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Unter Strom gesetzt

Modulierte Mittelfrequenz-Elektrotherapie in der Veterinärmedizin

Schon seit der Antike ist die heilende Wirkung elektrischer Ströme bekannt.
Damals benutzte man vor allem Zitterrochen zur schmerzlindernden Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Heute ist die Elektrotherapie im Humanbereich fester Bestandteil von Praxen für
Physiotherapie, Krankengymnastik und Arztpraxen und sie findet auch im veterinärmedizinischen Bereich immer mehr Anhänger. Eine besonders
geeignete Form der Elektrotherapie für die Tiermedizin stellt die Modulierte
Mittelfrequenz-Elektrotherapie, kurz MET, dar. Susanne Arens berichtet über das Wirkprinzip und die Anwendung der MET.

Lange blieb der Mittelfrequenz- Bereich in der Elektrotherapie ungenutzt. Erst in den 50er Jahren begann man sich für diese Frequenz zu interessieren. Die Entwicklung schritt aber in den letzten 25 Jahren rasch fort, da festgestellt wurde, dass die Mittelfrequenz- Elektrotherapie offensichtlich wirkungsvoller und vom Stromgefühl her angenehmer war als herkömmliche Stromarten (niederfrequenter Quasi-Gleichstrom). Die Haut stellt dem Strom zwei Widerstandsarten entgegen: den galvanischen und den kapazitiven. Für den NF-Reizstrom stellt der kapazitive Widerstand eine unüberbrückbare Barriere dar – daher ist die Wirktiefe solcher Ströme stark begrenzt. Die mittelfrequenten Wechselströmeb hingegen dringen fast ungehindert in die Tiefe. Um jedoch trotzdem die Vorteile der Niederfrequenz nutzen zu können, erweiterte Doz. Ulrich Knop Anfang der 90er Jahre die interferente Mittelfrequenztherapie zur Modulierten Mittelfrequenz- Elektrotherapie: MET.

Was ist die MET?

Bei dieser Stromform dringen mit der Mittelfrequenz als Trägerwelle drei therapeutisch wichtige Frequenzen (Mittelfrequenz, Niederfrequenz und Schwellimpulse) tief ins Gewebe ein und wirken gleichzeitig auf Nerven, Muskeln und Gewebe. Der Stoffwechsel wird unterstützt und vor allem auch entlastet. Es kommt zu einem physiologischen Pumpeffekt auf Gewebsebene, der gezielt Nervensignale und Faseraktivitäten hemmt bzw. aktiviert – je nach therapeutischem Schwerpunkt. Es werden apolare Elektroden angelegt. Unter und zwischen den Elektroden ist der Strom im gesamten durchströmten Gewebe wirksam. Das ist nur möglich, weil der Körperwiderstand bei dem hier verwendeten apolaren Wechselstrom um ca. hundertmal leichter überwunden wird als bei herkömmlich verwendeten Reizströmen.
Auf Gewebsebene kommt es innerhalb weniger Impulsperioden an der Zellmembran zu einer reaktiven Depolarisation. Dadurch wird, solange der Strom fließt, die Zellmembran aufgelockert und das Gewebe physiologisch aktiviert. Das Resultat ist eine direkte Trophikverbesserung. Außerdem befindet sich die Zelle selbst in einer erhöhten Mitosefähigkeit inkl. hoher Regenerationskraft. Blutzirkulation und Lymphfluss werden gefördert, die Gewebsernährung verbessert. Schlackestoffe, Schmerz- und Entzündungsmediatoren werden abtransportiert. Auf Nervenfaserebene kommt es durch Querblockade der Schmerz leitenden Nervenfasern zu einer direkten Analgesie bei Erhaltung der physiologischen Eigenschaften.
Neben den schnell leitenden ADelta- Fasern und den mechanoaktiven A-Beta-Fasern werden auch die tief liegenden C-Fasern, die den eigentlichen Dauerschmerz erzeugen, und die Nozizeptoren, als Zulieferer von Irritationssignalen an afferente Fasern (hauptsächlich C-Fasern), erreicht.
Auf der Muskelfaserebene erreicht die MET im durchströmten Gebiet die gesamte Muskulatur, und zwar direkt auf Muskelfaserebene. Die Muskulatur wird tonisiert/detonisiert, also quasi physiologisch aktiviert. Die Erzeugung von spontanen, reaktiven Eigenaktivitäten, die einer normalen Muskeltonisierung ähneln, führen zu einer schnellen Stärkung des Gewebes und zur Reintegration der neuromuskulären Steuerung. Aus der Schmerzforschung weiß man, dass an der Entstehung von Schmerz mehrere Faktoren beteiligt sind. Neben Nervenirritationen, Stoffwechselstörungen und der Ausschüttung von Entzündungsprodukten und Schmerzmediatoren ist eine hypertone Muskulatur zu einem Großteil an der Entstehung von Schmerz beteiligt. Da die MET auf alle Faktoren in einem Signal gleichzeitig einwirken kann, wird sie bei nahezu allen Erkrankungen des Bewegungsapparates eingesetzt. Selbst chronische, austherapierte Fälle sprechen häufig noch ausgesprochen gut auf die Behandlung an. Auch bei frischen Entzündungen und Metallimplantaten kann problemlos mit dieser Stromform behandelt werden.

Der MET-Strom in der Praxis

Der MET-Strom wird von den Tieren als sehr angenehm empfunden, häufig entspannen sie meist schon nach kurzer Zeit und genießen die Therapie. Und die Wirkungen und Resultate sind häufig beachtlich, wie an vier Fällen exemplarisch gezeigt werden soll:

Fall 1

Amy, eine etwas übergewichtige siebenjährige Pitbull-Hündin, litt unter jahrelanger Gonarthrose. Ihr Zustand hatte sich so verschlechtert, dass sie sich weigerte aus ihrem Körbchen aufzustehen. Sie wurde mit MET-Strom behandelt. Die Elektroden wurden so angelegt, dass das Knie quer durchströmt wurde. Nach drei Behandlungen war der Zustand deutlich verbessert und nach vier Behandlungen konnte die Therapie abgeschlossen werden.

Fall 2

Rufus, ein siebenjähriger Wolfshund,
war nach einem Sprung vom Sofa in der Hinterhand gelähmt und inkontinent. Nach einer konventionellen Therapie folgte die Behandlung mit der MET. Mittels Dreierkabel wurde eine 10 x 20 cm große Elektrode quer über der Wirbelsäule im Bereich der LWS und zwei 10 x 10 cm große Elektroden jeweils auf der Schenkelmuskulatur platziert. Die Behandlung fand zunächst an drei aufeinander folgenden Tagen statt und dann noch einmal an drei Tagen mit jeweils einem Tag Therapiepause. Bereits am zweiten Tag konnte eine leichte Lastaufnahme durch die Hinterhand festgestellt werden, die sich nach der dritten Behandlung noch deutlich besserte. Nach sechs Behandlungen war der Wolfshund wieder in der Lage, selbstständig zu laufen, auch die Inkontinenz war verschwunden.

Fall 3

Largo, ein siebenjähriger Wallach, verweigerte plötzlich den Sprung. Ein Aufwölben seines Rückens bereitete ihm deutliche Schmerzen. Die MET erfolgte mittels 10 x 30 cm großen Elektroden, die hinter dem Widerrist und auf der Kruppe platziert wurden. Nach drei Behandlungen war der Wallach schmerzfrei und sprang wieder einwandfrei.

Fall 4

Sandro, ein achtjähriger Wallach, hatte sich auf der Weide eine Distorsion des Fesselgelenkes zugezogen. Er zeigte eine deutliche Lahmheit zweiten Grades. Die Elektroden wurden dorsal und palmar am Fesselgelenk platziert. Die Behandlung wurde zweimal pro Tag an zwei aufeinander folgenden Tagen durchgeführt. Danach war die Lahmheit verschwunden.

info@tierheilpraxis-arens.de

Das EMS Training ist auch in der Sportmedizin ein Thema. Mehr erfahren Sie hier:

EMS Training – Modulierte Mittelfrequenzelektrotherapie

Literatur beim Arbeitskreis für Modulations-Elektro-Medizin (M.E.M.) e.V.

HKP 4 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 4 / 2010.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.