. Bei einer lokalen Vermehrung der Leishmanien in den Makrophagen entstehen chronische Entzündungen in der Haut, den Gelenken und im Gastrointestinaltrakt. Aus der Pathogenese resultieren die typischen Symptome wie Apathie, Konditionsstörungen, chronischer Gewichtsverlust, Lymphadenopathie, Niereninsuffizienz, Polyarthritis, Fieber und Hautveränderungen wie Alopezie, Hyperkeratosen und exfoliative Dermatitis. Der wichtigste labordiagnostische Befund ist eine Hyperproteinämie / Hyperglobulinämie, welche die überschießende Bildung von Immunglobulinen als Folge einer B-Zell Stimulation zeigt. Des Weiteren folgt oft eine Hypalbuminämie, die durch den Proteinverlust aufgrund einer Niereninsuffizienz auftritt. So ergeben beide Parameter einen häufig anzutreffenden erniedrigten Albumin-/ Globulin- Quotienten von 0,9. Oft können eine hyporegenerative Anämie und /oder eine Thrombozytopenie vorliegen [2, 6– 9].

Diagnose und Therapie

Die Verdachtsdiagnose erfolgt anhand der entsprechenden Anamnese, der Klinik und der veränderten blutchemischen Parameter. Die Labordiagnose kann durch einen spezifischen Antikörpernachweis (IFAT, ELISA) oder durch den PCR- Nachweis von Leishmania- DNA aus Knochenmarks-, Haut-, Milzund Lymphknotenpunktat oder aus Synovia und EDTA-Blut bestätigt werden [2,10 – 12]. Indikationen für eine Therapie sind: spezifische Klinik, Anämie oder erniedrigter Albumin-Globulin-Quotient in Verbindung mit positivem PCR und / oder positivem serologischen Resultat [13]. Vor der Einleitung einer Therapie sollten Besitzer über Prognose, Kosten der Behandlung und die Tatsache aufgeklärt werden, dass Hunde auch nach einer Therapie und nach klinischer Besserung infiziert bleiben und somit mit Rezidiven und lebenslangen Kontrollen gerechnet werden muss. Zurzeit werden zur Behandlung der caninen Leishmaniose Allopurinol, Glucantime® und Miltefosin eingesetzt, die gute Erfolge hinsichtlich des klinischen Verlaufs und der Normalisierung labordiagnostischer Parameter erzielen. Verschiedene Studien zeigen aber auch, dass es zu klinischen Rückfällen nach einer Monotherapie kommen kann [14 – 15]. Deshalb werden vor allem in Endemiegebieten häufig Glucantime® oder Miltefosin (Milteforan ®) in Kombination mit Allopurinol verwendet [16, 17]. Außerhalb des Endemiegebietes ist Allopurinol ( Zyloric®) als Monotherapie meistens ausreichend, wie in einer kürzlich abgeschlossenen Studie von Neuem bestätigt werden konnte [13]. Die Gründe hierfür könnten in der Tatsache bestehen, dass neue, vektorübertragene Infektionen in Deutschland und der Schweiz nicht auftreten, die Leishmaniose oftmals in einem frühen Entwicklungsstadium erkannt und therapiert wird und die Therapie meistens sehr gewissenhaft von den Tierbesitzern über Monate bis Jahre verabreicht wird. Der Wirkstoff Allopurinol ist ein Purinanalogon. Sein Wirkmechanismus beruht auf einer selektiven Hemmung der Proteinsynthese der Leishmanien. Es gibt bis jetzt kein festes Dosierungsschema in der veterinärmedizinischen Therapie. Da die Eliminationshalbwertszeit nur zwei Stunden beträgt, ist es ratsam, die Gesamtdosis 20 mg / kg auf zweimal 10 mg / kg aufzuteilen [18]. Nur vereinzelt sind Nebenwirkungen wie Erbrechen und Urinkonkremente beschrieben worden [19, 20]. Die kostengünstige (ca. 10 Euro pro 10 kg schweren Hund, monatlich), gut verträgliche Behandlung ist auch für niereninsuffiziente Hunde geeignet. Die Therapie sollte bis zur Normalisierung der veränderten Laborparameter und klinischer Heilung sowie während weiterer 6 – 12 Monate durchgeführt werden, um das Auftreten von Rezidiven zu vermindern [13]. Miltefosin (Milteforan®, Virbac, zugelassen in der Schweiz) ist ein Alkyl-Phospholipid, das die Membransynthese und Signalfunktionen der parasitären Zellmembran stört. Es wird oral in einer Dosierung von 2 mg / kg / Tag über vier Wochen verabreicht. Die Behandlung über einen Monat kostet den Besitzer eines 10 kg schweren Hundes ca. 140 Euro. Da Miltefosin nicht über die Nieren ausgeschieden wird, kann es auch bei niereninsuffizienten Patienten angewendet werden. Als Nebenwirkungen sind Erbrechen, Anämie und Leukopenie beschrieben worden [15]. Glucantime® (NMethylglucaminAntimonat, Merial, zugelassen in Frankreich, erhältlich über die internationale Apotheke) hemmt die Glykolyse und Fettsäureabbauvorgänge in den Parasiten. Die Anwendung erfolgt mit subkutanen Injektionen 1x tgl. mit 75 – 100 mg / kg / Tag über vier Wochen. Die Medikamentenkosten betragen ca. 150 Euro. Das Präparat sollte nicht bei Hunden mit Leberoder Niereninsuffizienzen angewendet werden. Nebenwirkungen wie Inappetenz, Anorexie, Erbrechen, Durchfall und Schwellung der Injektionsstelle sind beschrieben [14, 21]. Ist durch eine Therapie eine klinische Heilung einschließlich Normalisierung der Blutparameter erzielt worden, ist es ratsam, die Behandlung abzusetzen und die Hunde nach drei Monaten und anschließend in sechsmonatigen Intervallen zu überwachen [2]. Die serologischen Verlaufskontrollen sind erst nach Intervallen von 6 –12 Monaten sinnvoll [13]. Bisher konnten Hunde nur durch Prophylaxe gegen den Vektor, die Sandoder Schmetterlingsmücke, mithilfe von SpotonPräparaten oder Halsbändern geschützt werden. Durch die repellierende und die antifeedingWirkung besteht ein Schutz von zwei Wochen (Advantix®, Bayer und Exspot®, Intervet) bis zu sechs Monaten (Scalibor®, Intervet). Das SpotonPräparat muss 24 bis 48 Stunden vor Ankunft im Endemiegebiet aufgetragen, das Halsband mindes tens eine Woche vor Reisebeginn angelegt werden. Neuerdings bietet der Impfstoff CaniLeish®, Virbac, in Deutschland zugelassen, eine Möglichkeit, direkt gegen den intrazellulären Parasiten vorzugehen. Der Impfstoff enthält exkretierte /sezernierte Proteine (ESP) von Leishmania infantum. Die Impfung ist zugelassen für seronegativ getestete Hunde ab einem Alter von sechs Monaten. Die Grundimmunisierung besteht aus drei Impfungen im Abstand von drei Wochen. Der empfohlene Paketverkaufspreis beträgt 190 –210 Euro. Somit muss vor dem Antritt eines Urlaubs in en demischen Regionen frühzeitig mit der Impfung begonnen werden, da der Impfschutz erst vier Wochen nach der dritten Impfung voll ausgeprägt ist. Die Wirkung der Impfung soll nach Angaben des Herstellers zwölf Monate anhalten. Bei einem erwünschten, anhaltenden Impfschutz muss einmal jährlich nachgeimpft werden. Geimpfte Hunde können aufgrund der gebildeten Antikörper in einigen serologischen Tests „Leishmaniosepositiv“ ausfallen. In Zukunft sind vom Hersteller unabhängige Studien nötig, um die Wirksamkeit der Impfung weiter zu dokumentieren. Daher ist es sinnvoll, die Impfung mit der Mückenprophylaxe zu kombinieren, um maximalen Schutz zu erzielen. Adulte Sandmücken sind dämmerungsund nachtaktiv. Aus diesem Grund sollten Hunde gegen Abend und in der Nacht im Haus gehalten werden. Die beste Vorsorge bestünde sicherlich darin, den Hund erst gar nicht in eine endemische Region mitzunehmen, was jedoch vielen Tierbesitzern schwerfällt.

take home

Durch die zunehmende Reiseaktivität und den Import von Hunden hat die Leishmaniose bei Hunden in Deutschland und der Schweiz an Bedeutung gewonnen. Daher bedarf es einer gründlichen Auf klärung der Hundebesitzer durch die Tierärzteschaft. Zurzeit ist kein Medikament verfügbar, das zu einer vollständigen Parasiteneliminierung führt. Somit muss bei infizierten Hunden auch nach der Therapie mit Rezidiven und lebenslangen Kontrollen gerechnet werden. Umso wichtiger gestalten sich prophylaktische Maßnahmen wie Mückenschutz (Spot-on-Präparate, Halsbänder), eventuell in Kombination mit der Impfung, die einen maximalen Schutz vor den Parasiten bieten und somit die Infektionsgefahr im Endemiegebiet vermindern.

Weitere Angaben auf www.ESCCAP.de und www.ESCCAP.ch;

Literatur bei den Autoren

Bild: istockphoto.com| Mauro Grigollo

Stichwörter:
Melanie Helm, Peter Desplazes, canine Leishmaniose, Leishmania infantum, Phlebotomus, Th2Zellen BZellen, Apathie, Konditionsstörungen, chronischer Gewichtsverlust, Lymphadenopathie, Niereninsuffizienz, Polyarthritis, Alopezie, Hyperkeratosen, exfoliative Dermatitis, hyporegenerative Anämie, Thrombozytopenie, erniedrigter Albumin-Globulin-Quotient, Glucantime, Milteforan, Allopurinol, Miltefosin, MethylglucaminAntimonat

HKP 5 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2013.
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