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Wie Tumorerkrankungen und Ernährung beim Hund zusammenhängen

Gemüse gegen Tumorzellen?

Eine Tumorerkrankung bedarf einer spezifischen Therapie in Form von Chirurgie, Chemo-, Radio- oder Immunotherapie. Darüber hinaus können jedoch unterstützende Maßnahmen, z. B. in Form von diätetischen Anpassungen, den ­Allgemeinzustand und das Wohlbefinden des Tieres verbessern.

Mit einer angepassten Diät wird dem veränderten Stoffwechsel des Tumorpatienten Rechnung getragen und so dem Auftreten einer Tumorkachexie entgegengewirkt. Gleich­zeitig können spezifische Nährstoffe unter bestimmten Umständen dazu beitragen, das weitere Tumorwachstum zu hemmen.

Stoffwechsel des Tumorpatienten

Eine Tumorerkrankung kann lange vor einem sichtbaren Gewichtsverlust zu einer veränderten Stoffwechselsituation des Patienten führen. Da Fett von vielen Tumorzellen kaum verstoffwechselt werden kann, wird bevorzugt Glukose zur Energiegewinnung genutzt. Da dies mittels anaerober Glykolyse unter der Produktion von Laktat geschieht, das dann in der Leber unter Energieverbrauch wieder zu Glukose umgewandelt werden muss, kommt es zu einem Netto-Energieverlust aufseiten des Patienten. Tumorzellen nutzen auch bestimmte Aminosäuren zur Energiegewinnung. Dies kann bei caninen Tumorpatienten zu einer Erniedrigung der glukoplastischen Aminosäuren (Threonin, Glutamin, Valin, Glycin, Cystin, Arginin) im Serum führen. Insgesamt steigt auf diese Weise der Proteinbedarf des Organismus. Wenn dieser nicht über eine adäquate Zufuhr mit der Nahrung gedeckt wird, kommt es zum Abbau von Muskelmasse. Die vermehrte Produktion von Zytokinen wie z. B. TNF- kann zur katabolen Stoffwechsellage beitragen. Im weiteren Verlauf kann sich trotz scheinbar adäquater Futteraufnahme eine Tumorkachexie entwickeln. Die Prävalenz dieser auf einem veränderten Intermediärstoffwechsel beruhenden Kachexie ist beim Hund nicht bekannt, es können ­jedoch auch andere Faktoren wie die Lokalisation des Tumors (z. B. Maulhöhle) oder tumorbedingte Schmerzen zum Gewichtsverlust führen. Der Energiebedarf ist ­jedoch nicht grundsätzlich bei jedem Tumorpa­tienten erhöht, sondern ist abhängig von der jeweiligen Erkrankung, insbesondere vom jeweiligen Erkrankungsstadium und dem biologischen Verhalten des vorliegenden Tumors. Der Energiebedarf sollte daher für jeden Patienten individuell ermittelt werden.


Dobermannhündin mit malignem Lymphom. Die vergrößerten Lnn. mandibulares und poplitei sind in diesem Fall nicht nur fühlbar, sondern auch sehr gut sichtbar. Hunde mit ­systemischen hämatopoetischen Tumoren weisen häufig Veränderungen des Intermediär­stoffwechsels auf und haben so ein höheres Risiko, eine Tumorkachexie zu entwickeln.

Fütterungsempfehlungen bei Tumorpatienten

Aufgrund der potenziell veränderten Stoffwechselsituation kann es sinnvoll sein, die Ernährung des Tumorpatienten an die veränderten Bedingungen anzupassen. Viele Besitzer möchten nach Erhalt der Tumor­diagnose für ihren Hund selbst kochen oder eine individuell zusammengestellte rohe Ration füttern, weil ihnen dies gesünder erscheint und sie ihre Vorstellungen einer adäquaten „Tumordiät“ direkt um­setzen können (z. B. kohlenhydratfreie ­Ernährung). Gegen eine selbst zubereitete Ration ist grundsätzlich nichts einzuwenden, jedoch sollte die individuelle Diät ­unbedingt auf einer professionellen Rations­berechnung durch einen Tierernährungsspezialisten beruhen. Aktuelle Studien zeigen, dass dies meist nicht der Fall ist, sondern ein großer Teil der Hunde mit selbst zusammengestellten Diäten konsequent fehlernährt wird. Damit wird das Ziel, den Hund durch die Ernährung in seiner Genesung zu unterstützen, torpediert. Bezüglich der Verfütterung roher Rationen sind darüber hinaus hygienische Aspekte zu bedenken. Roh verfütterte Rationen weisen eine verstärkte bakterielle Kontamina­tion auf, die auch bei gesunden Hunden und deren Besitzern zu Erkrankungen führen kann. Bekannt sind bspw. Erkrankungen durch eine Infektion mit einem multiresistenten Salmonella Typhimurium-Stamm, die für einige der betroffenen Tiere tödlich endete. Bei einem potenziell immunsupprimierten Tumorpatienten ist eine Rohfüt­terung daher besonders kritisch zu sehen.


Tab. Ernährungsrelevante Aspekte bei Tumorpatienten auf einen Blick

Kohlenhydratgehalt

Aufgrund der Tatsache, dass Tumorzellen vor allem Glukose verstoffwechseln und dieser Prozess den Patienten Energie ­kostet, erscheint es naheliegend, Tumor­patienten eine kohlenhydratarme Diät (lösliche Kohlenhydrate <25% der Trockensubstanz) zu empfehlen. Der Energiebedarf wird stattdessen über eine erhöhte Fettzufuhr gedeckt (Fett 25–40% der Trockensubstanz), da Tumorzellen Lipide oftmals nur schwer zur Energiegewinnung nutzen können. Es existieren allerdings bisher keine Studien, die zeigen, dass allein eine Kohlenhydratreduktion in einer Diät einen positiven Effekt auf das krankheitsfreie Intervall und die Überlebenszeit von Hunden mit Tumorerkrankungen hat. Hunde mit malignem Lymphom, die während der Therapie entweder mit einer fettreichen oder einer kohlenhydratreichen Diät gefüttert wurden, unterschieden sich nicht in ihren Remissions- und Überlebenszeiten. Der optimale Kohlenhydratgehalt einer ­Ration für Hunde mit Tumoren ist daher nicht bekannt.

Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung

Ein hoher Fettgehalt erhöht die Schmackhaftigkeit und die Energiedichte eines Futters. Allerdings wird ein hoher Fettgehalt nicht grundsätzlich von allen Patienten ­vertragen, sondern kann zu Durchfall, Hyperlipidämie und Pankreatitis führen. Der ­Fettgehalt der Ration sollte daher optimalerweise an die Toleranz des individuellen Patienten angepasst werden. Wichtiger als die absolute Höhe des Fettgehalts erscheint jedoch die Fettsäurezusammensetzung der Ration. Hier spielt vor allem der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren eine Rolle. Speziell die n-3 Fettsäuren Eico­sapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) können die Entwicklung und das Wachstum solider Tumore hemmen und wirken außerdem einer Metastasierung und der Entwicklung einer Tumor­kachexie entgegen. Sie senken eine bei Tumorpatienten potenziell bestehende Hyperlaktatämie und Hyperinsulinämie. N-6 Fettsäuren hingegen scheinen Tumorwachstum und Metastasierung zu fördern. Bei Hunden mit malignem Lymphom wurden das krankheitsfreie Intervall und das Gesamtüberleben verbessert, wenn eine mit n-3 Fettsäuren angereicherte Diät gefüttert wurde (n-6:n-3 bei 0,3:1 anstatt 7,7:1 in der Kontrollgruppe). Es wird daher empfohlen, ein Futter mit einem n-6:n-3 Verhältnis von < 3,0 bzw. mit einem Gehalt an n-3 Fettsäuren von >5,0% in der Trockensubstanz ­anzubieten. Die optimale Zufuhr an n-3 Fettsäuren für Hunde mit Tumorerkrankungen ist jedoch noch nicht bekannt.

Aminosäuren- und Proteingehalt

Das Therapiefutter in der genannten Studie zeichnete sich allerdings nicht allein durch das veränderte Fettsäuremuster aus, sondern enthielt als weiteren Unterschied zum Futter der Kontrollgruppe auch eine größere Menge der Aminosäure Arginin. Arginin hat in humanmedizinischen und experimentellen Studien eine hemmende Wirkung auf die Proliferation neoplastischer Zellen gezeigt. Arginin wurde in besagter Studie bei Hunden mit Lymphom in einer Menge von 5,5% der Trockensubstanz ­gefüttert. Die Datenlage zur optimalen ­Argininsupplementierung bei caninen Tumor-patienten ist jedoch noch spärlich. Generell sollten eine hoch verdauliche Proteinquelle gewählt werden (bindegewebsarm) und der Gehalt an Protein in der Ration zur Prävention von Muskelabbau (v.a. bei systemischen Tumorerkrankungen) auf 12–15g verdauliches Rohprotein/MJ ME angehoben werden.

Mineralstoffe und Vitamine

Aufgrund von positiven Effekten auf das Immunsystem sowie aufgrund antioxidativer und zellprotektiver Wirkung erscheint eine erhöhte Zufuhr von Selen, Zink und den Vitaminen A, C, D, und E bei Tumorpatienten sinnvoll (Tab.).

Tumorentstehung – Tumorprävention durch Ernährung?

Die zwei wichtigsten ernährungsbedingten Faktoren, die einen Einfluss auf die Entstehung von Tumorerkrankungen beim Menschen haben, sind Übergewicht und ein zu geringer Konsum von Obst und Gemüse. Für den Hund gibt es diesbezüglich bisher nur wenige Untersuchungen. Zwei Studien bei Hündinnen zeigten, dass Übergewicht im Alter von einem Jahr und ein Jahr vor der Tumordiagnose das Risiko von Mammakarzinomen erhöht. In einer der Untersuchungen schienen auch Rationen mit einem hohen Anteil an rotem Fleisch das Mammakarzinomrisiko zu erhöhen. In einer anderen Studie wurde bei adipösen Hunden öfter eine Neoplasie diagnostiziert als bei schlanken Hunden. Raghavan und Mitarbeiter analysierten die Ernährung von 175 schottischen Terriern, die eine genetische Prädisposition für die Entwicklung von Übergangszellkarzinomen (TCC) der Harnblase haben. Es zeigte sich, dass eine Ergänzung der Futterration mit Gemüse das Risiko von TCC signifikant senken konnte. Trotz des retrospektiven Charakters der Studie und der damit einhergehenden Limitationen sollte diesem Ergebnis Beachtung geschenkt werden. Aus humanmedizinischen Studien ist bekannt, dass in Gemüse antikanzerogene Substanzen enthalten sind. Hierzu gehören beispielsweise Karotinoide, Tocopherole, Selen, Isothiocyanate, Indole, Phenole, Proteaseinhibitoren, Ascorbinsäure, Phytosterole und Limonene. Über verschiedene Mechanismen wie Aktivierung von Karzinogendetoxifizierungsenzymen, Stimulation des Immunsystems, Beeinflussung von Zellproliferation und -apoptose und über antibakterielle und antivirale Effekte kann die Initiation einer Neoplasie verhindert werden bzw. ihre Progression verlangsamt werden. Inwieweit diese durch Pflanzen­inhaltsstoffe hervorgerufenen Mechanismen der Tumorprävention auch beim Hund eine Rolle spielen, ist noch nicht bekannt.

take home

Diätmodifikationen, speziell eine Supplementierung mit n-3 Fettsäuren und Arginin und eine Anpassung des Kohlenhydratgehalts, können bei Hunden mit Tumor­erkrankungen sinnvoll sein. Es existiert jedoch nicht „die Tumordiät“, die für alle Tumorpatienten gleichermaßen angebracht wäre. Vielmehr gilt es hier, den Bedarf des individuellen Patienten anhand von Allgemeinbefinden, Futteraufnahme, Futterverträglichkeit, body condition score, Tumordiagnose und Erkrankungsstadium zu evaluieren. Die Verfütterung einer unausgewogenen Ration und die damit einher­gehende Energie- und Nährstofffehlversorgung erhöht das Risiko für Hunde, eine Tumorerkrankung zu entwickeln.

Foto: © panthermedia | Robert Neumann

Stichwörter:
Immunotherapie, Stoffwechselsituation, Laktat, Glykolyse, caninen, Valin, Glycin, Glutamin, Threonin, Cystin, Arginin, katabolen, Intermediärstoffwechsel, Tumorpa­tienten, Lymphom, hämatopoetischen, Typhimurium-Stamm, Eico­sapentaensäure, Docosahexaensäure, Metastasierung,

HKP 7 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 7 / 2013.
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Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
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Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
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Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.